Bayreuth Die Kultur hängt am Fördertropf

Dialog mit der lokalen Kulturszene im Jean Paul Art Space: Tim Pargent (Grüne), Fanny Schmidt-Steingraeber, Matthias Mayer und Sanne Kurz (Grüne). Foto: Ute Eschenbacher

Grünen-Landtagsabgeordneter Tim Pargent hat zu einem Kultur-Dialog eingeladen. Das Fazit: Als lokaler Kulturanbieter zu überleben, ist besonders schwer.

 
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Die kulturelle Vielfalt in der Innenstadt habe in den vergangenen Jahren gelitten, war der Eindruck von Fanny Schmidt-Steingraeber von der Klaviermanufaktur Steingraeber. Ihre Idee: Kulturschutzräume zu schaffen. Dagegen fand Matthias Mayer, Vorsitzender des Vereins Neuneinhalb: „Bayreuth hat ein fantastisches Biotop an Vereinen, sie hängen aber alle am Tropf der Stadt.“

Beide waren als Vertreter der lokalen Kulturszene als Dialogpartner zum Kulturgespräch im Jean Paul Art Space in der Friedrichstraße eingeladen. Moderiert hat Landtagsabgeordneter Tim Pargent (Grüne), der Fraktionskollegin und kulturpolitische Sprecherin Sanne Kurz mitbrachte.

Die Kultur hängt am Fördertropf

Schnell wurde deutlich: Die Kulturschaffenden sind alle abhängig von diversen Fördermittelgebern, ob Kommune, Land oder Bund. Besonders die Soloselbstständigen sind in der Krise vernachlässigt worden. Und ohne Ehrenamtliche und engagierte Mitwirkende, die sich mit wenig Einkommen zu Frieden geben, wären viele Projekte nicht zu stemmen. „Gerade lokale Initiativen tun sich schwer, Zuschüsse zu bekommen“, sagte Mayer und verwies auf über 200 Angebote im Jahr, die allein sein Verein stemme. „Da ist alles auf Kante genäht und eigentlich reicht es nicht.“

Der 90 Mitglieder zählende Verein, der das Kulturhaus in der Kämmereigasse 9 ½ mit der Stadt Bayreuth umsetzt, erhält 6250 Euro im Jahr als freiwillige Leistung, sagte Mayer. „Die Off-Szene basiert auf der Selbstausbeutung der Ehrenamtlichen. Die ist bei allem schon eingepreist.“

Kulturamt der Stadt muss sparen

Von der Stadt Bayreuth ist in diesen finanziell angespannten Zeiten wenig zu erwarten. Das verdeutlichte Kulturreferent Benedikt Stegmayer: „Sieben Prozent Kürzungen quer durch alle Ressorts sollen im nächsten Haushaltsjahr erreicht werden.“ Allein bei den Fixkosten komme das Kulturamt auf ein Minus von 270 000 Euro. „Wir wissen nicht, wie wir übers Jahr kommen sollen. Das trifft uns hart.“ Die Richtlinien für Förderungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene sind laut Stegmayer viel zu kompliziert. Die Antragsstellung koste viel zu viel Zeit.

Dennoch: Die meisten Live-Kulturveranstalter scheinen sich nach den Pandemiejahren erholt zu haben. Auch diese war ein Ergebnis des Kulturgesprächs. „Die Konzerte sind wieder voller, der Instrumentenverkauf ist etwas schwieriger geworden“, sagte Fanny Schmidt-Steingraeber. In der Corona-Zeit sei dies umgekehrt gewesen. Sie könnte sich vorstellen, ab Kulturpass-Programm des Bundes teilzunehmen. Jugendliche ab 18 Jahren erhalten darüber 200 Euro – für Konzerte, Ausstellungen, Kino, Museen oder Bücher. Auch die Studiobühne Bayreuth will sich daran beteiligen.

Künstler haben keine soziale Sicherheit

Vom Spielstättenprogramm, das Bayern Innovativ aufgelegt habe, hätten nur Kulturanbieter ohne feste Spielstätte profitiert, sagte Sanne Kunz. Baumärkte hätte früher wieder öffnen dürfen als Theater. An 260 000 Menschen im Freistaat sind laut Kunz Rückzahlungsforderungen ergangen wegen zu unrecht erhaltener Corona-Hilfen. Sogar Stipendiaten seien aufgefordert worden, Geld zurückzuerstatten. Dagegen hätten viele das Bundesprogramm „Neustart Kultur“ überhaupt nicht wahrgenommen. Der Kulturfonds Bayern förderte nur qualitative hochwertige Vorhaben ab 10 000 Euro.

Die meisten Künstler wählten „hybride Arbeitsformen“, sagte sie. Was bedeutet: Sie benötigen einen zweiten oder mehrere Jobs, weil ihre Einnahmen nicht ausreichen. „Wir müssen die soziale Sicherheit der Künstler verbessern.“ Das Median-Einkommen liege bei 2600 Euro im Jahr.

Einen Kulturentwicklungsplan wie ihn Rheinland-Pfalz auflegt, wünscht sich Sanne Kunz auch für Bayern. Und Kultur zur kommunalen Pflichtaufgabe zu erheben, das kann sich ihre Partei ebenso vorstellen.

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