Kulmbach: Gericht kassiert "Elterngeld"

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Die besondere Betreuung von Kindern an gebundenen Ganztagsschulen darf kein gesondertes "Elterngeld" kosten. Mit diesem Urteil stellt das Gericht die Arbeit der Oberen Schule in Kulmbach Schule in Frage. Foto: Uwe Anspach, dpa Foto: red

 Darf eine staatliche gebundene Ganztagsschule Eltern an den Kosten für die Betreuung der Kinder beteiligen, wenn diese Betreuung über das gesetzlich vorgesehene Maß hinausgeht und die Eltern sich damit einverstanden erklären? Die Stadt Kulmbach ging davon aus, sagt, sie habe das Vorgehen mit Zustimmung des Schulamts und des Kultusministeriums abgestimmt. Jahrelang ging diese Praxis gut.

 
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Auch mit Zustimmung der Eltern. 50 Euro pro Monat wurden pro Kind, das die gebundenen Ganztagsklassen an der Oberen Schule in Kulmbach besucht, als "Elterngeld“ bezahlt. Dann haben fünf Erziehungsberechtigte diese Zahlungen eingestellt. Pikanterweise ging es dabei auch um Kinder zweier Stadtratsmitglieder. Die Stadt reichte schließlich Klage ein, um an die offenen Beträge heranzukommen. Doch Richterin Katharina Roggenbrod vom Kulmbacher Amtsgericht wies die Klage ab. Die Eltern müssen nicht bezahlen. Das Urteil stößt keineswegs nur bei der Stadt allein auf Unverständnis.

Konzept führte zu "Pilotschule"

2006 wurde aus der Oberen Schule in Kulmbach die damals erste gebundene Ganztagsschule im Landkreis. Das Konzept wurde auch in München als besonders gut bewertet, die Obere Schule deshalb sogar zur „Pilotschule“ gemacht. Das Angebot kam bei Eltern bestens an. Auch mindestens zwei der fünf Erziehungsberechtigen hatten sich bewusst für diese Schule entschieden, nahmen für ihre Kinder einen längeren Schulweg in Kauf. Und sie zahlten das Elterngeld fast vier Jahre lang ohne Murren.

Dann, wenige Monate bevor die Kinder an weiterführende Schulen wechselten, wurden die Rechnungen nicht mehr beglichen. Eine Mutter erklärt, warum sie sich dazu entschieden hat: „Ich bin damals erst draufgekommen, dass dieses Geld zu Unrecht von uns verlangt wurde und habe mitbekommen, dass in der Ganztagsschule Mainleus oder auch an den gebundenen Ganztagsklassen im Gymnasium kein Geld verlangt wird.“

Nich einfach "Ätsch" sagen

Thomas Morck, der Vorsitzende des Elternbeirats, kann nicht nachvollziehen, warum die Fünf nicht mehr bezahlt haben. „Der Hort hat 2014, als die Sache passiert ist, 80 Euro im Monat gekost. In der Oberen Schule waren es 50“, sagt Morck. Und er betont: „Wir Eltern wollten das ja. Wir wussten, dass wir eine Leistung in Anspruch nehmen, die Geld kostet.“ Dann könne man doch nicht „Ätsch“ sagen und die Zahlung einstellen. „Die haben vier Jahre von diesem Angebot profitiert und dann die letzten Monate nicht mehr bezahlt.“ Wer sein Kind in die Obere Schule schickt, mache das freiwillig, sagt der Elternbeiratsvorsitzende. Wer das Elterngeld nicht zahlen will, könne sein Kind ja in eine andere Schule schicken. „Die haben doch gewusst, auf was sie sich einlassen.“

"Alles fällt in Scherben"

Tomas Morcks Befürchtung ist nun, dass sich die Arbeiterwohlfahrt, die der Gummi-Stiftung als Träger dieser Betreuung nachgefolgt ist, aus der Arbeit zurückzieht, wenn sie nicht mehr ausreichend bezahlt wird. „Die Eltern, die das ausgelöst haben, haben ihre Kinder längst nicht mehr in der Oberen Schule.“ Morcks Angst: Nach dem Urteil könnte es sein, dass auch andere Eltern nicht mehr zahlen wollen. Morck betont: „Ich kämpfe für die Zukunft der Oberen Schule, weil ich von dem Konzept überzeugt bin.“ Jürgen Vonbrunn, inzwischen in Pension, war als Leiter des Kulmbacher Schulamts dabei, als die Obere Schule Pilotschule wurde: „Ich bin erschüttert und bedaure, dass eine gute Sache vor Gericht gezerrt wurde. Dieses Urteil hat keinen Nutzen. Das ist ein Schaden.“ Das Gericht habe nach Recht und Gesetz geurteilt, sagt Vonbrunn. Seine Kritik richtet sich nicht gegen die Richterin, sondern an diejenigen, die das zu verantworten haben. Von einem „Desaster“ spricht auch die Juristin der Stadt Kulmbach, Diana Edelmann. Das Elterngeld sei vom Kultusministerium genehmigt worden. Darauf habe sich die Stadt verlassen. Eltern, die ihr Kind an die Obere Schule schicken wollten, sei klar gewesen, dass das nur in Verbindung mit dem Elterngeld geht: „Und jetzt fällt alles in Scherben.“

 

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