Künstler sprüht "Arbeit macht frei" ans Iwalewa-Haus „Meese und ich haben den selben Kurs“

Michael Weiser

Provokation oder Austreibung der Dämonen? Ein angolanischer Künstler versichert an der Wand, dass Arbeit frei macht – und veräppelt Bedenkenträger.

 
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„Arbeit macht frei“ steht da weiß auf blau, wir haben es zu kennen, dieses zynische Willkommen an den Toren der deutschen Konzentrationslagern. Über dem Schriftzug ein Siebdruck, ein Gesicht mit weit aufgerissenen Augen, ein Mann, der die Zunge herausstreckt und den Betrachter mit seinen an die Ohren gelegten Händen zu verspotten scheint.

Der Mann kommt einem bekannt vor, es könnte der Mann auf der Bank vor dem Iwalewa-Haus sein, der sich gerade die Sonne ins Gesicht scheinen lässt. Yonamine heißt er, er ist 37 Jahre alt, stammt aus Angola – und reibt sich als „Artist in Residence“ im Iwalewa-Haus an deutschen Befindlichkeiten, an seiner Geschichte und Sprache. Und, ja, er hat diese Plakate an die Wand geklebt: dreimal drei Yonamines und darunter jener Satz. „Es ist für mich einfach ein Satz, mehr nicht“, sagt er.

„Palimpsest“ hat er das Projekt genannt, das an der Wand des Iwalewa-Hauses nur Gestalt annahm, um sie dann andauernd zu verändern. Aufgesprühte Linien zunächst, ein Mann mit Riesenpenis, die portugiesischen Worte „Terreno ocupado“ – besetztes Gebiet. „Ich wollte ein Gefühl für die Temperatur der Stadt bekommen.“ Dann klebte der Angolaner Schattenrisse eines Mannes mit Hut an die Wand, daneben klebte er die in Fraktur gesetzte Frage „Was ist schön?“ an die Wand, bis zum Verlust der Bedeutung wiederholt.

Und nun das: „Arbeit macht frei.“

Er könne dagegen nichts sagen, sagt er. Arbeit mache ja tatsächlich frei, ihn zumindest: „Sie gibt mir immer neue Perspektiven, weitet mein Denken – das bezeichne ich als Freiheit“. Andere verstört der Satz. Studenten ausgerechnet des Afrika-Instituts haben in der Nacht versucht, die Plakate abzureißen – sie vermuteten einen rechtsradikalen Angriff. Passanten runzeln die Stirn, manche schütteln die Köpfe. „Na ja“, sagt Yonamine und lacht so breit, dass man ihm die Naivität nicht mehr ganz abnehmen will, „die Deutschen verwenden auch das Wort ,Volkswagen’“. Und das stamme ja auch von den Nazis. Warum ist das eine Wort gebannt und wahrt das andere Wort das Erbe der Nazis?


Den ausführlichen Artikel lesen Sie in der Wochenendausgabe (18. August) des Kuriers.

Foto: Weiser