Schnell einen Termin zu bekommen, ist unmöglich
„Um eine Chronifizierung zu vermeiden, braucht es einen niederschwelligen Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, schnell einen Termin zu bekommen“, forderte die Landtagsabgeordnete. Doch genau das sei im gegenwärtigen Gesundheitssystem nicht möglich. Wer nicht rechtzeitig behandelt werde, könne seine Arbeit und seine Wohnung verlieren und lande am Rand der Gesellschaft.
Fachleute zeichnen ein düsteres Bild der Situation
Wenig Hoffnung äußerten die geladenen Experten, dass sich die Situation für die Betroffenen in naher Zukunft verbessert. Prof. Thomas Kallert, Leitender Ärztlicher Direktor der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken, weiß aus eigener Erfahrung: „Wir sind nicht gut aufgestellt.“ Weder ambulant noch stationär sei die Versorgung ausreichend. Defizite in der Diagnostik, lange Wartezeiten für einen Ersttermin beim Psychotherapeuten, zunehmende Bürokratie, Fachärztemangel: „Das geht alles zulasten der Patienten.“
Elfriede Losert, von der AGUS-Selbsthilfegruppe, arbeitet mit trauernden Angehörigen. „Trauer ist keine Krankheit, sondern eine Reaktion auf einen Verlust“, sagt sie. Eine Depression könne jedoch zum Tode führen und Suizide auslösen. „Der beste Arzt kann nicht helfen, wenn der Patient sich nicht öffnen kann oder will.“ 2021 hat es Losert zufolge 9206 Suizide gegeben, 75 Prozent davon waren Männer.
Lehrer, Schüler und Eltern sind überfordert
Dr. Alexander Prölß, Koordinator Schulpsychologie der Staatlichen Schulämter Bayreuth, schilderte die Belastung von Schülern und Lehrern. Die gesellschaftlichen Aufgaben würden immer mehr: Integration, Inklusion, Corona-Krise. Der lange Lockdown habe viele Kinder verunsichert. „Wir haben Ängste und depressive Verstimmungen bei Zwölf- bis 16-Jährigen.“ Vor allem Mädchen reagierten manchmal mit selbstverletzendem Verhalten wie Ritzen. Andere Schüler seien aggressiv oder weigerten sich, in die Schule zu gehen. Eltern und Lehrer seien gleichermaßen überfordert. Der schulpsychologische Dienst und die Jugendsozialarbeit an Schulen könnten lediglich unterstützend tätig werden.
Einige Lehrer unter den Zuhörer beschrieben, dass sie nicht mehr die gleichen Anforderungen im Unterricht stellen könnten. Schlechtere Ergebnisse bei Leistungstests und Jahrgangsstufentests belegten dies. Die Sozialpolitikerin Kerstin Celina fasste schließlich zusammen: „Wir leben in einer neuen Normalität – und sind nicht auf dem Weg zurück.“