Auch der Präsident des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Patrick Sensburg, hält Scholz' Begründung für nicht haltbar. "Ich sehe nicht, warum man mit Taurus-Marschflugkörpern deutsche Soldaten in die Ukraine schicken muss", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). "Die Ausbildung und alles andere könnte man auch außerhalb der Ukraine leisten. Die Ukrainer sind sehr gut und fähig darin, neue Waffensysteme zu lernen."
Ischinger: Bemerkung Macrons "kühn, aber nicht falsch"
Der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hält eine Debatte um die Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine dagegen für angebracht. "Es ist natürlich in einer solchen Konfliktsituation, in der wir uns mit Russland befinden, im Prinzip richtig, nichts auszuschließen. Sobald man irgendwas ausschließt, macht man es natürlich im Prinzip für den Gegner leichter, sich auf das, was da vielleicht kommen könnte, einzurichten", sagte der ehemalige Spitzendiplomat dem Sender Welt-TV. Er finde es "ein bisschen kühn, aber nicht falsch", dass der französische Präsident Emmanuel Macron sage: "Wenn das so weitergeht, ist es besser, wir schließen gar nichts aus." Ischinger betonte aber auch, es gebe auf der anderen Seite den richtigen Grundsatz, dass die Nato nicht militärisch in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine hineingezogen werden wolle.
Auch Ischinger bezeichnete es aber als "zutiefst bedauerlich, dass ausgerechnet in dieser schwersten strategischen, militärischen, politischen Krise, in der sich Europa sicherheitspolitisch seit vielen Jahren befindet, der deutsch-französische Segen schief hängt." Es sei die Pflicht aller Beteiligten, alles zu tun, um ein "gemeinsames Vorgehen in dieser schweren Krise zu erreichen."
Ischinger sagte weiter: "Wenn sich Deutschland und Frankreich vor den Augen der Russen hier mit Kabbeleien und Uneinigkeit präsentieren, wo werden da wohl die Champagnerkorken knallen? Nicht in Washington und auch nicht in Italien, aber in Moskau."
Söder kritisiert Uneinigkeit innerhalb der Ampel
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kritisierte die Uneinigkeit innerhalb der Ampel-Koalition über die Lieferung des Waffensystems. "Die Sache gibt international ein katastrophales Bild ab, wenn die Hälfte der Bundesregierung liefern möchte und der Bundeskanzler sagt Nein", sagte der CSU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch). Es ergebe keinen Sinn, öffentlich die Lieferung einer bestimmten Waffe auszuschließen, wenn der Westen die Ukraine militärisch möglichst stark unterstützen wolle. "Die Taurus ist keine Atombombe", sagte Söder.
Bundesjustizminister Marco Buschmann deutete einen möglichen Mittelweg im Umgang mit Taurus-Lieferungen an. Er erkenne eine Brücke in dem, was Bundeskanzler Scholz gesagt habe, sagte der FDP-Politiker am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Maischberger". Ein Weg könne vielleicht sein, "dass wir ukrainische Soldaten ausbilden, um mit diesem Waffensystem umgehen zu können, ohne dass es des Einsatzes deutscher Soldaten bedarf".