Für die Universitäten stellt die Situation einen Drahtseilakt dar: Einerseits muss die Sicherheit auf dem Campus, andererseits das Recht auf Meinungsfreiheit garantiert werden. Dass die Präsidentin der Elite-Uni Columbia ein Protest-Zeltlager von der New Yorker Polizei räumen ließ, ging nach hinten los: Der Großeinsatz am 18. April führte nicht nur zu Empörung und mehr Protest vor Ort, sondern gab letztlich den Anstoß für Demonstrationen und den Aufbau weiterer Zeltlager an Hochschulen im ganzen Land.
Kritik an der Polizei
Andere Universitätsleitungen haben seitdem ebenfalls um Unterstützung der Polizei gebeten. Das immense Polizeiaufgebot an vielen Hochschulen empfinden Kritiker als unverhältnismäßig. So seien auch Menschen festgenommen worden, die zuvor friedlich demonstriert hätten. Manche Betroffene klagten außerdem über brutales Vorgehen der Beamten.
Weitreichende Berichte über Verletzungen gab es bislang zwar nicht. Die Sorge vor - mitunter tödlicher - Polizeigewalt ist in den USA aber nicht ganz unbegründet, auch bei Protesten und vor allem beim Vorgehen gegen Minderheiten. Nicht nur bei den "Black Lives Matter"-Protesten im Jahr 2020 wurden Schlagstöcke und Pfefferspray exzessiv eingesetzt.
Politische Stimmung aufgeheizt
Von außen angeheizt wird die Situation jetzt von radikaleren Stimmen, die im US-Wahlkampf eine Chance wittern, politisch Kapital daraus zu schlagen. Den Vorschlag einiger stramm rechter Republikaner, die Nationalgarde an die betroffenen Universitäten zu schicken, wies der demokratische Senator Tim Kaine zurück - solche Maßnahmen könnten ein schlimmes Ende nehmen, warnte er. Der republikanische Minderheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, warf die Frage auf, warum sich nicht alle für eine gesittete Diskussion an einen Tisch setzen, "anstatt zu versuchen, das Gespräch zu dominieren".
Auch Bernie Sanders, parteiloser Senator und entschiedener Gegner von US-Militärhilfen für Israel, meldete sich zu Wort. Er sei selbst Jude und Antisemitismus müsse genauso verurteilt werden wie Islamophobie und alle anderen Formen des Hasses. Aber das Vorgehen der israelischen Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sei angesichts der verheerenden Folgen für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen inakzeptabel. Ob es sich um Völkermord handele, was viele Demonstrierende bereits als erwiesen sehen, müsse der Internationale Strafgerichtshof klären.