Kommentar zu Mobbing im Rathaus

Von Peter Engelbrecht

Im Rathaus in Wunsiedel herrschen raue Sitten. Bürgermeister Karl-Willi Beck schreit einen Beamten derart zusammen, dass er fluchtartig dessen Dienstzimmer verlässt und dem Nervenzusammenbruch nahe ist.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Er wird krank, muss in ärztliche Behandlung. Das führt letztendlich zur Dienstunfähigkeit und einer Ruhestandsversetzung. Der Verwaltungsbeamte sah hier einen Dienstunfall gegeben und klagte vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth. Erfolglos.

Die fast sechsstündige Verhandlung offenbarte interessante Einblicke. Beck, ein bulliger, 1,99 Meter großer Mann, kann offenbar schon allein durch seine Körperfülle Autorität aufbauen. Wenn er dann noch in Rage gerät, herumbrüllt und mit den Händen gestikuliert, dann ziehen viele seiner Untergebenen den Kopf ein. Seinen Wutausbrüchen im Rathaus sollen dem Vernehmen nach schon acht bis zehn Bedienstete zum Opfer gefallen sein. Sie wechselten den Arbeitsplatz, machten in der Nähe von Wunsiedel Karriere. „Er rast wie ein Bulldozer durch die Verwaltung“, sagen Leute, die ihn kennen. Auch im Stadtrat sind seine Wutausbrüche gefürchtet. Beck hat sich offenbar nicht unter Kontrolle. Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Chef und den Mitarbeitern in fachlichen Fragen, aber Beck löst diese durch seine eigene Art: Er brüllt wie von Sinnen, fuchtelt mit den Händen herum. Diese Art der Mitarbeiterführung ist ein Skandal. Ein Bürgermeister, der Vorbild sein sollte, darf sich nicht so unbeherrscht verhalten.

Beck hat offenbar zwei Gesichter. Er hat sich große Verdienste um die Demokratie erworben. Im August 2004 hatte er sich spontan mit anderen Demonstranten vor mehreren Tausend Neonazis, die durch Wunsiedel marschieren wollten, auf die Straße gesetzt. Widerrechtlich, aber aus dem Bauch raus, das war Beck. Und dafür wurde er gefeiert. Seitdem war er zu einem Begriff geworden. Einer, der weiß, wann er gegen eine Anordnung, ein Gesetz gar, verstoßen muss. Der dafür in Kauf nimmt, vom Innenminister nach München zitiert zu werden. Einer, der ein Kreuz hat, ein Macher. Er hatte maßgeblichen Anteil daran, dass das Versammlungsrecht verschärft wurde und die Nazis nicht mehr so leicht marschieren können. Durchsetzungskraft ist gut, aber man sollte wissen, wo die Grenzen sind.

peter.engelbrecht@kurier.tmt.de