Kneipenfestival: Mehr als 5000 Fans feiern

 Foto: red

Mehr als 5000 Besucher haben in der Nacht zum Sonntag beim Kneipenfestival gefeiert. Insgesamt 26 Bands und Solokünstler waren auf 22 Bühnen zu erleben. Einige Überraschungen inklusive...

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

"Es waren auf jeden Fall wieder mehr als 5000 Besucher", so Manuel Kraus von der Veranstaltungsagentur Motion in einer ersten Bilanz, kurz nachdem die letzten Gitarrenakkorde verklungen waren. Stärkste Locations waren einmal mehr die Rosenau mit über 600 verkauften Eintrittsbändchen sowie das Borracho mit 550. Auch die drei neuen Veranstaltungsorte - Café Otto, Brühbar und Roemers XV - wurden laut Manuel Kraus super angenommen. Zusammen über 550 Bändchen wurden an den drei Kassen dort verkauft. Das Café Otto hatte sich offen auch gleich als Geheimtipp herausgestellt. Patrick Söllner & Band zogen so viele Fans an, dass bereits um 21.33 Uhr ein erster Einlassstopp war.

Vom elfenhaften Gesang von Nick & June (Sinnopoli) über die beeindruckenden Endlos-Loops von Konrad Küchenmeister bis hin zum musikalischen Abriss der Kytes in der Rosenau - selten war die musikalische Bandbreite so groß wie bei der 24. Auflage des Bayreuther Kneipenfestivals.

Mit vier Bands beziehungsweise Solisten gab es im Zentrum quasi ein Festival im Festival. Manchmal rau, oft aber auch sehr zart - Frontfrau Ami Warning begeisterte dort das Publikum in der Kleinkunstbühne. Mit seinem Schweizer Charme und natürlich seiner Musik fand auch ABU viele neue Fans. Artischocke hatten es anfangs etwas schwer im Europasaal des Zentrums, legten aber insgesamt  einen astreinen Auftritt hin. Bei Los Dos Y Compañeros konnte dann das Publikum einfach nicht stillstehen, als die Herren mit ihrem Mix aus kubanischer Musik und oberpfälzischen Texten die Bühne des Europasaals eroberten.

 

Die "Einzelkritiken":

Aktienkeller – Willie and the Playboys

„Dürfen wir mal was Ruhiges spielen?“, fragte der Sänger von Willie and the Playboys sein Publikum im Aktienkeller. Na gut. Aber eigentlich war es um Viertel nach elf noch viel zu früh für einen Absacker wie „Crying in the Rain“ von den Everly Brothers. Einige im Publikum waren noch zum Tanzen aufgelegt. Andere wippten bei der selbsternannten jüngsten Coverband der Welt mit ihren Hits der 60er, 70er Jahre locker mit. An Absacken war nicht zu denken. Es ging bis spät in die Nacht.

Enchilada – Chango Leon

Leute, wie hat es euch bei dieser Mischung aus Rock und Latin-Grooves nur auf den Sitzen gehalten? Im Gegensatz zu vielen anderen Locations blieb bei Chango Leon im Enchilada noch Platz zum Bewegen und Luft zum Atmen. Dabei hätte man sich fast gewünscht, das Trio in einem kleinen Club zu erleben, in dem der Funke komplett überspringt - mit tanzenden und schwitzenden Menschen, die sich vor der Bühne drängen.

Roemers XV – The Rolling Chocolate Band

Die Rolling Chocolate Band überrollte das Roemers. Aber nicht mit Schokolade, sondern mit deftigem Garagensound. Der kleine Gewölbekeller war gerammelt voll. Die Zuschauer und das Trio auf der Bühne hatten sichtlich Spaß. Sänger Domi erinnerte optisch an Kurt Cobain und stimmlich ein wenig an Billy Corgan von den Smashing Pumpkins. Und irgendwo dazwischen lag auch der Sound der drei Lokalmatadoren.

Borracho – King Sorella

Muss man zu King Sorella noch etwas sagen? Wo die Bayreuther Formation mit ihrem Balkan-Sound aufschlägt, fangen auch Nicht-Tänzer ab dem ersten Ton automatisch an, sich zu bewegen. Im Borracho wurde es schnell eng auf dem kleinen Dancefloor. Etwas erhöht heizten die Bläser dem Publikum ein. Der Rest der Band verschmolz unten mit dem Publikum zu einer tanzenden und hüpfenden Einheit.

Kleinkunstbühne Zentrum - Abu

Nach seinem Solokonzert in der Sübkültür und dem Glashaus-Zwischenstopp auf seiner Tour war der Singer & Songwriter Abu in diesem Jahr nun schon zum dritten Mal zu Gast in Bayreuth. Schön kann man da sagen, macht doch die Musik des Schweizers ziemlich Laune. Abu gefällt es eben in Bayreuth, er geht sogar soweit, dass er Asyl in der Wagnerstadt beantragen will, weil ihn die Leute hier so mögen. Auf der Kleinkunstbühne des Zentrums eröffnete er den Abend, solo, nur er und seine Gitarre. Es war also klar, dass es etwas ruhiger wird. Machte aber nichts, dem Publikum, das nach und nach kam, gefiel es sichtlich. Im Gepäck hatte er Lieder seiner akutellen Platte "Reset", mit denen er in diesem Sommer durch halb Europa gereist ist. Dazwischen immer wieder kleine, nette Anekdoten aus seinem Tourleben und verwirrenden Begegnungen während einer nächtlichen Jogging-Runde. Es war also ein durch und durch gelungener Einstieg in den Kneipenfestival-Abend im Zentrum.

Europasaal, Zentrum - Artischoque

Wer sie 2015 auf dem Kneipenfestival im Lamperium verpasst hat, hatte nun die Chance, sie diesmal zu erleben. Einfach hatte es die siebenköpfige Band um Frontfrau Debora Bird aber leider nicht. Denn der Europasaal im Zentrum ist eben doch sehr groß. Und so früh am Abend füllte sich der Saal etwas schleppend. Und natürlich teilte sich das anwesende Publikum in Sitzer und Steher auf, was doch etwas schade war. Tanzbar wäre die Musik nämlich schon gewesen - mehr als etwas Mitwippen war aber dann doch nicht zu sehen. Davon ließ sich die Band aber nicht stören. Das Publikum bekam mit viel Funk, etwas Jazz und viel sehr viel Soul ein astreines Konzert zu sehen und zu hören. Gerne also wieder, vielleicht das nächste Mal aber wieder in einem kleineren Rahmen.

Kleinkunstbühne Zentrum - Ami

So ganz unterfahren ist AMI nun auch nicht, durfte die Band um Frontfrau Ami Warning doch schon mit Milky Chance oder Philipp Dittberner auf Tour gehen. Und untätig ist die Band auch nicht, wurde doch erst kürzlich schon das zweite Album seit 2014 veröffentlicht. Die Musikpresse feiert die Band, zurecht kann man da sagen.  Auf der Kleinkunstbühne durfte die Band als Headliner des Abends ran. Was besonders auffiel: Mit ihrer wundervollen Stimme erinnert Warning sehr an Tracy Chapman, ohne wie eine 08/15-Kopie der amerikanischen Folk-Sängerin zu wirken. Teilweise kommt ihre Stimme sehr rau, teilweise fast schon sanft herüber - für eine 20-jährige junge Dame keine Selbstverständlichkeit. Schön: Anfangs noch etwas spärlich besetzt, füllte sich die Kleinkunstbühne binnen Minuten, sodass es dicht an dicht zuging. Jedes Lied wurde mit viel Applaus honoriert, leider hielt sich das Publikum etwas mit dem Tanzen zurück, was sich sehr angeboten hätte.

Europasaal Zentrum - Los Dos y Compañeros

Kubanische Musik mit oberpfälzischen Texten? Kann man das überhaupt hören? Ja, kann man, trotz sprachlicher Barrieren, wenn man Franke ist. Und die Musik macht sogar recht viel Spaß, nicht nur weil die Texte oft sehr ironisch sind, sondern weil dieses Strand-Urlaubs-Gefühl gut rüberkommt. Das bewiesen die Herren von Los Dos y Compañeros als Hauptgig des Zentrum-Abends. Unbekannt ist die Truppe jetzt nicht unbedingt, waren Don Macson, Don Michon und Co. in der Vergangenheit bereits auf dem Afrika-Karibik-Festival zu sehen und ihr Auftritt auf der Landesgartenschau ist auch erst fünf Monate her. Dass man nicht lange still stehen kann bei Latino-Rhythmen, ist eh klar. So wurde aus einem anfänglichen Mitschunkeln und Wippen schnell kollektives Mittanzen, das sogar das anfangs sitzende Publikum ansteckte. Alles richtig gemacht, könnte man fast sagen, wäre da nicht die 15-minütige Pause gewesen. Die hatte nämlich zur Folge, dass viele Zuschauer zur nächsten Kneipe hoppten oder ein paar Stufen weiter unten zum Auftritt von Ami verschwanden, sodass der Europasaal nach der Pause die Hälfte seines Publikums verloren hatte. Dem übrigen Publikum machte das aber nichts aus, hatten sie doch somit mehr Platz, um ausgiebig zu tanzen.

Café Otto  - Patrick Söllner & Band

Er ist einer, über den die Bayreuther Musikerkollegen wie Uli Strömsdörfer anerkennend sagen: "Der hat's echt drauf." Patrick Söllner. Beim Kneipenfestival zum ersten Mal dabei, hatte er zusammen mit seiner Band - Henrik Vorbroeker, Alexander Krimalowski und Moritz Podlech - die Bühne im Café Otto am Eingang zur Von-Römer-Straße vorbereitet. Die Straße ist Kulisse in einem seiner Videos: "Happy Rain"ein mitreißend fröhlicher Song, in dem er mit ein paar Mädels erst durch die Von-Römer-Straße und dann auf dem Stadtparkett tanzt.

Mitreißend und fröhlich auch der Auftritt im Café Otto: Patrick Söllner moderiert seine Songs, viele selber geschrieben, munter an, hat nach ungefähr 30 Sekunden sein Publikum gleich im Griff. "Wenn ihr euch wundert, dass ihr die Songs nicht kennt: es sind eigene", plaudert Söllner und weiß ganz genau: Text hin oder her, bei der Musik steht keiner lange still. Und es dauert auch nur eineinhalb Lieder lang, dann singen die neuen Patrick-Söllner-Fans in den ersten drei Reihen munter mit, denn: "Wir haben extra nicht so schwere Texte geschrieben." Mitsingen, das sei ja wohl "kein Hexenwerk". Es fühlt sich im Café Otto tatsächlich so an, als würde nach dem grauen, verregneten Samstag am Abend die Sonne aufgehen. Sehr eingängiger, englischsprachiger Pop, witzige Texte, in denen Patrick Söllner aus seinem Leben und von der Liebe zu seinem Hund erzählt, der ihn morgens immer wachküsst. Zwischendrin bekommt die vierköpfige Band, die erst seit Anfang des Jahres zusammenspielt, Saxophon-Verstärkung. Und für die Fans der großen Helden gibt es natürlich auch den einen oder anderen Coversong: Cool neu serviert von Patrick Söllner und seiner Band.

Caffè Rossi - Play Again Sam

Vor dem Genuss kommt erst einmal die Arbeit. Und der Schweiß. Denn wer zu Hannes Wölfel, Hartmut Soutter und Roland Bergdolt von Play Again Sam vordringen will, der braucht Geduld. Sie sind dicht umlagert im hinteren Raum des Caffè Rossi. Im Durchgang klemmt ein Pfropfen Musikfans, der sich tröpfchenweise löst: immer wenn einer den Raum verlässt, kann der nächste rein. Das Problem ist nur: es gehen wenige raus. Ist ja auch schwer, sich von den richtig fein gemachten Nummern zu lösen, mit denen Play Again Sam ihre Zuhörer auf eine Zeitreise durch die vergangenen 30, 40 Jahre Musikgeschichte nehmen. "Ist ja wie in der Sauna hier", sagt eine Besucherin und zieht blitzschnell die Jacke aus. Und wieder ein Tröpfchen auf dem Weg vor zur Band.

Café Florian - Oporto

Der nächste Aufguss in der Saunalandschaft Kneipenfestival. Wer am Nektar des Kneipenfestival-Gefühls lecken wollte, das seit 24 Jahren in der Art wohl nur in Bayreuth zu finden ist, der ist am Samstagabend bei Oporto im Café Florian genau richtig. So intensiv wie bei Oporto geht das sonst kaum: Die Zuhörer stehen praktisch in der Band und nicht mehr davor. Der Combo um die besten Kumpels Armano Persau und André Lautner stört das überhaupt nicht. Im Gegenteil, es stachelt an. Jazz, Blues, Gipsy, alles auch noch sehr tanzbar, servieren Oporto in einem Wintergarten, an dessen Scheiben das Wasser runterläuft und sich die, die erst mal nicht von innen rankommen an die Musik, die Nasen plattdrücken. Eine feine Show, die vor allem musikalisch alles andere als langweilig ist. Die von Oporto wissen, wie man die Leute bei Laune hält - und die Temperatur am Kochen.

Brühbar - Klangmadame

Noch ein neuer Laden beim Kneipenfestival, noch eine neue Band: Klangmadame in der Brühbar. Sieht und hört man in der Formation ja leider viel zu selten: zwei wunderbare Stimmen, wenig Verstärket-Tamtam, Gitarre, Ukulele, Tamburin und Piano. Die Bayreuther Studentinnen Katharina und Chiara wechseln sich ab, beiden sind mehrfach begabt an den Instrumenten. Eigene Songs, Coversongs mit Tiefgang. Wahnsinnig schade, dass die vielen studentischen Freunde, die den Laden füllen, durch ihr lautes Gegacker die feine und gut gemachte Musik von Klangmadame bestenfalls zur Hintergrundmusik degradieren. Wer nicht zwei Meter vor den beiden Musikerinnen steht, bekommt wenig mit.  

Heimathafen - Remedy

Dass Remedy im Heimathafen spielen, passt einfach. Die Jungs spielen in ihrer Heimat und geben am Samstag vielen Fans eine erste Anlaufstelle auf dem Kneipenfestival. Der Laden ist voll, die Stimmung gut und der Sound perfekt. Remedy ziehen eine gute Show ab. So spielen sie zwischen Couch und Café-Tisch. Die meisten ratschen lieber, als sich der Musik zu widmen. Aber weiter vorne, bei Remedy selbst, genießen die Leute guten lokalen Stoner Rock.

Suite - Desto & Nasher

„ Most people are brainwashed“, ist eine Punsh-Line, die zündet in der Suite. Aber wen wundert‘s  dass die Jungs zünden? Schließlich sind Desto & Nasher am Start. In der zweiten Heimat des lokalen Hip Hops haben die beiden beste Bedingungen um anzukommen. Die Arme gehen hoch und runter, die Leute bouncen, so muss eine Hip-Hop-Party. Hier hören die Leute ernsthaft auf die Texte und feiern, was eben zu feiern ist: Wenn ein Sample-verliebter DJ und ein MC mit echter Voice daherkommen, ist die Hook ein Selbstläufer: „Am besten schmeckt's im Zelt“, skandiert die Meute, da muss Desto schon gar nichts mehr sagen. Yeah. Das ist Stimmung. Die Soundselectors klatschen den Rests des Abends an die Wand und die Hütte bleibt stehen. Gerade noch so eben. 

Koco - Hurricane Sound

Gut, was will man jetzt genau über gute DJs schreiben? Dass die Leute tanzen? Die Jungs von Hurricane Sound machen jedenfalls alles richtig: Das Koco ist voll, und die Menschen haben Spaß. Dancehall zieht in Bayreuth einfach. Den Booty schwingen und Fünfe gerade sein lassen: So sollte eine Dancehall-Party laufen – und so läuft sie auch. Hurricane Sound schaffen das nun aber schon seit Jahren immer wieder. Einen schlechten Abend mit ihnen kennt man eigentlich nicht.

Fabrik - Rakede

Sie sind einer der meisterwarteten Acts des diesjährigen Kneipenfestivals. Sie erfüllen diese Erwartungen. Rakede hebt ab und der Rest feiert mit. Es ist nur so, dass die Leute irgendwie erst nach Rakede den Laden richtig voll machen. Aber die, die da waren hatten eine super Zeit. Bei dieser Mischung aus Reggae, Dubstep und Hamburger Schule bleibt kein Bein neben dem anderen und niemand ruhig. Fetter Sound, fantastische Band, zu Recht ein Senkrechtstarter im deutschsprachigen Pop. Dass die Fabrik erst voll wird, wenn auf DJ umgestellt wird, ist allerdings witzig zu beobachten: Kaum wird in den anderen Kneipen nicht mehr gespielt, strömen alle gen Tanz-Faktorei wie die Motten zum Licht. Aber das ist ja auch schön, bedeutet es doch, dass die Menschen Spaß haben am Bayreuther Kneipenfestival.

Lamperie - He told me to

Feine kleine Wohnzimmeratmosphäre gab die Lamperie für He told me to, die Ein-Mann-Band aus Lichtenfels. Genau das Richtige für den smarten Musiker mit dem kleinen Pferdeschwanz und der schwarzen Gitarre, der mit der dunklen Holzverkleidung fast zu verschmelzen schien. Die Fans ließen sich gerne entführen von seinem sanften, filigranen Indie-Pop auf eine melodische Reise zwischen sphärischen Gitarrenklängen, zu denen man wunderbar mitwippen konnte trotz Bierglas in der Hand.

Engins Ponte - Team Geil

Das siebenköpfige Team Geil pustete dem Ponte fast die Decke vom Kopf. So viel Blasmusik quer durch (fast) alle Genres, da flog doch fast das Blech weg.  Die deftige Brassband aus München bringt die Zuhörer in Bewegung zwischen launigen Eigenkompositionen und kleinen Gags. Wie es sich für Straßenmusiker so gehört, reißen sie mit ihren mächtigen Bläsersätzen jeden vom Hocker. Kaum zu glauben, welche Reichweite Altsaxophon und Posaune haben. Welch ein Glück, dass ihnen im näheren Umfeld der Maxstraße keine Konkurrenz drohte.

Waikiki-Bar - Just Two

Schweißtreibend: In der kleinen Waikiki-Bar bringen Just Two, Gitarrist Julius und Sängerin Hannah mit rauchiger Stimme, wunderbaren Pop, Rock und Blues auf die winzige Bühne. Vorne wird getanzt, der Raumnot zum Trotz. Wer es schafft, hinter die Tür zu kommen, reißt sich die Jacke vom Leib und swingt auch schon mit. All the other kids with the pumped up kicks …          

Rosenau - William‘s Orbit und Kytes

Das beste von Bands wie den Kings of Leon, den Strokes oder Coldplay meint man in William‘s Orbit vereint zu hören. Letztes Jahr noch etwas versteckt im Enchilada, so haben es die sympathische Weidener heuer auf eine der ganz großen Kneipenfestivalbühnen geschafft. Und womit? Mit Recht! Denn wer mit „Once“ eine LP ohne Ausfall vorlegt, der gehört da auch hin. Kein Wunder, dass Sänger Siegfried Häusler das Dauergrinsen ins Gesicht gemeißelt scheint.

Der letzte Auftritt der Kytes in Bayreuth stand unter keinem guten Stern: Die Münchner spielten am 13. November letzten Jahres in der Schoko – es war der Abend der Terroranschläge von Paris. Umso fröhlicher und unbeschwerter geht es beim Kneipenfestival in der Rosenau zu. Und was schnell auffällt: Das „R“ in Kytes steht für Rock! Den glattpolierten und perfekt produzierten Klang der LP „Heads and Tales“ ersetzen Kytes live (zum Glück) durch einen mitreißenden Sound und mehr Tempo. Bestes Beispiel: „Room 509“, ein Song, eher aus dem Mittelfeld von „Heads and Tales“, entwickelt live eine explosive, elektrisierende Wirkung und bringt die gesamte Masse vor der Bühne zum kollektiven Tanzen. Frontmann Michael Spieler sieht schon nach kurzer Auftrittsdauer aus wie eine gebadete Maus, Ströme von Schweiß spiegeln sich auf der knallroten Gibsongitarre.

Sinnopoli - Nick & June

Die eher leisen Töne zum Verweilen und Träumen bieten Nick & June. Neben vertonten Gruselgeschichten („Once In A Life“) hat das Duo aus Nürnberg auch die ein oder anderer Coverversion parat. Wie das mit elfengleichen Gesang vorgetragene „Little Talks“ der Isländer Of Monsters And Men.

Tapas - The Goho Hobos

Allmächd und Hallelujah! Die Goho Hobos aus Nürnberg/Pegnitz bieten im Tapas eine irre Mischung aus bizarrem Folk, Trash‘n‘Roll und Gospelmesse. Außergewöhnlich instrumentiert unter anderem mit Akkordeon, Banjo, Standbass und tragbarem Schlagzeug. Einer der Höhepunkte der skurrilen Show: Die vertonte Version von „Cinco de Mayo“, dem mexikanischen Gedenktag an eine historische Schlacht im Jahr 1862.

Kilians - Brassbound Rockets

Nach einem Jahr Pause gibt es für die Brassbound Rockets wieder ein Kneipenfestival-Heimspiel in der „coolest town in Bavaria“ (O-Ton Sänger Ken). Kein Wunder, dass das Kilians vom ersten Akkord an voll mit Fans ist, die sich einmal quer durch den Musikkosmos der Rockets von Johnny Burnette bis Johnny Cash nehmen lassen.

Lamperium - Konrad Küchenmeister

Wer einen der außergewöhnlichsten Acts des Kneipenfestivals erleben will, der braucht Geduld. Denn es kann durchaus vorkommen, dass gerade dann, wenn man wieder einmal die Treppen hinabsteigt, gerade noch die Beatboxerin Loop Motor spielt oder Pharrell Williams aus den Boxen quäkt. Ab kurz vor Mitternacht beginnt Konrad Küchenmeister dann aber doch noch einmal ein Set. Dreh- und Angelpunkt ist dabei ein kompliziertes Gerät, das aussieht als könne man damit Zeitreisen unternehmen oder wenigstens zum Mars fliegen. Die Loopstation versetzt alles live Eingespielte in eine Endlosschleife und gibt die einzelnen Aufnahmen gleichzeitig übereinander wieder. Multiinstrumentalist Küchenmeister komponiert, arrangiert, kreiert, mixt alles in Echtzeit auf der Bühne.

 

mx/mki/aba/wah/gs/wok

Autor

Bilder