Eine mögliche Erklärung für die vielen Nester auf Korsika könnte auch sein, dass Weibchen zum Eierlegen oft an ihren Geburtsort zurückkehrten. Bereits im vergangenen Jahrhundert wollen Menschen auf Korsika Schildkröteneier gesehen haben, erzählt Cesarini. Beweise gebe es dafür aber nicht. Meeresbiologin Denkinger spricht von einer hohen Habitattreue der Tiere, die immer wieder am gleichen Strand nisteten. "Das ist so ein bisschen ein Problem, weil die dann eben auch nicht rechtzeitig ausweichen würden", etwa wenn es zu heiß würde.
Hitze kann für die Tiere zu einem immensen Problem werden
Denn Hitze ist für Meeresschildkröten keineswegs ein willkommener Wegbereiter, um mehr Orte als Nistplätze zu erschließen. Vielmehr könnte sie für die Tiere zu einem immensen Problem werden. Weil warmes Wasser sich stärker ausdehnt als kaltes, geht mit einer steigenden Meerestemperatur ein steigender Meeresspiegel einher. Nistplätze könnten überschwemmt werden und verloren gehen, erläutert Denkinger. Wenn es extrem heiß werde, würden die Eier in den Nestern zudem stärker erhitzt und Föten verendeten.
Fatal kann Hitze für Schildkröten zudem werden, da nicht nur die Chromosomen, sondern auch die Temperatur im Ei das Geschlecht bestimmt. An wärmeren Stellen des Nests entstehen mehr Weibchen, an kälteren mehr Männchen. Denkinger warnt: Zu hohe Temperaturen könnten zu einem Überschuss an Weibchen führen. "Man kann in der Karibik schon sehr schön beobachten, dass da immer weniger Männchen unterwegs sind oder auch ganz wegfallen." Eine Zeit lang könnten ältere Männchen noch einspringen, weil die Tiere so langlebig seien, sagt die Forscherin. "Aber wenn sich das hält, dann ist eben ihr Aussterben vorprogrammiert."
Meeresbiologin: müssen die Emissionen reduzieren
Wie die Tiere vor hohen Temperaturen geschützt werden können, ist für die Meeresbiologin klar: "Das Einzige, was wir machen können, ist, die Emissionen zu reduzieren." Allgemein solle auch weniger Plastik verbraucht werden. Das setze den Tieren zu, etwa wenn sie durch Plastiktüten im Hals sterben oder durch unverdautes Plastik im Magen schwerer abtauchen können. Mehr natürliche Strände und der Schutz der Habitate sind laut Denkinger ebenfalls wichtig. Vor und während der Paarungszeit sollte möglichst kein Verkehr von Schnellbooten in Strandnähe zugelassen werden, wo Männchen und Weibchen sich tummelten.
Am korsischen Capo di Feno wäre ein Bootsverbot wohl nicht notwendig. Charlène Thevenet, die als Freiwillige das Nest in Capo di Feno geschützt hat, erzählt, dass es an dem Strand recht ruhig war. Auch einen Tourismus rund um Meeresschildkröten gibt es auf Korsika bisher nicht. Insgesamt wurden auf der Insel aber auch nur fünf Nester gefunden. "Ich habe Angst davor, dass, wenn es nächstes Jahr wieder Geburten gibt, viele Touristen dafür kommen." Sollte es mehr Nester geben, sei viel Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit zu leisten.
Doch ob die vielen Geburten von Meeresschildkröten im westlichen Mittelmeer im vergangenen Herbst eine Ausnahme bleiben oder die Tiere nun regelmäßig auch auf Korsika Nester bauen, bleibt abzuwarten.