Warum die neue Berechnung besser ausfällt
Das Klimaschutzministerium begründet den erfreulicheren Ausblick mit Fortschritten beim Klimaschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Messner sagte, durch die Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien werde es immer wahrscheinlicher, dass Deutschland sein Ziel schaffen werde, im Jahr 2030 insgesamt 80 Prozent des Stromverbrauchs etwa aus Wind und Sonne abzudecken. Zudem werde Kohle wieder stärker durch das weniger klimaschädliche Gas ersetzt - hier sei man im vergangenen Jahr nach der "Preisexplosion" infolge des Russlandkriegs noch skeptischer gewesen.
Der Knackpunkt: Teils überholte Annahmen
Allerdings beruhen die Berechnungen auf teils inzwischen überholten Annahmen. So konnten nur Daten bis zum Oktober berücksichtigt werden, wie Messner sagte. Die später von der Ampel-Koalition unter Spardruck vereinbarten Kürzungen beim für den Klimaschutz wichtigen Geldtopf Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind damit noch nicht berücksichtigt. Darauf wies auch der Obmann der CDU/CSU im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, Thomas Gebhart (CDU) hin, der die Projektionsdaten "unrealistisch" nannte. Habeck sagte zu den Kürzungen im KTF, diese beträfen in erster Linie andere Bereiche wie Bahn und Bau.
Zum Teil beruhen die Berechnungen aber auch auf - zumindest für den Klimaschutz - ungünstigeren Annahmen über die Zukunft. So gingen die Experten für das laufende Jahr noch von einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent aus. Inzwischen geht die Bundesregierung nur noch von 0,2 Prozent aus.
Das umstrittene Heizungsgesetz und seine Wirkung
Das nach langer und kontroverser Diskussion verabschiedete Heizungsgesetz wird nach Einschätzung Messners seine Klimaschutz-Wirkung nicht verfehlen. So seien zwar nicht nur deutlich mehr Wärmepumpen verkauft worden, sondern auch mehr Öl- und Gasheizungen. Aber das Signal sei gesetzt, zumal der steigende CO2-Preis das Heizen mit fossilen Brennstoffen immer teurer machen werde. "Und insofern bin ich ziemlich sicher, dass in den kommenden Jahren die verkauften Gasanlagen und Ölanlagen rückläufig sein werden, und die Wärmepumpen nach vorne kommen werden."
Habeck: Gute Klimabilanz 2023 kein Grund zum Stolz
"Wir haben 2023 insgesamt eine Reduzierung von 10,1 Prozent der Treibhausgasemissionen erreicht", sagte Messner. Deutschland hat den Berechnungen zufolge im Vorjahr 674 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Die Daten sind vorläufig. Im nächsten Schritt werden sie nun vom Sachverständigenrat für Klimafragen geprüft. Endgültige Zahlen zu 2023 wird es erst im kommenden Jahr geben.
Die gute Klimabilanz des Vorjahres ist der schwächelnden Wirtschaft geschuldet. "Wir haben im Jahr 23 durch die hohen Energiepreise und die Energiekrise nicht ausreichendes Wachstum gehabt", sagte Habeck. "Deswegen ist das nichts, worauf man wirklich stolz sein kann." Insbesondere in der Energiewirtschaft entstanden deutlich weniger Treibhausgase als in den Vorjahren.
Das Umweltbundesamt führt dies auf eine geringere Nutzung fossiler Brennstoffe wie Braun- und Steinkohle sowie Erdgas zurück. Zudem wurden die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut und weniger Energie verbraucht. Auch höhere Verbraucherpreise und ein milder Winter spielten eine Rolle.
Allerdings hinkten die Bereiche Verkehr und Bau trotz Fortschritten weiter hinterher. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge mahnte hier "dringend weitere Klimaschutzmaßnahmen" an. Die Klima-Allianz Deutschland warf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) "Verweigerungspolitik" vor. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) wies darauf hin, dass die Daten für 2023 noch vorläufig sind, aber auch zeigten, dass die Richtung stimme und die Energiewende im Gebäudesektor "deutlich an Fahrt aufgenommen" habe.
Die Freude über den deutlichen Emissionsrückgang und wirkende Klimamaßnahmen bleibe schnell im Halse stecken, befand hingegen Viviane Raddatz vom WWF Deutschland. "Denn der Blick auf die Ursachen offenbart: Hier schlagen sich politische und wirtschaftliche Krisen nieder, statt Wille zur Transformation und strukturelle Klimaschutzmaßnahmen in allen Sektoren."