Kühnert liebt das Diskutieren
Der SPD-Mann liebt das Diskutieren: „In einem Gespräch mit Christian Lindner über Finanzpolitik ginge es ordentlich zur Sache.“ Und er schätzt in gewisser Weise und trotz aller fundamentalen Gegensätze in der politischen Meinung „rein handwerklich“ den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, mit dem er fast noch nie länger direkt zusammengetroffen ist. Nur einmal gab es ein Fernduell beim politischen Gillamoos-Fest: „Es macht Spaß, ihm zuzuhören und noch viel mehr Spaß, ihn zu widerlegen.“
Kühnert macht es sichtlich Spaß, zu argumentieren. Und so erklärt er auch den Erfolg seiner Partei bei der jüngsten Bundestagswahl: „Wir haben gezeigt: Wir können erfolgreich sein. Es ist keineswegs alles super. Und wir haben auch innerlich sicher manchmal gezweifelt. Aber wir sind mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein aufgetreten und haben einfach mal nicht gestritten.“
Die SPD sei eine vielfältige Partei: „Die Spitze muss eine Vielfalt abgeben, sich mit Kritik auseinandersetzen und einen gemeinsamen Weg finden.“ Wie der aussieht in der Regierung, das schildert er bei seiner Rede im Tröstau.
80 Prozent hinter der Bühne
Was dahintersteckt an Arbeit, das berichtet Kühnert im Vorgespräch vor dem Auftritt im Saal. „Wenn nicht gerade Sitzungswoche ist oder ich bei bis zu fünf Terminen unterwegs bin, dann spielt sich die Arbeit im Büro ab: 80 Prozent findet hinter der Bühne statt.“ Generalsekretär sei er praktisch 24 Stunden am Tag. Der Wahlkreis in Berlin, in dem er bei der jüngsten Bundestagswahl das Direktmandat hauchdünn gegen die Grünen-Politikerin Renate Künast gewonnen hat, „liegt nur drei S-Bahn-Stationen weiter“. So bewegt sich Kühnert auf kurzer Distanz zwischen zwei Welten. Und weil er die Stadt gut kennt, bricht der frühere Bezirkspolitiker auch eine Lanze für seine Heimatstadt: „Hier ist nicht nur Chaos. Das öffentliche Bild ist eine groteske Verzerrung. Hier geschieht auch viel Richtiges, und hier gibt es das größte Wirtschaftswachstum.“ Für die künftige Regierungsbildung will er aber keine Wette abgeben.
In seinen beiden Tätigkeiten als Abgeordneter und Generalsekretär unterstützen ihn fünf und sieben Mitarbeiter. Die können aber eines nicht ersetzen: „Viel lesen, selbst denken, agil im Kopf und mit Herzblut dabei sein. Das ist hier kein normaler Job.“
Kühnerts Perspektive ist klar: Erstes Ziel ist, als Generalsekretär die SPD weiterhin auf Erfolgskurs in Richtung Bundestagswahl zu halten. Eine andere Aufgabe – etwa die Leitung eines Ministeriums – interessiert ihn nicht. Auch wenn ihm das Holger Grießhammer, Landtagskandidat der SPD, am Ende der Veranstaltung, augenzwinkernd anträgt: „Wer hier aufgetreten ist, ist anschließend immer was geworden.“ Anke Rehlinger etwa wurde Ministerpräsidentin im Saarland. Kühnert kontert: „Das will ich aber doch nicht werden.“