„Kein Cent extra“ Reinigungskräfte trifft die Inflation hart

Viele Mitarbeiter in der Gebäudereinigung arbeiten laut der Gewerkschaft zu einem Niedriglohn. Foto: privat

Laut IG Bau weigern sich viele Unternehmen, einen Inflationsausgleich zu zahlen. Ein Problem lasse sich in der Gebäudereinigung nicht mehr „wegwischen“.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Im Landkreis Kulmbach gibt es laut Bundesagentur für Arbeit fünf Betriebe in der Branche der Gebäudereinigung. „Wer da arbeitet, hat ein massives Problem – und zwar im Portemonnaie“, sagt Uwe Behrendt. Der Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft IG Bau Oberfranken übt heftige Kritik an den Arbeitgebern. „Wenn es darum geht, die Härte der Inflation abzufedern, zeigt die Reinigungsbranche den eigenen Leuten die kalte Schulter. Von Lebensmitteln bis zur Miete – die Preise schießen nach oben. Trotzdem gibt es für die, die den Kreis Kulmbach sauber halten, in den meisten Betrieben keinen Cent extra. Inflationsausgleichsprämie für Reinigungskräfte – Fehlanzeige!“

Der Vorwurf der IG Bau: „Arbeitgeber in der Gebäudereinigung weigern sich seit Monaten, ihren Beschäftigten in der Inflation finanziell unter die Arme zu greifen“, kritisiert Behrendt. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks sei nicht einmal zu Gesprächen bereit. Dabei sei die finanzielle Situation der meisten Reinigungskräfte dramatisch: „Bei ihnen herrscht ‚Inflations-Ebbe‘ im Portemonnaie. Hier geht es um Menschen, die die Inflation mit voller Wucht trifft. Wer in der Gebäudereinigung arbeitet, muss ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen. Denn Reinigungskräfte arbeiten immer noch für einen Niedriglohn.“

Betroffen davon seien viele: „Sie halten Schulen, Büros und Arztpraxen sauber, wischen Flure, saugen Teppichböden und putzen Fenster. Die Frage ist nur: Wie lange noch?“, sagt Behrendt. In der Reinigungsbranche herrsche längst ein „eigenes Inflationsgesetz“. „Hohe Inflationsrate – hohe Kündigungsrate. Denn je größer das Loch, das die Inflation in die private Haushaltskasse reißt, desto größer ist der Druck, der Branche den Rücken zu kehren. Es könnten mehr und mehr bei der Bodenwischmaschine den Stecker ziehen – für immer“, sagt der Bezirksvorsitzende. Vollzeitkräfte und vor allem Mini-Jobber hätten überhaupt kein Problem, woanders unterzukommen: „Die Gastronomie sucht genauso wie der Einzelhandel händeringend Leute“, meint Behrendt. Er warnt, die Arbeitgeber der Gebäudereinigung spielten „ein gefährliches Spiel“: „Sie sind dabei, ihr wichtigstes Kapital zu verspielen: Die Menschen, die für sie eine saubere Arbeit machen.“ Monat für Monat wachse der finanzielle Druck auf die Beschäftigten der Gebäudereinigung. Auch die vom Statistischen Bundesamt (Destatis) für Oktober erwartete Inflationsrate von 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat könne keine Gebäudereinigerin und kein Glasreiniger „einfach so wegstecken“. Bei Lebensmitteln seien die Preise „geradezu explodiert“. Die Sommerstatistik bezeichnet Behrendt als „erschreckend“: „Ein Preisschub von über 27 Prozent bei Nahrungsmitteln innerhalb von nur zwei Jahren – das schlägt eins zu eins durch. Denn wer in der Gebäudereinigung arbeitet, der hat kein Polster im Portemonnaie.“

An die heimischen Bundestagsabgeordneten appelliert die IG Bau, den „Warn-Notruf der Gebäudereinigung“ mit nach Berlin zu nehmen. „Dass es in einer Branche vor Verweigerern der Inflationsprämie nur so wimmelt, ist auch bei der Strompreisbremse ein wichtiger Punkt. Dann nämlich, wenn es darum geht, dass der Staat auch für das kommende Jahr den Fuß auf der Preisbremse behält. Sollte der gedeckelte Preis für Strom – wie geplant – Ende dieses Jahres auslaufen, würde dies gerade die Beschäftigten der Gebäudereinigung hart treffen. Solange sich Arbeitgeber in der Krise so verantwortungslos wie Unternehmer aus der Affäre ziehen, bleibt nur der Ruf nach staatlicher Hilfe“, sagt Behrendt.

Autor

Bilder