Katzenkastrationspflicht ist möglich

Von Christina Holzinger
Wann werden Freigängerkatzen zum Problem? Darüber streiten Befürworter und Gegner einer Kastrationspflicht. Foto: Andreas Harbach Foto: red

In der Weidenberger Bürgerversammlung schlug Harald Hahnefeld, Vorstand der Tierhilfe Weidenberg, eine Kastrations- und Registrierungspflicht für frei laufende Katzen im Gemeindegebiet vor. Wie eine solche Pflicht umzusetzen wäre, das weiß keiner der Beteiligten. Und auch Experten sind sich unschlüssig.

 
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Während die Veterinärämter in Stadt und Landkreis Bayreuth die Einführung einer Kastrationspflicht befürworten, wiegeln die Bürgermeister von Weidenberg und Emtmannsberg ab. „In unserer Gemeinde haben wir kein Problem mit zu vielen Katzen“, sagt Hans Wittauer, Bürgermeister der Gemeinde Weidenberg zum Vorschlag der Tierhilfe. Der Sachverhalt müsse erst geprüft werden „und dann können wir weitersehen“. Ähnlich sieht es auch Thomas Kreil, Bürgermeister der Gemeinde Emtmannsberg. Im Gemeinderat wurde eine Kastrationspflicht thematisiert, jedoch bräuchte die Gemeinde mehr Informationen über die rechtliche Grundlage, bevor eine Entscheidung getroffen werden könne. Dazu will die Gemeinde den Landkreis Bayreuth „mit ins Boot holen“. Denn ob und wie man Katzenbesitzer zwingen kann, ihre Tiere zu kastrieren, ist noch nicht abschließend geklärt.

Das sagt der Bayerische Gemeindetag

Wenn eine Gemeinde eine neue Satzung verabschieden möchte, wendet sie sich meist vorab an den Bayerischen Gemeindetag, der für sie Mustersatzungen bereithält. Diese sind juristisch geprüft, was die einzelnen Gemeinden im Falle eines Rechtsstreits absichert. Für eine Katzenkastrationspflicht gibt es keine solche Mustersatzung. Wilfried Schober, Pressesprecher des Bayerischen Gemeindetags, erklärt es damit, dass durch den bayerischen Gesetzgeber bisher noch keine Gesetze oder Verordnungen in dem Bereich verabschiedet wurden. Eine solche Verordnung innerhalb einer Gemeinde könne nur dann getroffen werden, wenn „eine Gefahr für die Bevölkerung“ besteht. Dies ist jedoch aus Sicht des Tierheimes und der Tierhilfe Weidenberg im Falle Emtmannsberg erfüllt: Dort wurden auf einem verlassenen Hof in Birk 83 Katzen eingefangen, kastriert und dann entweder wieder ausgesetzt oder vermittelt. Ein Großteil der Tiere war krank.

Das sagen Tierschutzorganisationen

Die Tierhilfe Weidenberg argumentiert dabei ähnlich wie die Tierschutzorganisation Peta: Eine Katzenkastrationspflicht ist möglich, da der Freistaat Bayern dies durch eine Änderung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2013 erlaubt. Bayern hat eine Zuständigkeitsverordnung auf Basis des Tierschutzgesetzes erlassen. Damit darf der Freistaat nicht nur diese Ermächtigung durch eine Rechtsverordnung auf andere Behörden wie etwa Kommunen übertragen. Sondern auch selbst Maßnahmen treffen, um die unkontrollierte Vermehrung von Katzen zu verhindern und Gebiete ausschreiben, in denen Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungsverordnungen gelten. Das sagt zumindesr Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung. Das bedeutet, dass es aus Sicht der Tierschutzorganisation sehr wohl möglich ist, eine Kastrationspflicht anzuordnen. Entweder auf Gemeinden- oder auf Bundesebene.

Das sagt das zuständige Umweltministerium

Das bestätigt auch ein Sprecher des Umweltministeriums – zum Teil zumindest: „Im Tierschutzgesetz ist die Möglichkeit der Länder verankert, Maßnahmen zur Verbindung der Zahl frei lebender Katzen zu treffen.“ Jedoch sei dies nur in einzelnen, eng begrenzten Gebieten möglich. Für die Einführung sei die Kreisverwaltungsbehörde, also im Fall Weidenberg der Landkreis Bayreuth, zuständig. Doch nach Aussage von Michael Benz, Pressesprecher des Landkreises Bayreuth, kommt der Landkreis dieser Pflicht bereits nach, da dieser jährlich 2000 Euro für die Kastration der Katzen im Tierheim bezahlt.

Das sagt das Veterinäramt

Für eine Einführung einer Katzenkastrationspflicht muss aus Sicht des Veterinäramtes der Stadt Bayreuth noch einiges geschehen, wie Amtstierarzt Kai Braunmiller sagt. Zunächst müsse genau dokumentiert werden, wie viele Freigänger es genau im Landkreis gibt, um herauszufinden, wo besonders viele herrenlose Katzen leben. Jedoch sei eine solche Verpflichtung nur sinnvoll, wenn sie bayern- oder bundesweit gilt, denn „im Kleinen macht das kaum Sinn“. Dennoch sieht er Handlungsbedarf auf Seiten der Kommunen.

Vorbild Paderborn - ein Erfolgsmodell?

Wirklich erfolgreich ist eine Katzenkastrationspflicht nicht, wie das Beispiel Paderborn zeigt. Derzeit warten dort 121 Katzen auf einen neuen Besitzer. Zwar sei die Lage „schon schlimmer“ gewesen, „aber wenig ist das auch nicht“, wie Svenja Klein vom Paderborner Tierheim sagt. Paderborn hat als erste Kommune in Deutschland 2008 eine kombinierte Regelung für Katzen eingeführt, derzufolge Katzen nicht nur kastriert, sondern auch gekennzeichnet werden müssen. Die Verordnung besagt, dass jede Katze, die älter als fünf Monate ist und Freigang erhält, von einem Tierarzt kastriert und mit einem Mikrochip gekennzeichnet werden müssen.  Eine Besonderheit der Paderborner Verordnung: Dort gilt schon derjenige als Katzenbesitzer, der einer frei laufenden Katze regelmäßig Futter gibt.

In Paderborn wird die Einhaltung der Katzenkastrationspflicht nicht überprüft. Diese gelte allenfalls als „Rechtsgrundladen, wenn es Beschwerden gibt“, sagt Matthias Klocker, Abteilungsleiter der allgemeinen Gefahrenabwehr in Paderborn. Aus diesem Grund sind für die Stadt auch keine Mehrkosten entstanden, denn auch die Kosten für die Kastration tragen Tierschutzorganisationen oder der Besitzer.

370.000 Nachkommen pro Katze möglich

Nach Schätzungen der Tierschutzorganisation Peta leben in Deutschland zwei Millionen herrenlose Katzen. Eine unkastrierte Katze kann bis zu drei Mal im Jahr zwischen fünf und sieben Jungen bekommen. Innerhalb von sieben Jahren könne die Katze so auf bis zu 370.000 Nachkommen kommen. Edmund Haferbeck von Peta sagt: „Daher ist die Kastrations- und Registrierungspflicht für alle Freigängerkatzen zwingend erforderlich.“

Info:

Eine Kastrationspflicht soll für jede Katze gelten, die älter als fünf Monate ist und Freigang hat. So soll die unkontrollierte Fortpflanzung und die Ausbreitung von Krankheiten vermieden werden.

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