Kabarettist brilliert mit seinem neuen Programm „Ehrlich“ im Zentrum Der Kabarett-Herbst in Bayreuth

Von Wolfgang Karl
Der beste Strauß seit dem Tod des Großen Vorsitzenden: Helmut Schleich eröffnete im Zentrum den Kabarett-Herbst. Natürlich auch in seiner Paraderolle als Franz Josef Strauß. Foto: Archiv Foto: red

Helmut Schleich eröffnet den Kabarett-Herbst in Bayreuth - und macht im Zentrum Appetit auf mehr: Als Franz Josef Strauß überzeugt der Satiriker ebenso wie als Möder und Theatermann. 

 
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„Was bringt der Seehofer dem Franziskus mit? Einen Fresskorb vom Dallmayer, und das dee Papst der Armen. Da waren Dosenweißwürste, Honig und Kaffee drin. Das hat zu meiner Zeit nicht dem Papst mitgebracht, sondern in die DDR geschickt. Nirgendwo wird die Erbärmlichkeit der bayerischen Landespolitik deutlicher“, wettert da einer auf der Bühne über den „post-Stoiber’schen Event- und Schnösel-Freistaat". Mit Hornbrille, Stiernacken und breiter Brust steht er am Rednerpult. Und verteilt  verbale Watsch’n gegen die heutige Politik im allgemeinen und die CSU im speziellen. Helmut Schleich ist das, in seiner Paraderolle als Franz Josef Strauß. Dabei macht er sich nicht  posthum über einen umstrittenen Politiker lustig. Das wäre geschmacklos. Vielmehr stellt er die Frage: Was hätte Strauß wohl gesagt? Wie wäre der Übervater der CSU mit der heutigen Politikergeneration umgesprungen? Er, der sich immer größer wähnte als seine Partei und das Bundesland, aus dem er kam.

"Hier, meine Karte"

"Ehrlich!" heißt das neue Programm von Helmut Schleich – und der Name passt. Da ist  „die Bestie von Doddlbach“. In dieser Rolle spielt Schleich einen Mörder, der so ehrlich mit sich selbst ist, dass er einfach jeden erschießt, der ihn nervt. Vor Gericht gibt er das  unumwunden zu. Reue gibt es nicht. „Ich bin doch keine Bestie! Wenn ich rauskomme und den Journalisten erwische, der das geschrieben hat, dann knallt’s.“

Schleich bedient sich geschickt diverser Kunstgriffe. So startet er eine Tirade gegen Banken. Aber eben ohne Gemeinplätze.  Er habe „da jetzt eine Selbsthilfegruppe gegründet“, erzählt er. Da könne man „solidarisch Überweisungen tätigen. Wenn wir Verluste machen, dann machen wir sie gemeinsam. Hier, ich gebe Ihnen meine Karte: Landesüberweisungs-Genossenschaft und treuhänderische Übernahme-Gesellschaft."  Die Anfangsbuchstaben ergeben Lüg und Trüg, man ist einem Verkaufsgespräch   aufgesessen. Die Pointe baut sich  über Umwege auf.

Schleich gebraucht Kraftausdrücke, ist aber kein Haudrauf. Und er wechselt fliegend seine Rolle. Als Heinrich von Horchen  glänzt Schleich durch feine Eloquenz. Als Gesangslehrer von Marika Rökk und Jopi Heesters betrachtet Schleich die Welt aus den Augen eines Theatermannes alter Schule. Doch gerade im elaborierten Duktus  von Horchens trifft Schleich genau. „Wenn diese Merkel sich hinstellt und da meint: ‚Dass so viele Flüchtlinge zu uns kommen wollen, das stellt uns nicht dass schlechteste Zeugnis aus': Das ist doch die Höhe. Als ob das ein Wettbewerb wäre. Eine Art Eurovision-Refugee-Contest.“ Chapeau, möchte man dem Mann mit Zylinder zurufen. Auch an Europa hat er näselnd einiges auszusetzen: „Wie konnte ein Günther Oettinger denn Digitalisierungskommissar werden? Der ist ja computertechnisch auf dem Stande eines Konrad Zuses stehengeblieben, nich‘ wahr?“

Langer Applaus

Ob Stammtischbruder oder windiger Vertreter: Schleich ist Meister des fliegenden Rollenwechsels. Requisiten nutzt er wenige. Horchen trägt Seidenschal und Zylinder, Strauß ein Sakko und die erwähnte Hornbrille. Ansonsten ist es einfach sein Spiel, das die Rollen zu Leben erweckt. Wo man auch sucht: Man findet viele Stärken und kaum Schwächen in seinem Programm. Nur für eine schwache Allgemeinbildung ist es nichts: Manche Seitenhiebe bedürfen einigen Vorwissens. Aber das ist politisches Kabarett, das darf anstrengend sein. Minutenlanger Applaus und viele Autogrammwünsche sind Schleichs Lohn.