Irak: Armee will IS aus Mossul vertreiben

Ein irakischer Polizist hält am 19.02.2017 bei Hammam Al-Alil ein Sprechfunkgerät in der Hand. Die Schlacht um die IS-Hochburg Mossul im Irak geht mit dem Sturm auf die westlichen Stadtteile in eine entscheidende Phase. Bei einer vollständigen Eroberung Mossuls wäre der IS im Irak als Territorialmacht weitgehend besiegt. Foto: Bram Janssen/AP/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Foto: red

Die irakischen Streitkräfte haben eine Offensive gestartet, um die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) aus ihrer letzten Bastion im Westteil von Mossul zu vertreiben. "Unsere Truppen beginnen mit der Befreiung der Bürger vom Terror des IS", sagte Ministerpräsident Haider al-Abadi am Sonntag in einer Fernsehansprache. Die Menschenrechtsorganisation Save The Children forderte Fluchtkorridore für die etwa 350.000 Kinder und ihre Familien.

 
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Die Armee und ihre Verbündeten hatten die Dschihadisten Ende Januar bereits aus Ost-Mossul vertrieben. Nun beginne eine neue Phase der Offensive, sagte al-Abadi. Mossul ist die letzte irakische Stadt, die zumindest noch teilweise unter Kontrolle der IS-Miliz steht.

Die irakischen Truppen, unter ihnen Bundespolizisten und Elitekräfte des Innenministeriums, eroberten am Sonntagmorgen fünf Dörfer südlich von Mossul, wie der Kommandeur Abbas al-Dschuburi der Nachrichtenagentur AFP nahe der Frontlinie sagte. "Wir rücken nun auf den Flughafen vor."

Die IS-Dschihadisten hatten 2014 weite Teile des Irak erobert. Im Juni 2014, kurz nach der Eroberung von Mossul, hatte IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi dort in einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte das "Kalifat" des IS in Teilen des Irak und Syriens ausgerufen.

Der Fluss Tigris trennt Mossul in einen östlichen und einen westlichen Teil. Nachdem sie Mitte Oktober eine Militäroffensive gestartet hatte, brachte die irakische Armee den Ostteil vor knapp einem Monat mit Hilfe der internationalen Anti-IS-Koalition und kurdischer Peschmerga-Kämpfer wieder unter ihre Kontrolle. Der Kommandeur der Anti-IS-Koalition, US-General Stephen Townsend, lobte am Sonntag den Einsatz "der Armee, der Polizei und der Milizen" zur Befreiung von Mossul.

Der westliche Teil von Mossul ist kleiner, aber dichter besiedelt als der Osten. Experten erwarten daher eine langwierige Militäroperation. Es drohe ein "Häuserkampf", noch blutiger und härter als im Ostteil der Stadt, sagte der Sicherheitsexperte Patrick Skinner von der Beratungsfirma Soufan Group. Die Straßen rund um das historische Zentrum in West-Mossul sind eng und für große Militärfahrzeuge oft nicht passierbar.

Zudem verfügt die IS-Miliz dort womöglich über einen größeren Rückhalt in der Bevölkerung als im Ostteil der Stadt. "Der Widerstand des IS könnte in dieser Gegend größer sein und es wird schwieriger, aber umso wichtiger sein, die Netzwerke der Dschihadisten nach der Rückeroberung zu zerstören", erklärte die Irak-Expertin Emily Anagnostos vom Institute for the Study of War in Washington.

Die neue Offensive verstärkt die Sorgen um die Zivilbevölkerung in West-Mossul, deren ohnehin prekären Lebensbedingungen sich durch die bevorstehenden Kämpfe oder eine Belagerung nochmals verschlechtern dürften. Die Vereinten Nationen rechnen mit einer Massenflucht. "Wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit, um südlich von Mossul Notunterkünfte für vertriebene Familien zu errichten", erklärte die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Irak, Lise Grande.

Die Kinderschutzorganisation Save The Children warnte, es säßen etwa 350.000 Kinder im Westteil der Stadt fest. Für die meisten Familien sei eine Flucht zu gefährlich, sagte Crivallero. Es gebe Scharfschützen und Landminen, und falls die Flüchtenden entdeckt würden, drohe ihnen die Hinrichtung durch IS-Kämpfer.

"Die Kinder in West-Mossul stehen vor einer makaberen Wahl: Bomben, Feuergefechte und Hunger, wenn sie bleiben - oder Hinrichtung und Scharfschützen, falls sie versuchen zu fliehen", erklärte Crivallero.

Die Armee rief die Einwohner auf, in ihren Häuser zu bleiben. "Wir wissen, dass der IS Menschen angreift, die versuchen zu fliehen", sagte Abdulwahab al-Saadi von der irakischen Anti-Terror-Einheit. "Wir sind davon überzeugt, dass sie besser geschützt sind, wenn sie zu Hause bleiben." Beim Kampf um Ost-Mossul habe diese Strategie geholfen, die Zahl der zivilen Opfer zu begrenzen.

AFP

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