Wie waren die Anfänge der Freundschaft?

Oskar Sauer: Ich war Gymnasiallehrer am GCE für Deutsch, Englisch und Französisch. Französisch mochte ich aber immer am liebsten. Bei einer Tagung in Wetzlar 1963, bei der es um eine Partnerschaft zwischen Avignon und Wetzlar ging, stellte die Gastgeberin zum Abschluss die Frage, ob die Bayreuther noch etwas auf dem Herzen hätten. Ich meldete mich spontan zu Wort und äußerte den Wunsch nach französischen Brieffreunden für meine Schüler. Das war die Geburtsstunde.

Welche Probleme gab es auf dem Weg zu einer Städtepartnerschaft?

Sauer: Der Oberbürgermeister hatte zuerst Bedenken bei einer Bindung mit einer einzigen französischen Stadt. Er war der Meinung, dass eine weltoffene Festspielstadt wie Bayreuth mit allen französischen Städten in einer guten Beziehung stehen müsse. Ressentiments gegenüber den Deutschen gab es eigentlich nicht. Die Kriegerwitwen aus beiden Städten waren die Ersten, die sich verschwisterten.

Wie lief der erste Besuch ab?

Sauer: Es hat bis 1964 gedauert, bis eine Delegation aus Annecy nach Bayreuth und umgekehrt entsendet wurde. Beim Besuch in Annecy gab es ein besonderes Ereignis, als der OB Hans Walter Wild ohne Dolmetscher an einer Gesprächsrunde teilnahm. Es ging um die Bewältigung der Vergangenheit, die ja eine große Rolle beim Zustandekommen einer Partnerschaft spielt. Auf die Frage, wie es die Bayreuther mit der Vergangenheit hielten, antwortete der Oberbürgermeister mit dem Zitat des französischen Patrioten Gambetta „N’en parlons jamais, toujour y penser“. Diese Antwort – „Nie davon sprechen, immer daran denken!“ – beeindruckte seine Gesprächspartner sehr. Im Juli 1966 wurde dann die Städtepartnerschaft in Bayreuth beschlossen.

Was prägt die Partnerschaft?

Sauer: Es findet jährlich ein Schüleraustausch statt. Die Brieffreundschaften haben sich verselbstständigt – so soll es ja sein. Als ich Vorsitzender der deutsch-französischen Gesellschaft habe ich französisches Theater organisiert.

Eindrücke von Annecy

Stephan Müller (48), Stadtrat und Mitglied der Städtepartnerschaftskommission mit Annecy

„Bei meinem schönsten Annecy-Erlebnis muss ich nicht lange überlegen. Das war, als der Brandenburger Kulturstadl an einem Theaterfestival in Annecy teilgenommen hat. Aufgeführt wurde das Theaterkabarett ,Gretchen 89 ff.‘ Ich war der Delegationsleiter und habe selbst nicht mitgespielt, habe aber bei den Umbauarbeiten auf der Bühne geholfen. Aus Vincenza, der italienischen Partnerstadt von Annecy, war auch eine Theatergruppe angereist. Bei den Umbauarbeiten wurden in allen drei Sprachen Anweisungen gerufen und alle haben mit angepackt, das war sehr lustig.

Anschließend sind wir gemeinsam feiern gegangen und haben unsere Poloshirts mit der Aufschrift unseres Theatervereins getauscht. Als wir wieder nach Hause gefahren sind, haben wir 50 Stück Reblochon, ein typischer Käse der Region Savoie, mitgenommen. Das ist vergleichbar mit der fränkischen Bratwurst. Im Auto hat es natürlich wahnsinnig gestunken, aber das war es wert, der Käse schmeckt einfach wunderbar.“

Michael Hohl (54), Alt-Oberbürgermeister

„Das Seefest, das jährlich in Annecy stattfindet, finde ich ganz toll. Bei diesem Fest kommen viele Menschen von weit her und es gibt gute Musik. Der Höhepunkt des Festes ist ein riesiges Feuerwerk, das eine ganze Stunde dauert. Ich hatte vorher noch nie so ein schönes Feuerwerk gesehen! Außerdem habe ich auf dem Mont Blanc einmal eine Eishöhle besichtigt, wo viele schöne Eiskunstwerke ausgestellt waren. Zum Beispiel konnte man durch in Eis gehauene Zimmer gehen, die auch wirklichkeitsgetreu eingerichtet waren – nur eben, dass alles aus Eis bestand.

Tief beeindruckt hat mich auch die 40-Jahrfeier in Annecy, bei der eine ältere französische Dame gesprochen hat, die ihren Mann und ihre zwei Söhne durch deutsche Soldaten verloren hat und trotzdem einer der Motoren für die französisch-deutsche Partnerschaft war.“