In Oberbayern höhere Quote an Abiturienten und Hochschulabschlüssen als in Oberfranken Studierter Süden, alter Norden

Von Andrea Franz
In Oberfranken macht jeder fünfte Einwohner sein Abitur oder Fachabitur, wie hier an der Fachoberschule in Bayreuth. In Oberbayern ist es sogar jeder dritte. Foto: Lammel Foto: red

Unzählige Seiten voll Tabellen, Zahlen und Diagrammen. Der Zensus verspricht uns neue Erkenntnisse. Über uns. Und darüber, wo wir leben. Und mit wem. Fest steht: In Bayern gibt es in vielen Bereichen ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Ein Rundgang.

 
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Hochschulreife und -abschluss

Jeder fünfte Oberfranke hat sein Abitur oder Fachabitur in der Tasche. In Oberbayern ist es hingegen jeder dritte Bürger. Ähnlich sieht es bei den Hochschulabsolventen aus. Während nur elf von 100 Ober- und Unterfranken ab 15 Jahren die Universität abschließen, sind es in Oberbayern 21 von 100. In Mittelfranken sind es 15 von 100 Personen, die die Uni mit einem Abschluss verlassen haben.

Erklärungsversuch von Ludwig Unger, Pressesprecher der Bayerischen Kultusministeriums: Oberfranken ist ländlicher Raum. Bis weit in die 60er Jahre habe es dort Gymnasien fast nur in Städten gegeben. „Diejenigen vom Land, die Abitur machen wollten, mussten lange Wege auf sich nehmen. Also haben rund 80 Prozent der Menschen die Volksschule abgeschlossen und eine Lehre gemacht." Erst später seien Gymnasien auch in Orte wie Ebermannstadt gekommen. Und die Zahl der Fachhochschulen stieg an. Deshalb werde es in Zukunft auch mehr Abiturienten in Oberfranken geben, ist sich Unger sicher. Das merke man vor allem an der hohen Übertrittsquote an Gymnasien.

Dass in Oberbayern die Quote derer, die einen Hochschulabschluss haben, so hoch ist, liege daran, dass sich im Süden viele Kompetenzzentren befinden. „Landesbehörden und Stammsitze namhafter Firmen ziehen Akademiker an. Und schaffen neue", sagt Unger.

Staatsangehörigkeit

In Oberfranken gibt es so wenige Ausländer wie sonst nirgendwo in Bayern. Nur 3,9 Prozent ausländische Bürger leben hier. In Oberbayern ist jeder zwölfte Bürger ein Ausländern. Im Vergleich mit Städten, wie Nürnberg (16,3 Prozent) und München (20,9 Prozent) leben in Bayreuth (7,4 Prozent), Bamberg (7,7 Prozent) und Hof (9,3 Prozent) wenige ausländische Menschen.

Das seien die Ergebnisse der Anwerberpolitik in den 70er Jahren, sagt Manfred Miosga, Professor für Stadt- und Regionalentwicklung an der Universität Bayreuth. Die Zuwanderer seien damals hauptsächlich für das produzierende Gewerbe gebraucht worden. Das gab es vor allem in München und Nürnberg.

„Die Zuwanderer, die danach folgten und folgen, orientieren sich an den Orten, in denen es bereits einen hohen Anteil ihrer Nationalität gibt. Sie gehen dorthin, wo ihre Ethnie, ihre Kultur und ihre Religion ist", sagt Miosga. Dass München eine der Städte mit dem höchsten Ausländeranteil in Deutschland ist, liege daran, dass es dort viele EU-Ausländer gebe. „Vor allem aus Österreich und Italien", sagt Miosga.

Migranten

Ähnlich sieht es bei den Migranten aus. In Oberbayern haben rund 23 von 100 Menschen (22,6 Prozent) einen Migrationshintergrund. In Oberfranken sind es nur halb so viele (11,7 Prozent). Im regionalen Städtevergleich liegt Bayreuth (24,2 Prozent Migranten) vor Bamberg (19,1 Prozent). In der Stadt Nürnberg wohnen sogar mehr als ein Drittel Migranten (36,2 Prozent).

Warum die Anzahl der Migranten in Nürnberg und München so hoch ist? Hier spielen vor allem die großen Hochschulen und Forschungsstandorte eine große Rolle, die viele Akademiker aus dem Ausland anlocken, sagt Miosga.

Senioren

Unter den zehn Landkreisen und kreisfreien Städten mit dem höchsten Anteil an Senioren (65 Jahre und älter) sind vier oberfränkische. Der Landkreis Wunsiedel führt die Liste an: Rund ein Viertel Menschen dort (25,3 Prozent) sind über 65 Jahre alt. In der Stadt Hof leben 24,3, im Landkreis Hof 24,2 Prozent Menschen über 65 Jahre. Die Stadt Coburg hat einen Senioren-Anteil von 23 Prozent.

Zum Vergleich: In der Stadt Bayreuth sind 21 von 100 Menschen älter als 65 Jahre alt, im Landkreis sind es 20. Im Landkreis Bamberg sind es dagegen nur 17 von 100.

Auch ein Oberpfälzer und zwei unterfränkische Landkreise und kreisfreie Städte sind gelistet.

Minderjährige

Das verdeutlicht die unterschiedliche demografische Entwicklung im Freistaat. Die Bevölkerung im Süden Bayerns ist statistisch gesehen jünger. 17,4 Prozent Menschen unter 18 Jahren leben in Niederbayern, 17,1 Prozent in Oberbayern. In Oberfranken sind es nur 16,2 Prozent Minderjährige.

Miosga hat auch hierfür eine Erklärung: Dies sind die Vorboten des demografischen Wandels. „Oberbayern ist ein Wachstumsraum. Man könnte sogar von Metropolregion München sprechen. Das ist nun mal ein interessanter Arbeitsmarkt." Viele ziehe es deshalb auch von Oberfranken nach München. Diese „Bildungswanderer", wie sie Miosga nennt, seien mit der Grund dafür, dass es in Oberfranken immer weniger junge, dafür aber mehr alte Menschen gebe.

Wohnungsleerstand

Unterschiedlich ist die Entwicklung beim Wohnungsleerstand. Den niedrigsten Wert ermittelten die Statistiker mit 2,9 Prozent für Oberbayern, den höchsten mit 5,4 Prozent für Oberfranken.

Weil es in Oberfranken immer weniger Menschen gibt, gerät auch der Immobilienmarkt ins Wackeln, sagt Miosga. „Ein Angebotsüberhang entsteht." Die Situation werde sich in Ostoberfranken sogar noch weiter verschärfen, ist sich der Experte sicher. „Dafür wird ein gutes Wohnungsbaumanagement nötig sein." In Selb beispielsweise sei bereits ein leerstehendes Haus abgerissen worden, um den Wohnraum zu reduzieren.

Erhebliche Unterschiede bei den Leerständen gibt es aber unter den oberfränkischen Städten. Stehen in Bayreuth rund 4 von 100 Wohnungen leer (3,9 Prozent), sind es in Hof doppelt so viele (8,2 Prozent). „Hof hat seit Jahren eine schrumpfende Bevölkerungszahl", sagt Miosga. Daher brauche die Stadt auch weniger Wohnungen. In Bamberg und Bayreuth hingegen stagnierte die Bevölkerungszahl oder nahm sogar leicht zu.

Religion

In Bayern gibt es immer weniger Gläubige. Zumindest was die beiden großen Kirchen betrifft. 2011 gehörten nur noch drei Viertel der Bayern der katholischen oder der evangelischen Kirche an. Bei der Volkszählung 1987 waren es noch über 91 Prozent. Auch in Oberfranken schrumpft die Zahl der Kirchenmitglieder: um elf Prozent seit 1987. Rund 16 Prozent Zulauf erfuhren sonstige Religionsgemeinschaften beziehungsweise Konfessionslose.

Interessant sind die Zahlen für Bayreuth. Während die römisch-katholische Kirche in der Stadt seit 25 Jahren nur ein Prozent Mitglieder verloren hat, sind es dagegen 13 Prozent weniger evangelische Bürger. Dafür hat sich die Zahl derer, die sonstigen oder keiner Religionsgesellschaft angehören seit 1987 verdreifacht auf 21 Prozent. Im Landkreis Bayreuth hat sich diese Zahl von 3 auf 12,7 Prozent sogar mehr als vervierfacht.

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