In Mistelgau bemühen sich vier Kandidaten um das Bürgermeisteramt – In vielen Themen sind sie sich einig – Richtig kreativ scheinen sie nicht Kurier-Podiumsdiskussion in Mistelgau

Von Heike Hampl
Wer will was für Mistelgau? Das wollten Thorsten Gütling (links) und Joachim Braun (rechts) von den vier Bürgermeisterkandidaten wissen. „Eine Gemeinsamkeit haben Sie: Sie sind alle gut gekleidet“, stellt Braun fest. Alle, das sind von links: Karl Lappe, Joachim Bursian, Werner Eisenhuth und Jörg Ebert. ⋌Foto: Kolb Foto: red

Eines steht schon jetzt fest: Nach der Wahl wird es in Mistelgau einen neuen Bürgermeister geben. Vier Männer wollen die Nachfolge von Georg Birner antreten. Auf dem Kurier-Podium stellten sie sich am Donnerstagabend den Fragen von Redakteur Thorsten Gütling und Chefredakteur Joachim Braun. Doch so sehr die Journalisten auch bohrten – auf konkrete Pläne für die Zukunft der Gemeinde ließen sich die Kandidaten nicht festnageln.

 
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THEMA 1:

DAS FERIENDORF IN OBERNSEES

Mehr als hundert Ferienhäuser und ein Hotel. „Mal ehrlich: Wie realistisch ist, dass das Feriendorf in dieser Form entsteht?“, fragt Moderator Thorsten Gütling. „Klappen kann das nur mit einem Investor mit ausreichend Kapital“, sagt Karl Lappe (49), der für die Wählergemeinschaft Plösen-Gollenbach-Wohnsgehaig antritt. Auf die Frage, wie viele Ferienhäuser unter ihm als Bürgermeister entstünden, mag Lappe nicht antworten: „Ich bin vorsichtig mit Versprechen.“ Nicht so seine Kandidaten. Jörg Ebert (40) tritt für die Mistelgauer Bürgergemeinschaft an, er ist politischer Neuling, sitzt als einziger Bewerber noch nicht im Gemeinderat. „Unter mir würden 100 Häuser gebaut werden“, sagt er selbstbewusst. Ein Raunen geht durch die rund 300 Zuschauer in der Kulturscheune in Obernsees, dann gibt es aber doch einen kräftigen Applaus. Joachim Bursian (46), Kandidat der CSU/ÜWG, und Werner Eisenhuth (45), Kandidat der Wählergemeinschaft Truppach-Mengersdorf, sind zurückhaltender. Zwischen 30 und 50 Häuser – mehr würden sie sich in einer Amtszeit nicht zutrauen. Alle vier Kandidaten stehen zu dem Feriendorf. „Ich weiß, dass viele Bürger sich darum sorgen, wie das hinterher aussieht. Deswegen muss die Gemeinde den Baufortschritt begleiten und eine wilde Bauweise verhindern“, sagt Eisenhuth. Applaus. Doch Moderator Gütling äußert Zweifel am Projekt Feriendorf. Der Grund: Die Probleme mit dem Baugebiet Schöne Aussicht.

THEMA 2:

DAS BAUGEBIET SCHÖNE AUSSICHT

Nur einen Kilometer vom geplanten Feriendorf entfernt liegt das Baugebiet Schöne Aussicht. Vor 14 Jahren hat die Gemeinde es erschlossen. Von den 24 Bauplätzen hat sie gerade einmal fünf verkauft. „Wie sollen 100 Ferienhäuser gebaut werden, wenn es nicht mal für diese Plätze Interessenten gibt?“, fragt Moderator Gütling. „Das ist eine Rätselfrage“, gibt Ebert zu. Und verweist auf die „nicht optimale Ausrichtung gen Osten“. Die Gemeinde hat den Preis pro erschlossenem Quadratmeter von 61 auf 47 Euro gesenkt. Für jedes Kind gibt’s 1500 Euro von der Gemeinde drauf – trotzdem tut sich nichts. „Wir brauchen Investoren. Vielleicht auch für betreutes Wohnen“, sagt Ebert. Und bekommt Gegenwind von Lappe: „Das Problem ist, dass die Leute das Gebiet schlecht reden. Die Grundstücke loszuwerden, da gehört auch Glück dazu.“ Bursian hingegen will nicht aufs Glück hoffen. „Wir müssen noch weiter runter mit dem Preis. Dann sehen wir, was passiert“, fordert er. Ob das Baugebiet ein Fehler war? Nur Ebert sagt: „Ja.“ Lappe, der seit 24 Jahren im Gemeinderat sitzt, fühlt sich angegriffen. „Damals war die Nachfrage da. Dann endete der Bauboom und die Krise kam.“

THEMA 3:

FRAUEN IM GEMEINDERAT

Der Mistelgauer Gemeinderat besteht bisher nur aus Männern. Es gibt keine Bürgermeisterkandidatin. „Warum eigentlich?“ will Chefredakteur Braun wissen und fragt: „Braucht Mistelgau ein Programm zur Förderung der Frauen?“ Das Publikum lacht. Die Kandidaten lachen. Eine Erklärung, warum das so ist, haben sie nicht. Die CSU/ÜWG hat bei der kommenden Wahl eine Frau auf Listenplatz drei gesetzt. Und ist damit Spitze. Schlusslicht ist die Wählergemeinschaft Truppach-Mengersdorf, hier steht die erste Frau auf dem sechsten Listenplatz. Alle vier Bewerber drucksen um das Thema herum. „Vielleicht lesen die Gemeinderäte den Frauen die Wünsche von den Augen ab“, witzelt Lappe. Kopfschütteln und Unverständnis im Publikum erntet Ebert für seinen Kommentar: „Logischerweise sind Männer in der Kommunalpolitik engagierter als Frauen.“ Alle vier versichern jedenfalls: Frauen täten der Mistelgauer Politik gut – irgendwie.

THEMA 4:

DIE URWELT-ERLEBNISGRUBE

Als „erschütternd“ bezeichnet Moderator Gütling die Tatsache, dass selbst der amtierende Bürgermeister Birner nicht mehr an seine Vision von der Grube glaubt. Touristen und Forscher an einem Ort. Nur: Die Gemeinde kann keinen fest angestellten Wissenschaftler und Hausmeister bezahlen – zusammen immerhin rund 200 000 Euro im Jahr. Bund und Land seien in der Pflicht, sind die vier Kandidaten sich einig. Am 21. März kommt eine Delegation aus dem Landtag in den Ort – auf Bestreben des SPD-Abgeordneten Christoph Rabenstein. Wie man diesen Tag so nutzen könnte, um die Münchner von sich zu überzeugen, dazu hat keiner der vier Kandidaten eine kreative Idee. Aus dem Publikum kommt der Vorschlag, für diesen Tag einen Dinosaurier aus dem Bayreuther Urwelt-Museum auszuleihen und im Kreisverkehr aufzustellen. Lappe mahnt Vorsicht an. Mit Delegationen aus München sei vorsichtig umzugehen. „Erst mal müssen wir uns einig sein, was wir wollen.“ Lappe fürchtet vielleicht, dass ein zu großer Trubel bei diesem Termin kontraproduktiv sein könnte. Immerhin hat ein SPDler das Treffen arrangiert – und damit ein Oppositionspolitiker.

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