Rund 800 Delegierte waren zu der Videokonferenz geladen, rund 540 waren zu Beginn am Samstagnachmittag zugeschaltet. Wegen der anhalten Corona-Krise hatte die CSU nach einem kleinen Parteitag im Mai auch den großen Parteitag ausschließlich ins Internet verlegt.
Lange hatte die CSU gehofft, den großen Parteitag im 75. Jahr ihres Bestehens als klassische Präsenzveranstaltung abhalten zu können. Wegen der weiterhin sehr hohen Infektionsgefahr durch das Coronavirus war die zwischenzeitlich schon in den Dezember verschobene Veranstaltung dann aber ganz abgesagt worden.
Nach der Grundsatzrede wollen die Delegierten ein 399 Seiten dickes Antragsbuch durcharbeiten - oder zumindest damit beginnen. Dafür wurden vom Parteivorstand 15 Anträge ausgewählt, die besonders ausführlich behandelt werden sollen. Darin geht es unter anderem um die Digitalisierung an den Schulen, den Kampf gegen den Kindesmissbrauch, den Umgang mit der Polizei, die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und Windeln sowie das Schlachten von Nutztieren ohne Betäubung.
Interessante Debatten versprechen zwei weitere Anträge zu Sinn oder Unsinn sogenannter gendergerechter Sprache. Die CSU steht den neuen Schreibweisen von Wörtern, die durch Genderzeichen, Binnen-I oder Gender-Doppelpunkt Männer, Frauen und Diverse gleichermaßen und gleichberechtigt gerecht werden sollen, schon länger kritisch gegenüber, ihre ablehnende Haltung hat sie deshalb auch im aktuellen Grundsatzprogramm "Die Ordnung" verankert.
Söder kündigt Verbot der Reichskriegsflagge in Bayern an
Söder hat ein Verbot der Reichskriegsflagge im Freistaat angekündigt. Er werde anordnen, die Flagge in Bayern zu verbieten, sagte der CSU-Vorsitzende am Samstag auf einem Online-Parteitag. "Mit einer solchen Flagge zeigt man nämlich seine klare Ablehnung und auch Distanz zu unserer Demokratie." Söder betonte: "Wir lassen unsere freiheitliche Demokratie nicht von Rechtsradikalen kapern."
Über ein Verbot der Flagge läuft aktuell eine bundesweite Debatte. Hintergrund ist, dass die Flaggen häufig auf Kundgebungen gegen die Corona-Beschränkungen geschwenkt werden. Die Bremer Innenbehörde hatte bereits vergangene Woche beschlossen, die Flaggen, die unter anderem von Reichsbürgern und Mitgliedern rechter Gruppierungen bei Kundgebungen geschwenkt oder auch am Balkon befestigt werden, aus der Öffentlichkeit zu verbannen.
Söder sagte Verschwörungstheoretikern, Demokratiefeinden und Neonazis den Kampf an. Vor allem kritisierte er "offene und verdeckte" Neonazis, die unter dem Vorwand des Kampfes gegen Corona die Demokratie angriffen. Der CSU-Vorsitzende betonte: "Unser und mein Leitmaßstab heißt Vernunft statt Verschwörung." Söder berichtete von Drohungen, Anfeindungen und Morddrohungen, die ihn regelmäßig erreichten. Er zitierte auch aus Kommentaren, in denen ihm mit dem Tod gedroht wurde.
Söder: Deutschland vor schwierigem Corona-Herbst und -Winter
Bayern und ganz Deutschland stehen nach Ansicht von CSU-Chef Markus Söder wegen der Corona-Krise vor einem schweren Herbst und Winter. "Corona ist mit aller Wucht, mit aller Macht wieder da", sagte der bayerische Ministerpräsident am Samstag in seiner Grundsatzrede auf dem digitalen Parteitag der CSU in München. Um Deutschland herum, in ganz Europa würden die Fallzahlen bereits wieder explodieren. "Nahezu alle Nachbarn melden jeden Tag neue Rekordzahlen." Die Weltgesundheitsorganisation sehe Europa in einer ganz kritischen Phase. "Denn eines ist klar, Herbst und Winter steht vor der Tür, und dort wird die Lage deutlich schwieriger werden."