Im Herbst 2015 wird das Integrationsamt in das Jugendamt eingegliedert Integration in Bayreuth braucht neuen Schwung

Das Zusammenleben von Einheimischen und Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern ist eine der Hauptaufgaben des Integrationsamtes. Ein Beispiel, wie Menschen sich annähern, war das Fastenbrechen auf dem Bayreuther Markt.Foto: Harbach Foto: red

Das Integrationsamt der Stadt Bayreuth verliert im nächsten Jahr seine Eigenständigkeit. Wie Pressesprecher Joachim Oppold auf Anfrage des Kurier bestätigte, wird das Amt für Integration und soziale Projekte im Herbst 2015 in das Jugendamt eingegliedert. Mitarbeiter der Caritas und des Jean-Paul-Vereins sind verärgert.

 
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Dolores Longares-Bäumler, die beim Caritas-Verband Bayreuth die Migrationsberatung leitet, spricht sich deutlich gegen die Eingliederung des Integrationsamtes in das Jugendamt aus. Dieser Schritt bedeute eine „Herabsetzung dieses wichtigen Themas“, das dann nur noch „so nebenher läuft“. Die Einrichtung des Integrationsamtes 2007 sei ein wichtiger Schritt für die Migrationsarbeit der Stadt Bayreuth gewesen. Doch durch die Unterordnung in die Stabsstelle des Oberbürgermeisters habe es viel an Gewicht verloren. Das Integrationsamt müsse eigenständig bleiben und mehr Gewicht erhalten, wünscht sich Longares-Bäumler. Doch vor allem müsse es wieder mit Personen besetzt werden, die das Amt auch ausfüllen.

Es sei jedoch ein Trugschluss zu glauben, dass ein Integrationsamt die wichtigen Aufgaben alleine erfüllen könne. „Integration muss von beiden Seiten vorangetrieben werden“, sagt Longares-Bäumler. „Integration ist ein fortlaufender zwischenmenschlicher Prozess, den das Integrationsamt immer wieder anschieben muss, auch finanziell.“ Leider sei jedoch der Kontakt zwischen dem Amt und einigen der ehrenamtlichen Akteure gerade der türkischen Gemeinschaft eingeschlafen.

Kritik äußern auch Gina Skierlo und Raci Bahceci vom Jean-Paul-Verein am Integrationsamt. Das Amt sei sehr wichtig, betont Skierlo, die als Leiterin des Bereichs Ambulante Dienste in stetem Kontakt mit Migrationsgruppen steht. Doch dessen Möglichkeiten seien noch lange nicht erschöpft. Ob Interkulturelle Wochen oder gemeinsames Fastenbrechen auf dem Marktplatz – das Integrationsamt habe einige gute Ideen entwickelt und umgesetzt. Aber bei weitem nicht genug. „Das Integrationsamt muss das Herz sein, es muss Menschen begeistern können, sich für das Zusammenleben zu engagieren. Das hat leider die letzten Jahre sehr nachgelassen“, zeigt sich Skierlo enttäuscht.

Bahceci sieht die Situation noch kritischer: Bestimmte Gruppen seien einfach nicht mehr berücksichtigt worden, andere Gruppierungen hätten sich unzufrieden zurückgezogen. Das Netzwerk der in der Integrationsarbeit Tätigen sei vernachlässigt worden, pflichtet Skierlo bei. Dabei sei es gerade Aufgabe des Integrationsamtes, das Netzwerk zu pflegen und auszubauen und Ideen zu entwickeln. Die Integration in das Jugendamt werde die Aufgaben deutlich erschweren, glaubt Bahceci. Da sei es besser, das Integrationsamt an das Ausländeramt anzudocken. Doch die beste Lösung sei, das Integrationsamt als Anlaufstelle für Migranten zu erhalten. Im Moment jedoch, ist Bahceci überzeugt, liege die Integrationspolitik am Boden.

Harte Vorwürfe, die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe zurückweist. Die Stadt Bayreuth arbeite ständig an der Verbesserung ihrer Integrationspolitik, betont sie in ihren schriftlich formulierten Antworten. Dies sei nicht nur eine Pflichtaufgabe, sondern ihr persönlich auch sehr wichtig. Schließlich komme der Integration von Menschen aus anderen Ländern auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels erhebliche Bedeutung zu.

Einen Vorschlag, die Integrationsarbeit in Bayreuth zu verbessern, hat Jürgen Wolff, Leiter des Evangelischen Bildungswerkes. „Bayreuth sollte wie andere Städte auch als Gegenstück zur Verwaltung einen Integrationsbeirat gründen, in dem Vertreter aller hier lebenden Ausländer vertreten sind.“ Außerdem solle man die frei werdenden Stellen im Integrationsamt mit Fachkräften besetzen, die über interkulturelle Qualifikationen verfügen. Das Jugendamt komme für Integrationsarbeit nicht in Frage, sagt Wolff, weil es „ganz andere Aufgaben hat“. Der 1. Oktober 2015 sei auf jeden Fall ein guter Zeitpunkt für einen Neuanfang in Bayreuth.

Ein erster Schritt ist gemacht: Unter Federführung von Vera Charlotte Röhrer, Regionalkoordinatorin für Integration beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Zirndorf, wurde am 17. Juli ein Netzwerk gegründet, das bis zum ersten Treffen im November noch ausgebaut werden soll. In Bayreuth sei die Integrationspolitik „sehr formell angelegt“, hat sie seit Aufnahme ihrer Tätigkeit Anfang 2013 erfahren. Da könne ein Integrationsbeirat ein sehr sinnvolles Instrument sein. In anderen Orten Oberfrankens und der Oberpfalz sei man deutlich weiter, verfüge über eigene Konzepte und funktionierende Netzwerke.

Oberbürgermeisterin Merk-Erbe zeigt sich mit der Integrationspolitik in Bayreuth zufrieden. Die Stadt habe in „vielen Bereichen eine Vorreiterrolle in Oberfranken übernommen. Daran wollen wir auch für die Zukunft festhalten. Ich denke, wir haben vieles erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun“, schreibt sie. Denn: Zum Ausruhen gibt es keinen Anlass.“

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