Heute ist Welt-Alzheimer-Tag Wie Heinz Popp (75) seine kranke Ehefrau zu Hause pflegt

Von Maximiliane Rüggeberg
20.09.2013, Bayreuth, Caritas-Alten- und Pflegeheim St. Martin, Alzheimer, Heinz und Margitta Popp, Foto: Andreas Harbach, ha Foto: red

Sanft tätschelt Heinz Popp die Hand seiner Frau. „Na, hast du ein wenig geschlafen, meine Liebe?“, fragt er und schaut ihr tief in die blauen Augen. Er sucht nach einer Antwort. Denn er weiß, dass er keine bekommen wird. Zumindest keine, die man hören kann. Margitta Popp hat eine Form von Alzheimer. Die Krankheit ist weit fortgeschritten. Ihre Sprache hat die 70-Jährige verloren. Aber ihr Mann, der ist noch da. Und er wird ihr auch weiterhin beistehen.

 
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Obwohl Heinz Popp selbst schon 75 Jahre alt ist, tut er seit fünf Jahren alles dafür, seine Frau so gut wie möglich zu Hause zu pflegen. Nur ein paarmal die Woche bringt er sie tagsüber ins Pflegeheim der Caritas, um einkaufen zu gehen und Hausarbeit zu erledigen. „Ich kann sie ja auf keinen Fall alleine lassen“, sagt er. Margitta würde im Haus herumirren und sich vielleicht verletzen.

Diagnose war ein Schock

Im Jahr 2008 hat Popp von der Krankheit erfahren. „Ihre Frau hat Alzheimer.“ Die Worte des Arztes sind ein Schock für ihn. Natürlich hat er gemerkt, dass etwas mit seiner Margitta nicht stimmt. Aber die Diagnose so direkt zu hören, das war ein Schlag, sagt er. „Ich wusste ja gar nicht, was da auf mich zukommt.“

Die Veränderungen kamen schleichend. Popp erzählt von einer Reise, die er mit seiner Frau gemacht hat. Sie ging zur Toilette und fand den Weg zurück nicht mehr. „Sie hat sich dann einfach zu einer anderen Reisegruppe gesetzt, ohne es zu merken.“ Ein anderes Mal habe ihm seine Frau von einem Besuch auf dem Friedhof erzählt. Sie hat von Blumen gesprochen, die sie niedergelegt hat. Den Besuch hat es nie gegeben.

Heinz Popp pflegt seine Frau - solange es noch geht

Heinz Popp hat gelernt, mit all den Einschränkungen zu leben, die Alzheimer mit sich bringt. Der 75-Jährige muss seine Frau morgens anziehen, alleine schafft sie es nicht mehr. Er stützt sie auf dem Weg zum Auto, laufen klappt nicht mehr so gut. Das Abendessen schneidet er klein und füttert sie. Die Bettwäsche muss er oft abziehen, weil sich Margitta manchmal einnässt. Trotz all der Umstände hat Heinz Popp die Freude am Leben nicht verloren. Nur die langen Gespräche mit seiner Frau, die fehlen ihm, sagt er. „Sie war ein sehr lebenslustiger Mensch, hat gern gearbeitet und viel geredet.“ Ein Lächeln huscht über das Gesicht von Margitta Popp, als ihr Mann von früheren Zeiten erzählt. „Manchmal bilde ich mir ein, dass sie die Dinge noch versteht“, sagt Popp. Auch er lächelt.

Die Erinnerung an früher schlägt hin und wieder eine Brücke zum Gedächtnis. Deshalb findet Margitta Popp in ganz speziellen Momenten einen Weg aus dem Vergessen. „Wenn wir zusammensitzen und Volkslieder singen, dann singt sie mit“, sagt Waltraud Meyer. Die Pflegerin ist speziell ausgebildet für den Umgang mit dementen Menschen und betreut Margitta Popp, wenn sie im Pflegeheim ist. „Dinge, die Patienten gern gemacht haben, fallen ihnen leichter.“

Margitta Popp ist gern im Heim. Doch am späten Nachmittag, pünktlich um 17 Uhr, kommt ihr Mann, um sie abzuholen. Er ist froh, dass er hier Unterstützung hat. Aber seine Frau ganz ins Heim zu geben, kann er sich momentan überhaupt nicht vorstellen. Er ist dankbar dafür, dass sie noch gemeinsam zu Hause leben können. Seit 49 Jahren sind die beiden verheiratet. Die Liebe ist heute noch genauso da wie im Jahr ihrer Hochzeit. „Beim Tanz in der Bürgerreuth haben wir uns kennengerlernt“, sagt Popp. Das war 1963. Nur ein Jahr später gaben sie sich das Eheversprechen. In guten wie in schlechten Zeiten. Und Heinz Popp hält sich daran. Er hofft, dass er seine Margitta auch nächstes Jahr noch zu Hause pflegen kann. „Schließlich feiern wir 2014 Goldene Hochzeit.“

Info: „Es gibt immer mehr Patienten, die an Alzheimer erkranken“, sagt Michael Schüler von der Alzheimer Gesellschaft Bayreuth-Kulmbach. Der Hauptgrund dafür ist das immer höhere Lebensalter. Rund 20 Prozent der über 80-Jährigen seien bereits von der Krankheit betroffen. Bei den über 90-Jährigen ist es schon jeder Dritte. Rund acht Prozent der Erkrankungen sind genetisch bedingt.

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