Herbstkonzert der Pegnitzer Bartholomäus-Kantorei thematisiert Reformationsgedanken und Martin Luther Anrührend und überzeugend

Von Hans von Draminski
Kantor Jörg Fuhr setzte auf organische Pulsschlag-Tempi und konnte sich dabei der Einsatzpräzision seines Chores ebenso sicher sein wie der Stimmkraft seiner Solisten. Foto: red Foto: red

Zum Reformationsjubiläum hat sich die Pegnitzer Bartholomäus-Kantorei etwas Besonderes einfallen lassen: Man nahm für das traditionelle Herbstkonzert zwei Symphonien von Felix Mendelssohn Bartholdy ins Programm, die den Reformationsgedanken und die Person Martin Luther in besonderer Weise thematisieren.

 
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Felix Mendelssohn Bartholdy, Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn, christlich erzogener und protestantisch getaufter Sohn jüdischer Eltern, schrieb seine „Reformations-Sinfonie“ zum 300. Jubiläum der Augsburger Konfession, in der Philipp Melanchthon und Martin Luther das Wesen des reformatorischen Gedankenguts auf einen allgemein verständlichen Nenner gebracht hatten.

Sicher geführt durch Ozean aufgepeitschter Emotionen

Und weil sich dieses Opus 107 mit Luthers komplexer, bisweilen schon zerrissen zu nennenden Persönlichkeit und Vita auseinander setzt, pendelt auch die Tonart der „Fünften“ zwischen D-Dur und d-Moll, irisierend, bisweilen programmmusikalisch deskriptiv. Der Pegnitzer Kantor Jörg Fuhr führt die Vogtland-Philharmonie Greiz-Reichenbach sicher durch einen Ozean aufgepeitschter Emotionen, bleibt mit seiner Deutung auf der rationalen Seite und begegnet dem hymnischen Schlusssatz, einer apotheotischen Überhöhung des Luther-Chorals „Eine feste Burg ist unser Gott“, mit struktureller Transparenz und sehr gemessenen Tempi: Dies ist kein hektischer Kampf um den „richtigen“ Glauben, sondern kontemplative Gewissheit. Dass die Bläser und Streicher aufgrund des regnerischen Wetters bisweilen mit der Intonation kämpfen, tut der stillen Majestät dieser Musik keinen Abbruch.

Mit seiner Zweiten Symphonie, dem „Lobgesang“ (Opus 52), verband Mendelssohn die Genres, verschmolz in dieser „Symphonie-Kantate nach Worten der Heiligen Schrift“ die vokale und die instrumentale Sphäre und fand zu einem gleichermaßen stillen wie kraftvollen Ausdruck für seine Religiosität. Ein Bekenntnis zum Glauben an Gott, das keine konfessionellen Grenzen kennt und zudem all das zusammenfasst, was die musikalische Welt des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy ausmachte.

Die Bartholomäus-Kantorei kann hier in satten Valeurs schwelgen, unterstützt von einem Orchester, das durchhörbare Spaltklänge im Mezzopiano ebenso beherrscht wie schwelgerische Tuttimacht und kraftvolle Aufschwünge. Jörg Fuhr setzt auf organische Pulsschlag-Tempi und kann sich der Einsatzpräzision seines Chores ebenso sicher sein wie der Stimmkraft seiner Solisten.

Die Sopranistin Saskia Kreuser, ihre Mezzo-Kollegin Raquel Luis und der durch eine Erkältung nur leicht angeraute Tenor Ewald Bayerschmidt dürfen im „Lobgesang“ artikulieren, was wahren Glauben ausmacht: die Gewissheit, dass am Ende in Gott das Heil wartet, dass die Nacht ein Ende findet und auf der anderen Seite das (ewige) Licht wartet. „Alles was Odem hat, lobe den Herrn“, heißt es im Schlusschor – mitreißend, anrührend und höchst überzeugend.