Heinrich Brosch ist der Mann, der Montagnacht einen Betrunkenen vor dem Ersticken rettete Lebensretter: "Wenn man hilft, kann man nix verkehrt machen"

Von Maximiliane Rüggeberg und Amelie Wollny
Heinrich Brosch rettete am Montagabend an der Ecke Kolpingstraße und Bahnhofsstraße einem jungen Mann das Leben. Foto: Wittek Foto: red

Erst ging Heinrich Brosch am Montagabend zum Sport. Dann zu einer Weihnachtsfeier. Und anschließend rettete er ein Menschenleben. Das eines jungen Mannes, der so betrunken war, dass er in der Kolpingstraße an seinem Erbrochenen zu ersticken drohte. Dem Kurier erzählt der 65-Jährige von seinem Einsatz. Und wie wichtig es ist, einfach zuzupacken und zu helfen.

 
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„Richtig große Brocken", sagt Brosch, zieht den Handschuh der rechten Hand aus und formt mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis, bei dem sich die Fingerspitzen nicht berühren. Der 65-Jährige steht am Dienstagabend an der Ecke Kolping-/Bahnhofstraße, bei den Imbissbuden. Vor weniger als 24 Stunden war er da schon einmal gestanden, gekniet, und hatte mit diesen Fingern, die da einen Kreis formen, aus dem Mund eines 20-Jährigen Brocken an Erbrochenem herausgeholt. Der junge Mann war ziemlich betrunken, stürzte, und lag dann am Montagabend gegen 22.15 Uhr an dieser Ecke. Und er hatte richtig Glück, dass sein Schutzengel Brosch vorbeikam.

Der Abend von Brosch war bis dahin lustig, besinnlich, entspannt: Am Nachmittag war er mit seiner Frau Gabriele von Himmelkron nach Bayreuth gefahren. Am Stadtbad stellten sie ihr Auto auf dem Parkplatz ab, in der Stadtbad-Turnhalle hatten sie einen Skigymnastik-Kurs. Auf Rollen und im Nikolaus-Kostüm rollte Brosch durch die Halle, verteilte kleine Geschenke.

Die Leute in der Skigymnastik sind Freunde, deswegen ging es danach weiter in die Quetsch'n, zur gemeinsamen Weihnachtsfeier. Brosch ist Rentner, er lacht gerne und viel, ist aktiv und aufgeschlossen. Einer, der anpackt.

Angepackt hat er schon immer, er arbeitete jahrzehntelang in einer großen Firma im Baugewerbe, 1500 Angestellte. Er war auch Ersthelfer. Hat auch schon mal bei einem jungen Kollegen, der sich alle fünf Finger bis zum Handballen abgeschnitten hatte, einen Druckverband angelegt. „Ich hab schon einiges gesehen", sagt er, wie er an dieser nun für ihn bedeutsamen Ecke steht. Am Boden zu seinen Füßen ist noch eine kleine Pfütze des Erbrochenen zu sehen.

Irgendwann am Montagabend gegen 22 Uhr machte sich das Ehepaar Brosch auf zum Parkplatz. Ehefrau Gabi fuhr, er war Beifahrer. Dann sagte Brosch: „Da liegt jemand." Es war dunkel, Broschs Frau hielt an, Warnblicker rein. Brosch sprang aus dem Wagen raus. Blaue Lippen, Erbrochenes im Mund und am Boden. Der Mann lag bewusstlos da, die Hände waren kalt. Brosch brachte den jungen Mann in die stabile Seitenlage, holte mit den Fingern das Erbrochene und die Zunge aus dem Mund. „Nach drei Minuten war er wieder ansprechbar".

Ein anderer Mann hatte in der Zwischenzeit bereits die Polizei verständigt. Dann kam die Polizei, der Krankenwagen. „Der ist stabil", sagte Brosch zu den Einsatzkräften. „Kann ich jetzt gehen?" Der junge Mann wurde ins Klinikum gebracht. „Das war ja ein erlebnisreicher Abend", sagt seine Frau später auf der Heimfahrt. Die Hände konnte sich Brosch erst zu Hause waschen.

Alexander Kollroß, Pressesprecher der Polizeiinspektion Bayreuth, ist begeistert vom beherzten Handeln des Mannes: „Das war eine Eins mit Sternchen." Es kommt laut Kollroß zu selten vor, dass Menschen in einer solchen Situation so eingreifen. Die Lage des 20-Jährigen war lebensgefährlich. „Wenn der auf dem Rücken liegt und Erbrochenes im Mund hat, kann er ersticken", sagt Kollroß. Es wäre „ein Traum", wenn mehr Menschen so handeln würden wie der 65-Jährige in diesem Moment.

Heinrich Brosch steckt das Erlebte am nächsten Tag noch in den Knochen. „Gott sei Dank sind wir dazu gekommen, sonst...", Brosch spricht nicht weiter. Auf der anderen Straßenseite seien Menschen vorbeigegangen, erinnert sich seine Frau, geholfen hat niemand. „Viele haben da Berührungsängste", sagt ihr Mann. „Angst, sie könnten etwas verkehrt machen." Er macht eine Pause und schaut auf seine Hände. „Aber da kann man nix verkehrt machen. Wenn man hilft, hilft man."

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