Hausaufgaben für den Trassenbauer

Von Thomas Schuberth-Roth
 Foto: red

Die Bundesnetzagentur hat in der Hofer Freiheitshalle die Bundesfachplanung für die angedachte Gleichstrompassage zwischen Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt und Isar bei Landshut eröffnet. In der öffentlichen Antragskonferenz nahmen Vertreter des Übertragungs-Netzbetreibers Tennet Stellung zu ihrer Planung für den Teilabschnitt zwischen Hof und Schwandorf. Unter den gut 150 Zuhörern waren auch Bürgermeister, Landräte, Vertreter von Trägern öffentlicher Belange, Vereinen und Verbänden sowie interessierte Bürger. Dutzende kommunale Vertreter und Bürger kamen im Lauf der ganztägigen Anhörung zu Wort.

 
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Worum es geht

Im Zuge der Energiewende sollen 2022 aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses des Deutschen Bundestags alle Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Das Bundesbedarfsplangesetz vom 31. Dezember 2015 regelt den Netzausbau Strom. Dieses Gesetz bildet die Grundlage zur Höchstspannungsleitung zwischen den 536 Kilometer auseinander liegenden Netzverknüpfungspunkten von Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt und Isar in Bayern. Der Hintergrund: Im Norden wird mehr Strom – vor allem durch die Offshore-Windkraftanlagen – erzeugt, als notwendig, während in Industriezentren im Süden Bayerns der hohe Energiebedarf allein durch dezentrale Anlagen nicht gedeckt werden kann. Die umweltverträglichste Trasse soll zum Zuge kommen.

Netzbetreiber ist die Firma Tennet. Sie hat nun mehrere Vorschläge für 500 bis 1000 Meter breite Trassenkorridore eingereicht. Der sogenannte Vorschlagstrassenkorridor verläuft nördlich von Hof in südlicher Richtung, geht westlich an Münchenreuth vorbei und folgt bis etwa Rehau der A 93. Im Folgenden verläuft dieser Korridor weiter in südlicher Richtung bis Kirchenlamitz, geht dann weiter südöstlich vorbei an Thiersheim und Konnersreuth bis Mitterteich, umgeht Tirschenreuth in östlicher Richtung und orientiert sich danach an der B 15 in südlicher Richtung bis Neustadt an der Waldnaab. Soweit möglich, soll die Gleichstrom-Übertragung als Erdkabel verlegt werden.

 

Der Weg zur Entscheidungsfindung

In einem zweistufigen Verfahren wird die Bundesnetzagentur nun prüfen, welche Trasse Tennet am Ende bauen wird. Die Bundesnetzagentur entscheidet darüber. Laut deren Pressesprecher Fiete Wulff ist der Entscheidungsprozess offen: „Für uns stehen nur zwei Dinge fest: Erstens, die Leitung braucht es. Und zweitens, der Anfangspunkt in Wolmirstedt und der Endpunkt in Isar. Alles dazwischen wird sich jetzt erst ergeben.“

Damit lässt er offen, ob die von Tennet erarbeitete Vorschlagstrasse auch tatsächlich weiterverfolgt wird. Denn: Die Antragskonferenzen nutzt die Bundesnetzagentur zum Sammeln von Informationen, die dann Tennet gleichsam als Hausaufgabe mitgegeben werden. Vor Ende 2018 sei nicht damit zu rechnen, dass der zweite Schritt des zweistufigen Verfahrens eröffnet wird: das Planfeststellungsverfahren.

 

Einwände und Bedenken

Es waren vor allem vier Punkte, die unter anderem vom Hofer Landrat Oliver Bär, von Roland Schöffel, stellvertretender Landrat des Landkreises Wunsiedel, und dem Wunsiedler Bürgermeister Karl-Willi Beck angesprochen wurden: Der angesichts der immens breit angelegten Trassenkorridore massive Eingriff in die kommunale Planungshoheit, die fehlende Bündelung von Versorgungsleitungen entlang der Autobahnen, die angenommene „Geradlinigkeit“ und die Beachtung der technischen Entwicklung. Nicht nur diese drei Kommunalpolitiker, jeder, der sich zu Wort meldete, erhielt Beifall für seinen Beitrag.

Den größten heimste jedoch Beck ein , als er die Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung als Irrweg bezeichnete und darauf hinwies, dass der Betreiber für seine Investition mit einer Rendite von acht Prozent rechne. Andreas Herath, Tennet-Projektleiter Netzausbauvorhaben, wies das zurück, sagte, es sei nur eine Rendite von etwas mehr als sechs Prozent.

 

Tennet-Vertreter antworten auf kritische Anmerkungen

Die breiten Trassenkorridore werden im Planfeststellungsverfahren entscheidend schmäler. Für den Ausbau selbst brauche man bis zu 40 Meter Platz in der Breite. In zwei Gräben, bis zu zwei Meter tief und etwa fünf bis acht Meter auseinander, werden dann jeweils zwei Erdkabel mit einer Spannung von 320 Kilovolt verlegt. Im Endausbau gibt es eine bewuchsfreie Schneise von 15 Metern Breite. Bewuchsfrei heißt dabei laut Herath, dass keine tief wurzelnden Bäume darauf stehen sollen. Getreide sei kein Problem.

Die Bündelung soll vor allem im Bereich der Gemeinde Gattendorf noch einmal überprüft werden. Grundsätzlich sei aber neben Autobahnen nicht mehr viel Platz, weil bereits andere Leitungen für Strom, Telefon oder Wasserkanäle dort vergraben seien. In der Regel sei der Streifen, der im Besitz des Bundes sei, sehr schmal, auch hier würde dann bald Privatbesitz folgen. Die „Geradlinigkeit“ sei ein „Optimierungsgebot“, um Eingriffe in die Natur und Kosten zu minimieren. Laut Herath wird man bei Tennet die technische Entwicklung im Auge behalten.

Unter anderem auch, weil neue leistungsstärkere Kabel den Ausbau einfacher machten. Für in der Entwicklung befindliche 525-Kilovolt-Kabel genüge ein Graben.

 

Der Zeitplan und die Kosten

  • Ende 2018 will die Bundesnetzagentur die Bundesfachplanung abschließen und danach das Planfeststellungsverfahren eröffnen.
  • 2021 soll der Planfeststellungsbeschluss vorliegen. Gegen diesen Beschluss können Bürger, Kommunen, Verbände oder Vereine klagen.
  • Ende 2021 soll der Bau beginnen.
  • 2025 soll der in der Erde verlegte Südostlink in Betrieb gehen.
  • Die genauen Kosten für den Netzausbau sind aktuell schwierig zu prognostizieren. Auf Basis der Angaben der Netzbetreiber betragen sie insgesamt 18 Milliarden Euro an Land zuzüglich weiterer 15 Milliarden für den Offshore-Netzausbau. Allein der Südostlink kostet etwa vier bis fünf Milliarden Euro.
  • Die Kosten zahlt der Verbraucher über die Netzentgelte.
  • Der Netzneubau wird sich auf lange Sicht laut Bundesnetzagentur mit Blick auf die Netzentgelte positiv auswirken: Zurzeit kosten die systemstabilisierenden Eingriffe in das Stromnetz eine Milliarde Euro pro Jahr, 2022 sollen diese Kosten auf vier Milliarden Euro ansteigen.

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