Verändertes Anforderungsprofil
Das veränderte, anspruchsvollere Anforderungsprofil wirkt sich auch auf die Sichtung aus. Früher wurde fast ausschließlich nach großen und kräftigen Keepern gefahndet. Sie bekamen oftmals den Vorzug vor den kleineren Torhütern, aber sportlich talentierteren. Das hat sicher verändert. Mit Constantin Möstl hat ein nur 1,86 Meter großer Keeper den Durchbruch geschafft, der Bundesligist TBV Lemgo Lippe hat sich seine Dienste gesichert. Er bildet vom kommenden Sommer an ein Gespann mit dem Ex-Göppinger Urh Kastelic, einem 2,01-Meter-Riesen mit enormer Spannweite. „Ein ideales Duo, weil sie so unterschiedlich sind“, sagt Prost über seinen slowenischen Landsmann und den österreichischen Emporkömmling.
Er selbst trainiert bei Frisch Auf auch den niederländischen Nationalkeeper Bart Ravensbergen. Der 30-Jährige bringt noch eine ganz besondere Fähigkeit ein. Er ist Spezialist für Würfe aufs leere gegnerische Tor. In der Bundesliga hat er bereits zehn Saisontreffer auf seinem Konto. „Bart ist unglaublich schnell im Kopf und schnell auf den Beinen“, sagt Prost. Diese Handlungsschnelligkeit ist eine weitere Fähigkeit, die die immer stärker werdende Dominanz der Torhüter erklärt. Auch Henning Fritz wird es weiter aufmerksam beobachten. Wenn er nicht gerade mit bald 50 Jahren wieder irgendwo ein Comeback feiert.
Torjäger Ravensbergen
Torwartschulen
Skandinavien
Die Schweden mit der skandinavischen Torwartschule waren in den 1940er und 1950er Jahren die Lehrmeister im Torwartspiel. Sie hatten die ausgefeilteste Technik. Die skandinavischen Torhüter arbeiteten viel mit den Füßen und Beinen, flogen nicht wie die deutschen mit dem ganzen Körper durchs Tor, so wie sie es im damals populären Feldhandball gelernt hatten. Beweglichkeit, Spagat auf dem Boden, Körperbeherrschung charakterisieren dieses Torwartspiel.
Früheres Jugoslawien
Entwickelt hat die jugoslawische Torwartschule Abas Arslanagic, ein Bosnier, der 1972 in München im Team von Vlado Stenzel die erste olympische Goldmedaille im Hallenhandball gewann. Er verstand das Torwartspiel im Handball als Geometrie und beschäftigte sich mit Winkeln und Räumlichkeit. Die Philosophie lautet, die Position zwischen den Pfosten zu halten, viel aus dem Oberkörper zu arbeiten, die Beweglichkeit in den Beinen spielt eine geringere Rolle als bei den Skandinaviern. Durch die im ehemaligen Jugoslawien gespielte offensive 3:2:1-Formation kam es häufiger zu Duellen Mann gegen Mann, weshalb die Torhüter vom Balkan besonders aggressiv auf die Werfer vom Kreis und von außen zustürzen. Probleme haben sie eher bei Würfen aus dem Rückraum. (jüf)