Heimvorteil Noch nie haben die DHB-Männer ein Turnierspiel in der Kölner Arena verloren. In keiner anderen Halle in Deutschland ist die Stimmung besser als im Handball-Tempel auf der rechten Rhein-Seite. Der Heimvorteil ist in jeder Sportart wichtig – im Handball aber ganz besonders. Der deutsche Titelgewinn bei der Heim-WM 2007 ist ein leuchtendes Beispiel. Auch Schweden (1954), Frankreich (2001, 2017), Schweden (2002) Spanien (2013), Dänemark (2019/Endspiel in Herning) triumphierten als Gastgeber bei großen Turnieren. Selbst Katar holte 2015 bei der WM in Doha Silber.
Defensive Kommt Andreas Wolff wie gegen Frankreich sofort auf Betriebstemperatur, dann zaubert er reihenweise Paraden aufs Parkett und ist der beste Keeper der Welt. Ein Torhüter funktioniert aber dauerhaft nur, wenn er starke Abwehrkräfte vor sich hat. Dem Innenblock kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Kapitän Johannes Golla und Julian Köster räumen in der Deckung aufopferungsvoll und kompromisslos auf, verschieben mit ihrer Beweglichkeit sehr gut. Doch auch sie bekamen gegen „Les Bleus“ ihre Grenzen aufgezeigt, sie setzten ihren Weltklasse-Kreisläufer Ludovic Fabregas überragend ein. Es wäre ein Überraschung, wenn die kommenden Hauptrundengegner dies auch in dieser beeindruckenden Form hinbekommen würden.
Leader Sein schwächerer Tag gegen Frankreich ändert wenig: Juri Knorr ist der Mann für die Wow-Effekte, der Dreh- und Angelpunkt im deutschen Spiel. Es gab schon lange keinen solch kompletten Spielmacher mehr in der DHB-Auswahl. Seinen Vater Thomas, selbst ein herausragender Handballer, deutscher Meister und Nationalspieler, hat der 23-Jährige im Hinblick auf Spielintelligenz und Gewitztheit bereits überholt. Der Ober-Löwe aus Mannheim strahlt ungemein viel Torgefahr aus, verwandelt nervenstark die allermeisten Siebenmeter, kann die Nebenleute kreativ und gewinnbringend in Szene setzen, treibt die Mannschaft mit ungemein viel Tempo im Umschaltspiel nach vorne und hat ein gutes Zusammenspiel mit dem Kreisläufer. Die Franzosen machten ihm aber das Leben extrem schwer, sie provozierten bei ihm einige Fehlwürfe.
Zusammenhalt Die Story der Bad Boys ist auserzählt, doch der Geist vom EM-Titel 2016 schwebt über dem aktuellen Team. Die Mannschaft ist eine verschworene Gemeinschaft und alles andere als eine Ansammlung von Ich-AGs im gleichen Trikot. Das zeigt auch die Körpersprache. Es wird abgeklatscht, aufgemuntert, mitgerissen. Auf dem Spielfeld und auf der Bank. Das war auch nach der bitteren Niederlage gegen Frankreich nicht anders.
Doch jetzt gilt es gegen Island zu liefern. In diesem nicht nur für den Bundestrainer so extrem wichtigen ersten Hauptrundenspiel.