Haftstrafen für pokernde Drogendealer

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa/Archiv Foto: red

Hoch gepokert, hoch verloren. Das Landgericht Hof verurteilte am Donnerstag zwei junge Männer aus Bayreuth als Drogendealer und Drogenschmuggler. Sie erhielten relativ milde Haftstrafen, weil vor Gericht der entscheidende Joker stach. Der Joker entstand am Pokertisch in Tschechien.

 
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Die zwei Männer hatten, wie berichtet, zwischen Mitte 2013 und Ende 2015 einen umfangreichen Handel mit Marihuana und Crystal Speed aufgezogen. Der Großteil des Rauschgifts kam aus Tschechien, weshalb die 26 und 28 Jahre alten Männer wegen Handels und Einschmuggelns von rauschgift schuldig gesprochen wurden. Und das in erheblichen Mengen: Die in Bayreuth als begabte Fußballer bekannten Angeklagten hatten insgesamt 6,1 Kilo Marihuana und 800 Gramm Crystal Speed unter die Süchtigen gebracht.

Warum so milde? Wegen der Aufklärungshilfe

Dafür erhielten der jüngere Angeklagte eine Haftstrafe von drei einhalb Jahren, der ältere eine von drei Jahren und neun Monaten. Warum so milde? Beide Angeklagte hatten nach ihren Verhaftungen Ende 2015 und auch zum Prozessauftakt vergangene Woche gestanden. Und, was noch mehr zählte: Sie lieferten der Kripo Abnehmer und Lieferanten. Die Folge waren Festnahmen im Drogenmilieu in Bayreuth und Hof, sowie die Verhaftung eines mutmaßlichen Rauschgiftdealers aus Cheb in Tschechien. Der Vorsitzende der 5. Strafkammer am Hofer Landgericht, Richter Claus Peter Riedelbauch, betonte: Ohne die Aufklärungshilfe der  Angeklagten hätte das Gericht bei den erheblichen Drogenmengen Strafen im bereich von zehn Jahren verhängt.

Bemerkenswert dabei: Weit mehr kriminelle Energie bewies der jüngere Angeklagte. Er hatte in Bayreuth die Verbindungen zu Abnehmern und besorgte den Vertrieb der Drogen. Der ältere Angeklagte fungierte im Geschäftsmodell der zwei jungen Männer als hauptsächlich als Transporteur: Mit geliehenen Motorrädern fuhr er über die deutsch-tschechische Grenze und schmuggelte das Rauschgift nach Deutschland.

Dass der jüngere trotzdem etwas weniger Strafe erhielt, liegt daran, dass er nach einem Tipp aus der Hofer Rauschgiftszene an die Polizei als erster verhaftet worden war und nach langer Bedenkzeit auspackte. Es kostete ihn große Überwindung auch seinen Komplizen zu verraten, denn die zwei Männer stehen sich sehr nahe.

Die erste der sieben Todsünden ist das Motiv

Die vom Landgericht verhängten Strafen  entsprechen fast genau den Anträgen, die Staatsanwalt Dietmar Burger am Vormittag in seinem Plädoyer gefordert hatte. Burger hatte nur für den älteren Angeklagten eine um einen Monat höhere Strafe beantragt.

Wie zwei bis dahin unbescholtene junge Männer zu Kriminellen werden konnten, hatten die zwei Verteidiger skizziert. Anwalt Karsten Schieseck, der den jüngeren Angeklagten vertrat, sprach zunächst von der ersten der sieben Todsünden: Die Gier, die vor Jahrhunderten noch geächtet und verpönt gewesen sei, werde heutzutage gesellschaftlich gefeiert - sei es bei riesigen Ablösesummen für Fußballspieler oder bei Boni für Wirtschaftslenker.

So seien die zwei Angeklagten nach dem geplatzten Traum, Profisportler zu werden, als professionelle Pokerspieler erfolgreich gewesen. Sie hätten als junge Männer schon hohe Summen verdient, hätten in Las Vegas an Pokerturnieren teilgenommen, seien bewundert worden. Doch dann gerieten die zwei Angeklagten erst in der Oberpfalz und dann in Tschechien in Spielerkreise, die nicht nur mit Karten, sondern auch mit dem Leben von Drogensüchtigen spielten: An Dealer, die ihre Spielschulden mit Drogen bezahlen wollten.

An Spieler, die ihnen ein profitable Geschäftsmodell zeigten. An Kriminelle, die sie über den Tisch zogen: Das erhoffte Marihuana gab es in Tschechien nur im Koppelgeschäft, also nur bei Abnahme von Crystal. "Von da an ging es bergab", sagte der zweite Verteidiger Wolfgang Schwemmer.

Der "Joker" ist ein Foto

Der Gerichtsvorsitzende Riedelbauch beschrieb das so: "In das Rauschgiftgeschäft einzusteigen, war eine unglückseelige Idee und es war verheerend, dass es zunächst klappte." Das Potenzial der beiden wurde in die falsche Richtung gelenkt." Riedelbauch betonte, es gebe selten einen Fall, der so ungewöhnlich sei: Einerseits außergewöhnlich hohe Mengen, andererseits außergewöhnlich erfolgreiche Aufklärungshilfe. Der "Joker", mit dem der bereits in Unterfuchunghshaft sitzende Dealer aus Tschechien gefasst werden konnte, ist übrigens ein Foto: Es entstand in Cheb am Spieltisch. Mit Hilfe dieses Fotos konnte der Hintermann identifiziert und dingfest gemacht werden.

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