Grundsteuer muss reformiert werden

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Das Bundesverfassungsgericht verlangt eine schnelle Neuregelung der Grundsteuer und setzt dem Gesetzgeber dafür eine Frist bis Ende 2019. Die Berechnungsgrundlage ist verfassungswidrig und völlig überholt, entschied der Erste Senat am Dienstag in Karlsruhe. Welche Auswirkungen das Urteil auf Grundstückseigentümer und Mieter hat, ist noch unklar.

 
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Bundesweit fallen rund 35 Millionen Grundstücke unter die Grundsteuer. Sie trifft die Eigentümer und wird an Mieter weitergegeben. Damit sollen sie sich unter anderem an den Kosten der Infrastruktur beteiligen. Der Ertrag von aktuell fast 14 Milliarden Euro pro im Jahr ist eine wichtige Einnahmequelle von Städten und Gemeinden.

Die aktuellen Regelungen zur Einheitsbewertung seien seit mehr als 50 Jahren nicht mehr angepasst worden. Sie verstießen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes, entschied das Gericht. «Die Besteuerung entfernt sich immer weiter von den aktuellen, realen Verhältnissen», sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof. Der Einheitswert definiert den Wert eines Grundstücks zu einem festgelegten Zeitpunkt - für Westdeutschland ist dies das Jahr 1964, für Ostdeutschland das Jahr 1935.

Eigentlich Neubewertung alle sechs Jahre

Eigentlich sollen alle Grundstücke im Abstand von sechs Jahren neu bewertet werden. Das ist aber seit der letzten Hauptfeststellung in Westdeutschland von 1964 nie mehr geschehen. Der Gesetzgeber hatte das mit dem großen Aufwand begründet.

Das Problem dabei: Wegen fehlender Neubewertungen kann es sein, dass vergleichbare Grundstücke und Gebäude verschiedener Baujahre völlig unterschiedlich bewertet werden - zum Beispiel weil aus einem Arbeiterstadtteil über Jahrzehnte ein teures In-Viertel geworden ist.

Welche Auswirkungen eine Neuregelung auf Immobilienbesitzer und Mieter hat, hängt vom künftigen Modell ab. Nabu und Mieterbund etwa fordert eine Bodensteuer, bei der nur der tatsächliche Wert des Grundstücks ohne Gebäude besteuert wird. Sie soll Spekulation entgegenwirken und Mieter entlasten. Nach dem Modell der Mehrheit der Bundesländer sollen Bodenwert und Gebäude berücksichtigt werden. Verbände wie Haus & Grund sprechen sich gegen eine reine Bodensteuer aus und favorisieren eine Steuer, die sich nur an der Flächengröße orientiert.

2024 ist Schluss

Wegen des hohen Aufwands für eine Neufestsetzung der Bemessungsgrundlage können die alten Werte nach einer Neuregelung noch bis zu fünf Jahre weiter genutzt werden, längsten bis Ende 2024, entschied das Gericht. (1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12)

Das Bundesfinanzministerium will die erforderliche Neuregelung der Grundsteuer gemeinsam mit den Ländern zügig angehen, sagte die parlamentarische Staatssekretärin Christine Lambrecht nach dem Urteil. Dabei komme es darauf an, das derzeitige Aufkommen zu sichern.

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben wies auf die kurze Frist hin: «Dieser Zeitraum lässt keinen Spielraum für allzu aufwendige Umsetzungsmodelle. Die neue Bewertung als Basis der Grundsteuer muss also einfach werden», forderte er. Der Präsident von Haus & Grund, Kai Warnecke, erinnert an das Versprechen der Politik, dass eine Reform unterm Strich keine höhere Steuerbelastung für die Bürger mit sich bringen dürfe.

Probleme lange

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, plädierte für das Modell der Bundesländer. «Wir erwarten, dass die Länder in den Finanzämtern in großem Umfang zusätzliches Personal und Sachmittel bereitstellen, um die Arbeit fristgerecht zu schaffen.»

Das Bundesverfassungsgericht entschied über drei Vorlagen des Bundesfinanzhofs und zwei Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Besteuerung auf Basis der Jahrzehnte alten Einheitswerte im Westen richteten. Daher hat das Gericht die Bewertung in den neuen Bundesländern nicht geprüft. Es sei aber nicht ausgeschlossen, die Maßstäbe der Entscheidung zu übertragen, entschied das Gericht.

Das Verfassungsgericht hält die kurze Frist für ein neues Gesetz für angemessen, weil die verfassungsrechtliche Problematik lange bekannt sei und Gesetzentwürfe vorlägen, sagte Kirchhof. Die Richter halten die Einheitswerte - die Werte für jedes Grundstück (für jede Einheit) - spätestens seit dem Jahr 2002 für verfassungswidrig, weil die Ungleichgewichte seit 1964 ständig zugenommen haben.

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