Es ist schon ein wenig Theaterdonner dabei. Die Drohung von Premierminister David Cameron, sein Land aus der EU führen zu wollen, sollten seine Vorschläge zur Kontrolle der Freizügigkeit „auf taube Ohren fallen“, garantieren ihm sicherlich einen Platz in den Schlagzeilen. Immerhin muss er für die rechte Galerie spielen, seine euroskeptischen Parteifreunde wollen befriedet werden.

Von der Sache her ist es weniger dramatisch. Zum einen wäre ein britischer Austritt noch lange hin: Erst einmal müsste Cameron die nächsten Wahlen gewinnen, bevor er Verhandlungen und danach 2017 eine Volksabstimmung ansetzen kann. Zum anderen sind seine Forderungen nicht ganz so unerhört, wie es scheinen mag.

Cameron hat in seiner Rede, wohl auch nach Konsultation mit Angela Merkel, Abstand genommen von einer zuvor diskutierten Maximalforderung: eine jährliche Deckelung der EU-Immigration einführen zu wollen. Das wäre eindeutig eine Verletzung des Prinzips der Arbeitnehmerfreizügigkeit gewesen und wäre auf blankes Unverständnis der EU-Partner gestoßen. Camerons Vorschläge dagegen, einem Missbrauch der Freizügigkeit vorzubeugen, decken sich in vielen Aspekten mit den Vorstellungen der Bundesregierung. Auch in anderen Mitgliedsländern hat man Sorgen über den Sozialtourismus und wird Verständnis für die britische Position haben. Gut gebrüllt, Löwe: im Ton scharf, in der Sache konziliant. Eine Einigung ist nicht unmöglich. Trotz allen Theaterdonners: Die Chancen für einen britischen Verbleib in der Europäischen Union sind gestiegen.


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