Grenzwert überschritten Vorerst keine Abstriche bei Corona-Lockerungen

Christoph Scheppe

Ein Landkreis in Oberfranken reißt mit 66,74 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner weiter deutlich die Obergrenze. Ein lokaler Lockdown ist aber nicht in Sicht.

 
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Coburg - Neben Straubing-Bogen, Straubing Stadt und Greiz reißt auch der Landkreis Coburg die Obergrenze von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner über einen Zeitraum von sieben Tagen. Das Coburger Land liegt mit einem aktuellen Wert von 66,74 bundesweit an der Spitze. Um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, drängt sich die Frage nach einem lokalen Lockdown - also den Rückfall auf strengere Corona-Regeln - auf. Ein Szenario, das dem Landkreis zumindest vorerst erspart bleibt. Denn bei klar abzugrenzenden, auf eine bestimmte Quelle zurückzuführende Ausbrüche sehen die Beschlüsse der Bundesregierung die Möglichkeit vor, schärfere Regeln konkret auf die eigentlichen Ausbruchsstellen zu beschränken.

Schüler und Lehrer in Quarantäne

An der Berufsschule II wurde eine Abschlussklasse unter Quarantäne gestellt, nachdem eine Schülerin positiv auf Covid-19 getestet worden war. Betroffen sind 15 Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrkräfte. "Sie stehen in Kontakt mit dem Gesundheitsamt, insbesondere wenn Symptome auftreten sollten", teilte Brigitte Keyser, Leiterin des Fachbereichs Bildung Kultur und Sport am Landratsamt mit. Man sei zuversichtlich, dass die Schüler ihre Prüfung zeitnah ablegen könnten.

Genau das ist im Coburger Land der Fall. Weil der rapide Anstieg meist im Zusammenhang mit Dialysebehandlungen insbesondere für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen steht, wurde für diese Einrichtungen bereits in der vergangenen Woche das Besuchsverbot für Verwandte wieder in Kraft gesetzt.

Besuchsverbot

Bei einem lokalen und klar eingrenzbaren Infektionsgeschehen könne ein Beschränkungskonzept nur diese Einrichtung umfassen, erläutert Stephan Zingler, Geschäftsbereichsleiter Öffentliche Sicherheit und Ordnung am Landratsamt. Neben dem Besuchsverbot kämen dort als weitere Maßnahmen infektionshygienische Begehungen und Beratungen, Reihentestungen oder Kohortierungen in Betracht.

Bei einem verteilten regionalen Ausbruch und unklaren Infektionsketten sind Zingler zufolge auch regional allgemeine Beschränkungen in Erwägung zu ziehen. Zu den denkbaren Maßnahmen zählen etwa Ausgangs- oder weitergehenden Kontaktbeschränkungen sowie das Schließen von Bildungseinrichtungen, Gastronomie oder Geschäften. Die von den Kreisverwaltungsbehörden umgesetzten Maßnahmen müssten solange aufrechterhalten werden, bis die Obergrenze mindestens sieben Tage unterschritten werde.

Davon ist man im Coburger Land noch weit entfernt. "Es sind derzeit einige wenige Heime in der Region Coburg betroffen", sagt die Leiterin des Gesundheitsamts, Dr. Roswitha Gradl. Namen der Einrichtungen nennt das Landratsamt nicht, denn dass es in einzelnen Heimen Infektionen gebe, lasse sich nicht vermeiden. "Wichtig ist vielmehr, dass diese Infektionen schnell erkannt und effektiv bekämpft werden. Die betroffenen Heime sind informiert, ebenso wie die Bewohner und deren Angehörige", stellt Gradl klar. Covid-19 könne auf verschiedenen Wegen in ein Heim eingebracht werden. "Es kommt immer zunächst von außen. Ein Weg ist beispielsweise eine externe Behandlung von Heimbewohnern wie die Dialyse", so die Leiterin des Gesundheitsamts.

Viele Tests

Die Alten- und Pflegeeinrichtungen im Landkreis gehen nach Behördenangaben bereits seit dem Ausbruch der Epidemie "sehr sorgsam und verantwortungsvoll" mit der Situation um. Die Zusammenarbeit sowohl mit dem Gesundheitsamt als auch mit der Heimaufsicht sei eng und vertrauensvoll. "Wir gehen den Weg, viel zu testen", sagt Gradl. Denn nur so erhalte man "ein ehrliches Bild von der tatsächlichen Situation und nur so gelingt es uns, sehr schnell und konsequent mit den geeigneten Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen zu reagieren". Dazu werden nicht nur vermehrt Reihentests durchgeführt, sondern mit der Steuerungsstelle Pflegeheime am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sowie dem MDK verstärkt Beratungen und vor Ort Risikoeinschätzungen und Begehungen unternommen. Dies sei wichtig, um die Einrichtungen zu unterstützen, damit die von Gesundheitsamt angeordneten Maßnahmen auch erfolgreich umgesetzt werden könnten.

Am Montag lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei 66,74 Infizierten, teilte die Sprecherin des Landratsamts, Corinna Rösler, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Bisher haben sich weder Robert-Koch-Institut (RKI) noch Bundesgesundheitsministerium ans Landratsamt gewandt. Der Vollzug des Infektionsschutzrechts obliege den Bundesländern. "Für den Landkreis Coburg ist das Landratsamt Coburg zuständig", informiert Stefan Zingler. Beim Überschreiten der Obergrenze habe das Amt ein Beschränkungskonzept zu erarbeiten und mit der Regierung von Oberfranken und dem LGL abzustimmen. Anschließend werde das Konzept dem bayerischen Gesundheitsministerium vorgelegt und zudem vom LGL ans RKI übermittelt.