Gote kündigt Proteste an – Aigner: Ausstieg ist beschlossene Sache Atomkraftwerke länger am Netz?

Von Moritz Kircher, Elmar Schatz und Henry St
Grazil erscheint der Kirchturm zwischen den riesigen Kühltürmen des Atomkraftwerkes Grafenrheinfeld in Unterfranken. Foto: dpa Foto: red

Momentan werde massiv daran gearbeitet, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen, warnt die Bayreuther Grünen-Landtagsabgeordnete Ulrike Gote gegenüber dem Kurier. Worauf gründet Gote den Verdacht?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Ein klares Zeichen dafür sei der Vorstoß des bayerischen Wirtschaftsverbandes vbw. Die bayerische Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner (CSU) betonte gestern bei einem Bayreuth-Besuch hingegen im Gespräch mit dem Kurier, der Atomausstieg sei „beschlossene Sache“.

Die bayerische Wirtschaft warnt vor Stromausfällen und macht Druck, die Atomkraft länger zu nutzen. Im Zweifel müsse etwa das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld in Unterfranken länger laufen, bis Leitungen vorhanden seien, um Versorgungslücken zu schließen, so Alfred Gaffal, Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw).

Atomstrom aus Frankreich kein Tabu

„In unserer hocheffizienten bayerischen Industrie können wir uns Stromausfälle nicht leisten.“ Auch Atomstrom aus Frankreich oder Tschechien dürfe kein Tabu sein, falls die Politik das Stromdefizit nicht beseitigen könne. Eine Studie zur Energiewende hat die Prognos AG für die vbw erstellt. Darin heißt es, spätestens mit der geplanten Abschaltung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld Ende 2015 drohe eine massive Unterversorgung mit Strom in Bayern. Dieses Defizit werde durch den schleppenden Netzausbau verschärft: So sei mit der Fertigstellung der wichtigen Thüringer Strombrücke nicht vor 2017 zu rechnen. „Damit ist ab 2016 die Frage: Wo kommt der Strom her?“, so der Verfasser der Studie, Michael Schlesinger.

Gote betont: „Die Thüringer Strombrücke werden wir brauchen. Dabei müssen wir schauen, wie wir sie planen. Wir müssen die Leute mitnehmen und eine umwelt- sowie menschenverträgliche Planung hinbekommen.“

Während im Rest Deutschlands ausreichend Reserven vorhanden seien, sei der Stromverbrauch im Freistaat schon jetzt ziemlich an der Kante, sagt Schlesinger. Dies liege nicht zuletzt am gestiegenen Strombedarf infolge der guten Wirtschaftslage. Zwar habe die Produktion von Ökostrom in Bayern wie gewünscht zugelegt. Doch auch hier könne der Ausbau der Stromnetze nicht Schritt halten: Die Zahl der Zwangsabschaltungen von Öko-Stromanlagen aufgrund von Netzüberlastung wachse deshalb gewaltig. Zudem könne Ökostrom mangels vorhandener Speicher nur bedingt zur gesicherten Leistung beitragen. „Mehr Windkraft ist für uns nicht das Thema. Es geht um Versorgungssicherheit“, findet Wirtschaftslobbyist Gaffal. Diese müsse Bayerns Staatsregierung garantieren und deshalb etwa dafür sorgen, dass Ersatzkraftwerke schnell in Betrieb kommen.

Gote sieht taktisches Manöver

Gote sieht hinter dieser Argumentation ein taktisches Manöver der Atomlobby. „Wir hatten im Wahlkampf schon befürchtet, dass es um die Laufzeitverlängerung geht. Jetzt ist es offensichtlich“, sagte sie am Rande einer Veranstaltung mit Aigner in Bayreuth. Gote warnt vor einem Ausbaustopp bei der Windenergie. Die anderen Bundesländer würden weitermachen und Bayern habe den „wirtschaftlichen und ökologischen Schaden“. Die Ziele im Berliner Koalitionsvertrag seien im Grunde lächerlich. An Kohlestrom werde festgehalten. Gegen Kernkraft würden die Grünen zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern auf die Straße gehen. Gote: „Ich denke, wir haben die Mehrheit der Bevölkerung an dem Punkt auf unserer Seite, die Deutschen wollen raus aus der Atomenergie.“ Gote ergänzt: „Wo es machbar ist, werden wir schauen, wo wir auf dem Klageweg etwas erreichen.“

Bilder