Gewaltige Hilfswelle Dem kleinen Ege geht es besser

Gabriele Fölsche

Unglaubliche 1,8 Millionen Dollar kostet das Medikament des Jungen. Dass er es bekommen hat, ist nicht zuletzt der Kulmbacherin Hatice Portakal zu verdanken. Im besten Fall rettet es ihm auf Dauer das Leben.

 
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Die Gentherapie hat Ege bereits überstanden, jetzt muss er sich während der Physiotherapie anstrengen. Orhan und Malek Portakal freuen sich über jeden Entwicklungsfortschritt ihres Sohnes Ege, der mit einem Gendefekt zur Welt kam. Fast täglich telefoniert die Kulmbacherin Hatice Portakal mit ihrer Familie. Foto: red

Fast täglich telefoniert die Kulmbacherin Hatice Portakal mit Malek und Orhan. Das sind die Eltern von Ege, der seit Ende Juni in einer Klinik in Kassel in Behandlung ist. Heute sehen sie sich dank eines Videoanrufs. Hatice blicken drei strahlende Gesichter entgegen. Das war vor knapp einem Jahr noch ganz anders.

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Damals war die Nachricht ein Schock. Als das junge Paar erfuhr, dass ihr Sohn mit einer Spinalen Muskelathrophie (SMA) Typ I zur Welt gekommen ist, eine angeborene neurologische Erkrankung mit schwerer Muskelschwäche und Muskelschwund (wir berichteten). Bei der schwersten Verlaufsform, dem Typ I – genau die hat der kleine Junge – sterben Kinder meist innerhalb der ersten zwei Lebensjahre an Atemschwäche, wenn sie keine Therapie erhalten.

Rettung versprach sich das Paar deshalb von einer Gentherapie mit dem Medikament ZolgenSMA. Kosten: Sagenhafte 1,8 Millionen Dollar. Das Medikament ist eines der teuersten der Welt. Die Familie bat um Spenden. In ihrer Heimat, der Türkei – aber auch in Kulmbach. Hier engagierte sich Hatice Portakal über alle Maßen. Und tatsächlich schaffte es die 48-Jährige, deren Mann der Cousin von Eges Vater ist, einen Betrag von 25.000 Euro zu sammeln. Ein wichtiger Beitrag, um das nötige Geld tatsächlich zusammenzubekommen, um Eges Therapie zu finanzieren. Dabei half maßgeblich die Kulmbacher Caritas mit einem Spendenkonto. 450 Spender gaben Geld. Anfang Juli gab es ein kleines Fest.

Seit genau dieser Zeit sind Orhan und Malek Portakal nun mit Ege in Kassel, wo die Behandlung in einer Klinik erfolgt. Vor Ort hat das Ehepaar eine Ferienwohnung gemietet. Gerade eben sind sie von der jüngsten Physiotherapie-Behandlung zurück: „Die Erfolge sind größer, als es die Therapeuten erwartet haben“, sagt Vater Orhan. Auch die Ärzte seien mit dem Verlauf zufrieden.

Mittlerweile kann Ege, der bald ein Jahr alt wird, im Liegen die Füße anheben, er versucht nach oben zu greifen und kann auch den Kopf besser drehen. Zudem braucht Ege keinen Sauerstoff mehr und die Pfleger müssen ihm keinen Schleim mehr absaugen. Vier Mal in der Woche bekommt Ege Physiotherapie. Zudem sind die Ärzte dabei, das Kortison abzusetzen.

Jeder noch so kleiner Fortschritt macht die Eltern überglücklich.

Ohne Spenden wäre das alles nicht möglich gewiesen. Die gewaltige Summe sowieso nicht, aber überhaupt die ganze medizinische und therapeutische Versorgung. „In der Türkei bezahlt das keine Krankenkasse“, so die Eltern. Sie sind endlos dankbar für die Spenden: „Trotz der hohen Summe, haben wir nie daran gezweifelt, dass wir das schaffen können“, sagt der Vater. Und seine Frau Malek ergänzt: „Es war eine schwierige Zeit und nicht immer leicht, stark zu bleiben. An manchen Tagen wurde nur eine Lira gespendet, dann kam wieder eine größere Summe. Das hat Kraft gegeben.“

Die Portakals haben sich vorgenommen, künftig auch anderen in Not helfen zu wollen. Eltern, die ebenfalls eine Kampagne zugunsten ihres Kindes anstoßen. Erst einmal aber werden sie in Kassel bleiben. Bis November dauert dort die Behandlung. Dann geht sie weiter in der türkischen Heimat.