"Wir waren in der Lage, uns selbst zu korrigieren"
"Wir haben kritische Debatten geführt. Wir waren in der Lage, uns selbst zu korrigieren. Das unterscheidet uns als Demokratie von autokratischen Ländern wie etwa China", sagte der Ex-Minister in der damaligen schwarz-roten Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Spahn sagte: "Es ist jetzt auch nicht so, als wenn eine Aufarbeitung noch gar nicht stattgefunden hätte. Eine stärkere Pandemievorsorge und der Aufbau von Impfstoffkapazitäten sind nur zwei Beispiele, wo ja auch schon konkrete Schlüsse gezogen worden sind." Er nannte auch generell die Debatte über Souveränität und dass man nicht zu abhängig von Ländern wie China sein sollte.
Rückblickend hatte sich Spahn zuletzt vor allem in einem 2022 erschienenen Buch zum Krisenmanagement der ersten beiden Corona-Jahre geäußert. Als ein "besonderes Versäumnis" nannte er, "dass wir es nicht geschafft haben, die Kinder und Jugendlichen so vor den Folgen dieser Pandemie zu schützen, wie wir es hätten tun sollen". Ähnlich äußerte sich auch sein Amtsnachfolger Karl Lauterbach (SPD) und betonte zugleich, dass die Pandemie-Bewältigung im Großen und Ganzen sehr erfolgreich gewesen sei. Auch Lauterbach zeigte sich offen für eine Aufarbeitung.
Fordernde Jahre für jeden Einzelnen
Spahn sagte: "Das waren fordernde Jahre für die Gesellschaft, für jeden Einzelnen, jede Familie, jedes Unternehmen und für die Politik. Gleichzeitig müssen wir schon wahrnehmen: Jedes Land auf der Welt hat sich die gleichen Fragen wie wir gestellt und sehr ähnliche Antworten zu unseren gegeben."
Die Corona-Krise hat auch Konflikte zurückgelassen. Spahn sagte, er erlebe beides, wenn er etwa in Veranstaltungen sei. "Da sind diejenigen, die Dankeschön sagen: "Sie haben uns gut durch diese schwere Zeit geführt." Und es gibt diejenigen, da spüre ich bis heute, gerade beim Thema Impfen, da ist viel verhärtet. Insofern kann das Gespräch helfen, auch Dinge zu heilen, wenn Offenheit dafür da ist."
Mit einer markanten Formel hatte Spahn im April 2020 um Verständnis für schwierige Entscheidungen geworben - nämlich, "dass wir miteinander wahrscheinlich viel werden verzeihen müssen". Und sieht er jetzt die Bereitschaft zum Verzeihen? "In der großen Mehrheit gibt es die", sagte der CDU-Politiker. "Diejenigen, die unerbittlich sind, das sind leider meistens die Lauten. Es ist aber nicht die Mehrheit."