Der Weg dorthin war allerdings steinig. "Die Reformhäuser haben sicherlich zu Beginn des Branchen-Booms verschlafen, die jüngeren Generationen mitzunehmen", sagt Lindner. "Der neue Wettbewerb mit den aufkommenden Bio-Läden wurde nicht richtig ernst genommen." Heute sei nicht mehr der Bio-Laden der große Konkurrent für die Reformhäuser - sondern der klassische Lebensmittel-Einzelhandel und vor allem die Drogerien. "Die sind in dem Bereich inzwischen stark aufgestellt."
"Die Reformhäuser haben sehr viel Konkurrenz auf vielen Ebenen", sagt auch Fabian Ganz vom Marktforschungsunternehmen Biovista, das sich auf die Bio- und Reformwarenbranche spezialisiert hat. Im Lebensmittelbereich seien das Bio-Märkte und inzwischen auch der konventionelle Einzelhandel, im Kosmetik- und Gesundheitsbereich Drogerien und Apotheken. Und das, obwohl Reformhäuser oft Pioniere waren. "Viele der Trends, die heute Mainstream geworden sind, hat das Reformhaus mit gesetzt."
"Wenn man sich vor 10, 15 Jahren glutenfrei ernähren musste oder wollte, führte kein Weg am Reformhaus vorbei", sagt Ganz. Ebenso bei veganer Ernährung. Die Reformhäuser seien auch die ersten gewesen, die sogenannte Superfoods oder den gehypten Manuka Honig aus Neuseeland verkauft hätten. "Die schaffen es, ihrer Zeit voraus zu sein", sagt Ganz. "Aber es gibt mittlerweile für all das viele andere Vertriebskanäle."
Er sieht ein Problem im nach wie vor etwas angestaubten Image der Reformhäuser. "Bestimmt geht es auch um die modernere Aufmachung", sagt er. "Generell ist das Reformhaus eher eine tradierte Einkaufsstätte, die es nicht geschafft hat, eine jüngere Kundschaft anzuziehen. Es bleibt eher das Image, dass man das Reformhaus bei einer Krankheit aufsucht und erst einen gewissen Leidensdruck haben muss, um in ein Reformhaus zu gehen."
Das wollen die Reformhäuser ändern. Um gegen die Konkurrenz zu bestehen, haben sich mehrere Reformhaus-Betreiber in Deutschland inzwischen zur Reform Alliance zusammengeschlossen. Genossenschafts-Vorstand Plum spricht von einem "Repositionierungsprozess".
Seither wird gemeinsam für die Stärken des Reformhauses geworben - nach Einschätzung Lindners und Plums ist das vor allem die Beratungskompetenz der Mitarbeiter. "Da wird kräftig dran gearbeitet", bestätigt auch Marktforscher Ganz. "Allerdings entsteht eine Zusammenarbeit von Wettbewerbern ja auch immer erst dann, wenn der Leidensdruck entsprechend groß ist." Plum sagt: "Die Kampagne "Reformhaus - natürlich besser für mich" dient dazu, uns wieder auf das Radar der Kunden zu bringen."