Gemeinden müssen ihre Weiher absichern, sonst machen sie sich haftbar Löschteich: Dorfidylle und Gefahrenquelle

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Im vergangenen Jahr hat die Gemeinde ihren Löschweiher auf Vordermann gebracht. Bürgermeister Karl Lappe (Foto) und der Gemeinderat waren der Ansicht, dass ein Weiher ins Dorf gehört. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ein Weiher gehört zum Dorf. Doch die ländliche Idylle täuscht über Gefahren hinweg, die vom Wasser ausgehen. Am Wochenende ertranken im hessischen Neukirchen gleich drei Kinder im Alter von fünf, acht und neun Jahren. "Das ist mit das Schlimmste, was in einer Gemeinde passieren kann", sagt Karl Lappe, Mistelgaus Bürgermeister, über die Tragödie. Auch wenn ihn das Unglück betroffen macht, bleibt er realistisch: Bei allen Vorkehrungen für die Sicherheit bleibe immer ein Restrisiko - für jeden und überall.

 
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In Mistelgau liegt der Löschteich direkt neben der Schule. Auf dem früheren Dorfweiher schwammen vor Jahren noch die Gänse. In seinem Wasser wuschen die Bauern auch schon weiße Rüben, wie Lappe schildert. Doch damit ist längst Schluss. Ein hoher Lattenzaun umgibt das Wasser. Zutritt hat so leicht niemand mehr. Den Löschteich hat die Gemeinde erst im vergangenen Jahr saniert und den Uferbereich befestigt. Die Böschung fällt nun sanft ab, das Wasser ist höchstens einen Meter tief.  Die Gemeinde hat sogar Karpfen eingesetzt. Sie sollen die sprießenden Wasserpflanzen kurz halten. Rund 1200 Kubikmeter Löschwasser hält die Gemeinde so für den Brandschutz bereit. 

Feuerwehrmann ertrunken

Löschweiher sind gefährlich. Das zeigte sich in der Region zuletzt Ende Juli 2012 bei einem Unglück in Bärnreuth bei Bad Berneck. Dort lag vor dem Festwochenende ein Einheimischer tot im Weiher. Der Tote, ein aktiver Feuerwehrmann, wollte am Abend zuvor Lichterketten für die am Wochenende geplante Weiher-Serenade aufhängen. Er litt an der Zuckerkrankheit und war vermutlich bewusstlos ins Wasser gefallen.

Die Gemeinden, die Löschweiher unterhalten, müssen strenge Verkehrssicherungspflichten erfüllen. "Das bedeutet, der Eigentümer muss dafür sorgen, das keine Gefahr für andere ausgeht, sagt Wilfried Schober vom bayerischen Gemeindetag in München. Wie die Verkehrssicherungspflichten bei Löschteichen erfüllt werden müssen, regeln Bauvorschriften in Gestalt der Deutschen Industrie Normen (DIN). Dazu gehören beispielsweise ein 1,25 Meter hoher Zaun und ein etwa einen Meter breiter Uferstreifen zwischen Zaun und dem Wasser. Mindestens ein Schild müsse vor dem Weiher warnen. In Neukirchen in Hessen, wo die drei Kinder ertranken, war das so.

"Die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinden verdrängt aber nicht die Aufsichtspflicht der Eltern", stellt Wilfried Schober klar.

Löschwasserbehälter als Alternative

Es geht auch ohne Löschteiche. Seit den 80er Jahren bedient sich die Gemeinde Aufseß im Ortsteil Heckenhof eines Löschwasserbehälters, erklärt Bürgermeister Ludwig Bäuerlein. Unter einer Betonplatte lagern rund 150 Kubikmeter Wasser. "Das reicht im Brandfall für den Erstangriff", sagt der Bürgermeister. Der geschlossene Behälter erspare der Gemeinde zudem die Pflegearbeiten, die an einem offenen Teich alljährlich anfallen. Doch mit der Weiher-Idylle ist es dann dahin.

Romantische Vorstellungen

Dass der Teich in Mistelgau ein Überbleibsel aus der Vergangenheit ist, das ist auch dem Bürgermeister Lappe bewusst. "Für den Brandschutz im Ort ist er nicht mehr zeitgemäß", so Lappe. Dass die Gemeinde den Weiher dennoch pflege, beruhe auf der romantischen Vorstellung, dass der Weiher einfach zum Ortsbild gehöre. Lappe: "Auch ein Weiher muss im Dorf eine Zukunft haben".

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