Gelungene Premiere der „Seltsamen Gräfin“

Von Anne Müller
Die Titelrolle der "seltsamen Gräfin", die ihre Familienmitglieder und den gesamten gräflichen Haushalt unter ihrem strengen Regiment hält, spielt Angelika Zapf. Als Star des Ensembles kristallisierte sich im Laufe des Abends immer mehr der Nervenarzt Dr. Tappat (Claus Fiebich) heraus, der dem Rotwein nie abgeneigt war und vor allem seine "Beruhigungsspritzen" äußerst freigiebig verteilte, hier an die junge Sekretäin Margaret (Stefanie Walther). Foto: Andreas Harbach Foto: red

Es hat ziemlich lange gedauert, bis sich das Ensemble des Brandenburger Kulturstadels wieder an einen Krimi-Stoff getraut hat. Dass die Schauspieler spritzige Komödien und phantasievolle Kinderstücke wunderbar auf die Bühne bringen können, haben sie in den vergangenen Jahren wiederholt bewiesen. Nun jedoch wird es bis zum 15. Oktober insgesamt dreizehn Mal kriminell auf der Stadel-Bühne, mit der „Seltsamen Gräfin“. Es geht um ein tödliches Familiengeheimnis.

 
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Zum Inhalt: Die Gräfin Eleonor (Angelika Zapf) führt ein strenges Regiment, und sowohl ihr theaterbegeisterter Sohn Selwyn (Konrad Sauerteig) als auch ihr schmieriger Verlobter Chesney (Christian Doser) und die Hausangestellten Emily (Ilka Steinbrück) und John (Klaus Harfmann) stehen klar unter ihrem Pantoffel. Für den ersten unheimlichen Moment sorgt Hausmeister Norman (Matthias Lorenz), der mit seiner Augenklappe und der gebückten Haltung mehr als nur gruselig wirkt. Die neuesten Angestellten im gräflichen Haushalt sind die junge Sekretärin Margaret (Stefanie Walther), die bei Lois (Waltraud Spahn), der Cousine der Gräfin aufwuchs, und die sehr zurückhaltende Köchin Mary (Susanne Grömer), die gerade erst aus dem Gefängnis entlassen wurde. Auf Margaret wurden schon in den ersten Wochen bei der Gräfin zwei Mordanschläge verübt, und ein nächster ist offenbar in Planung. Diese vermeintlichen Fantasien rufen schließlich Margarets beste Freundin Lizzie (Yvonne Knarr), ihren ehemaligen Vorgesetzten (Thomas Zwerenz) und einen dubiosen Mediziner auf den Plan.

Der erst heimliche, dann immer offensichtlichere Star des Ensembles ist Claus Fiebich als der dem Rotwein nie abgeneigten Nervenarzt Dr. Tappat. Fiebichs erster Auftritt wurde vom Publikum mit einem fast einstimmig geflüsterten: „Ist denn der mit dem Kinski verwandt...?“ kommentiert. Und es stimmte: Der unheimliche, nur oberflächlich besorgte Doktor, der seine Beruhigungsspritzen äußerst freigiebig verteilte, avancierte im Lauf des Stückes immer mehr zu einem dem Wahnsinn nahen potenziellen Mörder. Fiebich, der im Lauf der Probenarbeiten mehrere „Versionen“ des Nervenarztes durchprobiert hatte, fand den perfekten Stil, mit dem er auch ohne Worte, nur mit seiner Mimik im Stil von Klaus Kinski, Applaus auf offener Szene erhielt.

Sowohl den Regisseuren Sonja Niedl und Andreas Vogtmann als auch den Schauspielern war nach der Premiere die Freude und Erleichterung über die Krimi-Premiere deutlich anzusehen. Der begeisterte Applaus des Publikums war die verdiente Belohnung für das gelungene Experiment. Der Kriminalstoff, der spätestens durch die Verfilmung aus dem Jahr 1961 mit Joachim Fuchsberger, Eddi Arent und Klaus Kinski zum Klassiker wurde, verbreitet seine gruselige und spannende Atmosphäre ganz ausgezeichnet auf der Stadel-Bühne. Gut die Hälfte der Karten für die insgesamt dreizehn Aufführungen sind bereits verkauft. Wer sich das hinreißende Bühnenbild und die teilweise herrlich verschrobenen und überdrehten Charaktere anschauen will, sich an der Lösung des Falles selbst den Kopf zerbrechen und gleichzeitig lernen möchte, warum Hochsteckfrisuren bei Kriminalfällen sehr hilfreich sein können, dem sei „Die seltsame Gräfin“ im Brandenburger Kulturstadel empfohlen!

Die nächsten Vorstellungen: 24. und 25. September, jeweils um 17 Uhr.

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