„Wunsiedel ist bunt“ kündigte an, gegen diese antisemitische Provokation direkt vor dem Versammlungslokal zu protestieren, der Pilsbar „Zur Grotte“ in Bernstein. Unter dem Motto „Hass ist keine Meinung – Rechtsextreme stoppen“ riefen die Netzwerk-Sprecher dazu auf, am Samstagabend mit den „Bunten“ein deutliches Zeichen setzen. „Denn Demokratie ohne AfD kann richtig Spaß machen“, rief Svenja Faßbinder bei der Kundgebung ins Megafon und erklärte: „Wir stehen für Solidarität in einer bunten Gesellschaft.“ Die Menge applaudierte.
Laut Polizeiangaben hatten sich rund 150 Demonstranten auf dem Grünstreifen gegenüber der Bernsteiner Pilsbar versammelt – die Mitwirkenden beziffern die Zahl auf mehrere Hundert Demonstranten. Mit großen Bannern, beleuchteten Schildern, bunten Luftballons und lauten Rasseln protestierte die Menge friedlich für demokratische Werte.
Demonstrierende stehen im Stockdunkeln
Schade nur, dass es in Bernsteins Mitte in kurzer Zeit im wahrsten Sinn des Wortes zappenduster wurde: Im Laufe der Demonstration konnte keiner mehr all die Wortspiele und Zeichnungen entziffern, mit denen Demo-Teilnehmer sich auf Schildern und Transparenten dagegen verwahrten, dass der AfD-Kreisverband ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag feierte, weil es stockfinster war.
„Langbräu“ erteilt AfD klare Absage
Eine unerwartete Wende machte äußerst kurzfristig, nämlich erst in der Nacht vor dem Holocaust-Gedenktag, die ursprünglich angekündigte Planung zunichte. Tagelang hatte der AfD-Kreisverband auf seiner Homepage zu dem Treffen in den Saal der „Langbräu“ im Wunsiedler Ortsteil Holenbrunn eingeladen. Allerdings postete die „Langbräu“ am späten Freitagabend plötzlich auf Facebook: Es gebe es bei ihnen am Samstag „KEINE Versammlung der AfD. Wir wissen nichts von dieser geplanten Versammlung und mit uns wurde nichts abgesprochen.“
Das Netzwerk „Wunsiedel ist bunt“ reagierte prompt und verlagerte seinen Protest ebenfalls an den neuen AfD-Versammlungsort. Netzwerk-Sprecher Stefan Frank wertete es am Samstag als großen Erfolg, dass die AfD doch nicht im Holenbrunner „Langbräu“-Saal tagen durfte: „Also haben wir allein mit der Ankündigung unserer Protest-Aktion schon etwas erreicht.“ Und am Abend umso mehr: Eine große Menschenmenge kam nach Bernstein, um friedlich Zeichen für Frieden und Demokratie zu setzen. Teilweise nahmen die Protest-Schilder der „Bunten“ sogar schon Bezug auf den neuen Versammlungsort des AfD-Kreisverbands: „Nazis waren früher schon grottenschlecht“, stand beispielsweise auf einem der vielen Schilder.
Redaktionsfragen bleiben unbeantwortet
Der AfD-Kreisverband interpretierte die geschlossenen Türen bei der „Langbräu“ in Holenbrunn auf seiner Homepage folgendermaßen: „Leider hat man den ursprünglichen Wirtsleuten so viel Druck gemacht, das man uns die Lokation nun nicht zur Verfügung stellt. Aber das hält uns nicht auf.“ Deshalb treffe man sich nun am 27. Januar um 18 Uhr im Gasthaus „Zur Grotte“ in Bernstein. „Lächerlich, sich dem Druck des linken Gesindel zu beugen“ meint dazu einer der Kommentatoren auf der AfD-Facebook-Seite.
Mit unserer Redaktion kommuniziert der AfD-Kreisverbands Wunsiedel allerdings nicht. Auf die bereits am Freitagvormittag telefonisch und per Mail gestellte Frage, warum die AfD einen so sensiblen Termin für ihren Neujahrsempfang und Stammtisch ausgewählt hat, bekam die Zeitung immer noch keine Antwort.