Zehntausende haben Rafah bereits verlassen
Der Palästinenser Mohammed al-Abadla hat sich wegen des geplanten Militäreinsatzes der israelischen Armee dazu entschieden, Rafah in den kommenden Tagen zu verlassen. Er wolle zu seinem zerstörten Haus in Chan Junis zurückkehren und dort sein Zelt aufgeschlagen, erzählt der 48-Jährige der dpa. "Ich kann das Risiko nicht eingehen und in Rafah bleiben und meine Kinder der Gefahr auszusetzen", sagt der siebenfache Vater. "Wir sind nur Zivilisten, die nichts mit dem Krieg zu tun haben, aber wir sind ständig dabei, von Ort zu Ort zu fliehen, um dem Tod zu entgehen."
Al-Abadla hat Chan Junis eigenen Angaben nach bereits vor einigen Tagen besucht, um nach dem Abzug der israelischen Armee dort nach seinem Haus zu schauen. Nach den Kämpfen in der Stadt seien aber nur noch Ruinen seines früheren Zuhauses übrig. Israels Armee hatte sich vor rund drei Wochen aus Chan Junis, der größten Stadt im Süden des Gazastreifens, zurückgezogen. Seitdem haben 150.000 bis 200.000 palästinensische Zivilisten Rafah verlassen und seien etwa nach Chan Junis gegangen, berichtete die "Jerusalem Post".
UN: Einsatz wird humanitäre Katastrophe weiter verschlimmern
Israels Verbündete warnen seit Monaten vor einem großen Einsatz in Rafah, weil sich dort Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge drängen. Zeitweilig hielten sich in Rafah rund 1,5 Millionen der mehr als 2,2 Millionen Bewohner des gesamten Gazastreifens auf. Mehr als eine Million hatte in der Stadt im Süden des Küstengebiets nach Angaben von Hilfsorganisationen im Zuge des Gaza-Krieges Zuflucht gesucht.
Um die Zahl ziviler Opfer zu begrenzen, will Israel Berichten zufolge die Bodenoffensive schrittweise durchführen. Nach Informationen des "Wall Street Journal" plant das Militär, vor jeweiligen Angriffen die betroffenen Stadtteile zu evakuieren, bevor es dann zu neuen Gebieten übergehe. Die UN befürchten derweil, dass ein großer Militäreinsatz die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen noch weiter verschlimmert.
Bericht: Hamas soll Kämpfer mit Waffen versorgt haben
Die israelische Armee hat ihre Vorbereitungen für die Bodenoffensive inzwischen abgeschlossen und wartet nun auf grünes Licht aus dem Kriegskabinett. Israels Regierung nutzt die Ankündigung des Einsatzes aber zunächst einmal als Druckmittel bei den wieder angelaufenen, indirekten Verhandlungen mit der Hamas über die Freilassung weiterer Geiseln sowie über eine Feuerpause im Gaza-Krieg. "Entweder ein Abkommen in naher Zukunft oder Rafah", zitierte die "Times of Israel" einen hochrangigen israelischen Beamten. Israel werde nicht zulassen, dass die Hamas einen Geisel-Deal hinauszögere, um die geplante Militäroffensive zu verhindern. Israelische Medien zitierten auch Vertreter der Armee, die sagten, die Offensive könne mittendrin gestoppt oder ganz abgesagt werden, sollte ein Geisel-Deal zustande kommen.
Die Hamas hat ihre Kämpfer in Rafah nach Informationen des "Wall Street Journal" auf den israelischen Einsatz vorbereitet und sie mit Proviant und Waffen versorgt. Demnach wurde auch die Zahl der Wächter für die Geiseln verstärkt. Ob die Islamistenorganisation einem Deal mit Israel zustimmt, ist derzeit offen.