Herr Klatt, Sie sind Naturwissenschaftler und Naturschützer und gegen die Biogasanlage zur alternativen Energieerzeugung. Wie passt das zusammen?
Volkmar Klatt: Meine Basis ist ein Gutachten von Professor Schulte, bei dem ich studiert habe. Er hat eine Stellungnahme zu Biogas abgegeben. Dieser Einschätzung nach ist Biogas negativ für die Volkswirtschaft und macht auch nicht unabhängig von Erdöl.

Wieso nicht?
Klatt: Der Diesel, den die schweren Anlagen verbrauchen, geht zum Beispiel nicht in die Rechnung ein. Unser Standpunkt ist: Wenn Gülle, die sowieso anfällt, vergoren wird, finde ich das völlig okay. Aber Feldfrüchte extra anzubauen und vergären zu lassen, ist zweifelhaft.

Sie haben sich beim Landratsamt darüber beschwert, dass die Gemeinde die Pläne zur Biogasanlage nicht ordnungsgemäß ausgelegt hat. Was lief schief?
Klatt: Im Februar stand im Mitteilungsblatt, dass eine Offenlegung der Pläne ansteht. Aber man schrieb nicht, wann es so weit ist. In den kommenden zwei Monaten wurden die Pläne nicht mehr erwähnt. Ein Bekannter hat mir dann die Pläne inoffiziell zukommen lassen. Ich habe sofort eine Stellungnahme geschrieben und per Einschreiben verschickt. Aus dem Rathaus hieß es: Es ist schon zu spät. Das ist für mich klarer Rechtsbruch.

Eine Kritik an der Anlage Ihrerseits ist der fehlende Düngeplan. Wo liegt das Problem?
Klatt: Zwei Drittel der Biomasse, die in die Anlage kommt, soll Mais sein. Mais bekommt viel Dünger, wie Nitrat und Phosphat. Diese Mittel sind im Endprodukt, in den Gärresten, noch drin. Sie werden nicht in der Anlage zerstört. Wird der Gärrest auf Felder ausgetragen, wirkt er dort wieder wie Dünger. Für geschützte Wiesen ist das schlecht, es gefährdet Arten.

Die sechs Betreiber der Heinersreuther Biogasanlage sind Landwirte. Trauen Sie denen nicht genug Sachverstand zu, zu wissen, was schädlich für eine Wiese ist?
Klatt: Was schädlich ist, ist die Frage. Es ist nicht schädlich, wenn man viel Ertrag haben will. Aber es ist schädlich für seltene Arten. Wenn ich als Landwirt auf Ertrag setze, ist es sogar gut, wenn diese Arten verschwinden. Man könnte also unterstellen, dass die Verantwortung diesen Leuten nicht überlassen werden darf.

Wenn nicht die Landwirte die Anlagen betreiben, wer dann?
Klatt: Viele Anlagen haben schon jetzt eine Größe erreicht, dass man Chemie-Ingenieure einstellen müsste, um sie zu betreiben. Ich möchte niemandem die Fähigkeit dazu absprechen. Aber was mögliche Betriebsstörungen angeht, stellt sich die Frage, ob ein normaler Landwirt das leisten kann. Und wenn es in der Anlage einen Brand oder eine Explosion gibt, ob die Dorffeuerwehr dafür gerüstet ist.

Der Bayreuther Schlachthof liegt direkt neben der geplanten Anlage. Sie befürchten, dass Schlachtreste in der Biogasanlage verwertet werden. Wieso?
Klatt: Ich habe nur Gerüchte dahingehend gehört. Ich finde sogar, dass man solche Stoffe durchaus vergären kann. Das Problem ist, dass jemand sicherstellen muss, dass auf diesem Weg nicht Hormone oder Schlachtreste auf die Felder gelangen.

Als Regenrückhaltebecken ist ein Teich geplant. Sie sagen, dort würden sich Frösche ansiedeln, die anschließend auf der Bundesstraße Opfer des Verkehrs würden. Das klingt für viele nach einem lächerlichen Argument.
Klatt: Einen Tümpel anzulegen, nur damit Frösche überfahren werden, wäre fahrlässig. Alle Amphibien stehen auf der Roten Liste. Das Problem ließe sich mit einem Zaun aber leicht lösen.

Führt die Biogasanlage auch zu einem Verkehrsproblem?
Klatt: Die Betreiber rechnen zur Erntezeit mit einigen Hundert Fahrten. Ich frage mich, ob dieser Verkehr in die jetzt schon belastete Bundesstraße integriert werden kann.

Sie halten auch die Gasfackel, die jede größere Biogasanlage braucht, um überschüssiges Gas zu verbrennen, für gefährlich.
Klatt: Weil sie Verkehrsteilnehmer ablenkt. Aber das ist ein nebensächlicher Punkt, ein sehr kleines Problem.

Haben Sie ein ideologisches Problem mit dieser Flamme? Sie sagen, sie sei ein unmoralischer Anblick.
Klatt: Ja. Weil sie anzeigt, dass Feldfrüchte vergären. Und das, um Bayreuther Klärschlamm, und damit schlicht Scheiße, zu trocknen. Klärschlammentsorgung ist teuer. Und leichter Klärschlamm kostet die Stadt Bayreuth eben weniger.

Aber zum Trocknen des Klärschlamms wird Abwärme genutzt. Die wäre ja sowieso da.
Klatt: Andere Klärwerke trocknen mit Sonnenenergie. Das ist die bessere Alternative. Ich frage mich, ob das einfach eine Pseudonutzung ist, die man mit anderen Energien besser betreiben könnte. Das Klärwerk erzeugt ja selber Biogas, mit dessen Abwärme man auch trocknen könnte.

Glauben Sie, dass die Anlage trotz aller Gegenargumente kommt?
Klatt: Ich glaube, dass der Name einer Abgeordneten es leichter macht, eine Genehmigung zu bekommen (einer der Betreiber der geplanten Anlage ist der Ehemann der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer, Anm. d. Red.). Ich weiß, dass das Wasserwirtschaftsamt Hof kritisch dazu steht. Klar ist auch, dass der Gemeinderat in diesen Mehrheitsverhältnissen die Anlage immer genehmigen wird.

Drei Gemeinderäte durften in der Sache nicht abstimmen, weil sie am Projekt beteiligt sind. Das dürfte Ihre Theorie bekräftigen.
Klatt: Ja. Für mich ist das Vetternwirtschaft.

Das Gespräch führte Heike Hampl

Info: Vor zwei Jahren sollte die Biogasanlage zwischen Heinersreuth und Bayreuth, nahe den Weiler Wiesen, auf Gebiet der Stadt Bayreuth, entstehen. Eine Bürgerinitiative protestierte dagegen aus Angst vor Lärm und Gestank. Jetzt ist die Anlage nahe der Gärtnerei Vogel an der B 85 geplant. Sie soll Energie erzeugen, ihre Abwärme soll Bayreuther Klärschlamm trocknen.