Und malen Ihre Heimat vielleicht auch noch schöner, als sie ohnehin schon ist?
Rier: Ich sehe das nicht als Vorwurf. Es kann sich jeder dort zurecht machen, wo er wohlfühlt. Gut, dann sieht das eben aus wie heile Welt. Wir bleiben ja doch bei der Wahrheit und spielen nichts vor, was da nicht ist. Es ist doch schön, wenn man das genießen kann, wenn man einfach abschalten kann. Ich finde es wichtig, dass man imstande ist, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen, dass man genießen kann. Ich sag immer wieder, dass wir großes Glück haben. Und dass ich dankbar bin, in einer so schönen Umgebung zu leben.
Ein Rockstar sollte mal Drogen genommen haben, zu Alkoholexzessen neigen und schon mal ein Hotelzimmer verwüstet haben. Welches Image muss ein Kastelruther Spatz haben?
Rier: Wir sind bekannt dafür, dass wir sehr publikumsnah sind, und dass wir ganz normal sind. Ich zum Beispiel bin Landwirt, und die Pferdezucht ist meine große Leidenschaft. Das strahlt auch die Musik aus, die wir machen. Wir versuchen Ruhe reinzubringen, legen Wert auch auf die Texte, in denen man sich wiederfinden können soll, sich und das ganz normale Leben. Dazu gehört auch das Gegenseitige, gerade im Dorf, wo jeder jeden kennt.
Vor einiger Zeit hat ein ehemaliger Produzent schwere Vorwürfe erhoben: Die Kastelruther Spatzen hätten bei CD-Einspielungen betrogen, sie spielten ihre Instrumente gar nicht selber. Wie schwer traf der Vorwurf?
Rier: Das war sehr überraschend und hat sehr weggetan. Das war eine große Enttäuschung, über einen Menschen, mit dem man gut zusammengearbeitet hatte. Man wusste gar nicht, wie einem geschah, wie man da reingeraten war. Für CDs Studiomusiker zu engagieren, ist ganz normal, um Kosten zu sparen. Bei Auftritten ist das was anderes. Wir legen großen Wert darauf, dass wir da selber spielen. Das ist wie der Unterschied beim Film und beim Theater. In Filmen wird am Material rumgearbeitet, im Studio auch. Aber live ist das was anderes. Aber so ist das Leben: Wenn man in der Öffentlichkeit ist, wird man manchmal in irgendwas reingezogen. Ich würde mir persönlich als Werbung was anders vorstellen, aber – die Sache hat uns nicht geschadet. Im Gegenteil: Viele hatten uns vorher nicht gekannt, nun kennen sie uns und schätzen unsere Musik.
Die so genannte ernste Musikkritik macht einen Bogen um die Spatzen. Ärgert Sie diese Missachtung?
Rier: Nein, die ärgert mich nicht. Wir versuchen, unsere Sachen gut zu machen. Wirt stehen mit dem Herzen dahinter. Wir haben mittlerweile 13 Echos bekommen. Und haben bei den Verleihungen durchaus festgestellt, dass wir ganz besonders von Musikgrößen voll respektiert werden. Und akzeptiert. Das sieht halt jeder anders. Es steht jedem frei, wir drängen uns nicht auf.
T-Shirts, Kappen, CDs, Taschen, Kalender, Teddys, Feuerzeuge, und auch noch Pferde: Es gibt kaum etwas, was unter dem Namen der Kastelruther Spatzen nicht verkauft wird. Was würden Sie unter gar keinen Umständen verkaufen?
Rier: Drogen. Und Zigaretten. Ich bin extremer Nichtraucher. Das andere ist Merchandising, das ist gang und gäbe. Und das mit den Haflingern (lacht), ja, das mach ich ja nur für mich.
Sie geben so viele Konzerte. Wie bereiten Sie sich zum Beispiel auf Bayreuth vor?
Rier: Das ist sogar unser erster Tag in dieser Tournee. Wir sind schon am Mittwoch angereist, für die Generalprobe. Um zu sehen, ob alles passt. Bühne, Licht, Sound – das muss alles gut aufeinander eingestellt sein. Mein Sohn, der Alexander, ist auch dabei. Er kommt eher aus dem Schlagerbereich, das ist eine Abwechslung. Jeder Auftritt ist für uns ganz wichtig. Die Leute zahlen Eintritt, wir haben zu schauen, dass sie zufrieden sind. Wenn nach dem Konzert die Leute sagen, es war super, wir freuen uns aufs nächste Mal, dann ist das genau richtig so. Und es macht keinen Unterschied, wo wir spielen, ob in Bayreuth oder in Norddeutschland.
Sie sprechen Südtirolerisch. Verstehen die Menschen in Norddeutschland Sie überhaupt?
Rier: Ja, klar. Wir haben viele Fans auch in den neuen Bundesländern, und auch im Norden. Es ist so: Die Leute sparen, sie schauen keine zehn Konzerte im Jahr mehr an, sondern vielleicht noch fünf. Dennoch merkt man, dass die Leute sich in die Musik flüchten, wenn es ihnen schlechter geht. Sie wollen entspannen, abschalten. Das ist wie eine Therapie.