Friedliche Proteste in Bayreuths Partnerstadt Tekirdag Wir bleiben, bis Erdogan weg ist

Von Ulrike Schuster
Treffpunkt Tuglali-Platz: Jeden Abend um 21 Uhr treffen sich hier Tausende Menschen zum friedlichen Protest. Es geht 
ihnen um Bürgerrechte, Demokratie und Rechtsstaat – und vor allem eines: Weg mit Erdogan. Foto: red

Sie wollen ihre Meinung sagen, sie wollen ihr Leben selbst bestimmen, sie wollen Medien, die ihre Machthaber hinterfragen, sie wollen einen unabhängigen Rechtsstaat. Diese Träume treiben Zehntausende auf die Straße. In 77 von 81 türkischen Provinzen wird seit Wochen protestiert. Taksim, der umkämpfte Platz in Istanbul, ist überall – auch in Bayreuths Partnerstadt Tekirdag.

 
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Der Alltag sei ruhig, die Proteste friedlich, sagt Menan Yildirim, der Mann, der vor vielen Jahren die Partnerschaft mit seiner türkischen Geburtsstadt initiiert hat: Die jungen Menschen gehen ihrer Arbeit nach, die Alten sitzen in Teestuben, spielen Karten, diskutieren über die politische Situation im Land, sinnieren über die Zukunft, einer freiheitlich-demokratischen. Abends herrsche Aufbruch: Dann pilgerten die Studenten, Arbeiter, die Hausfrauen, die Geschäftstüchtigen zum Tuglali-Platz, Versammlungsort für den Protest. Von dort aus ziehen die Menschen durch die Straßen, trommelnd, ihre Transparente hoch haltend, mit Forderungen nach einer anderen Türkei. Um ein Uhr nachts sei alles vorbei. Ohne Blutvergießen, Tränengas, Wurfgeschosse.

Kein islamistisch-konservativer Lebensstil

Das ist die Situation, die Menan Yildirim aus Tekirdag schildert – Bayreuths Partnerstadt, 150 Kilometer westlich von Istanbul. „Die Leute nennen Erdogan den zweiten Hitler“, sagt er. Sie wollten nach Westen, zur Demokratie, nicht nach Osten in den Islamismus, so Yildirim. Der Rentner, der seit Jahrzehnten in Bayreuth lebt, hält sich seit dem 31. Mai, seit der brutalen Räumung des Protest-Camps im Gezi-Park von Istanbul – in Tekirdag auf.

Er erzählt von enthusiastischen Menschen in einer liberalen Stadt, Menschen, die es leid sind, sich einen islamistisch-konservativen Lebensstil aufzwingen zu lassen: Ein Leben ohne Alkohol, in dem jede Frau drei Kinder gebären soll, wo Verliebte sich in der Öffentlichkeit nicht küssen dürfen, in dem Frauen keinen Lippenstift, keine Nagellackfarbe in Rot und Pink tragen dürfen. „Wir lassen uns nichts mehr von Erdogan diktieren. Erst recht nicht, nach Hause zu gehen. Wir bleiben, bis er geht“, sagt Yildirim.


Den ausführlichen Bericht lesen Sie in der Dienstag-Ausgabe (18. Juni) des Nordbayerischen Kuriers.

Foto: privat

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