Friedensgespräche für Syrien beginnen

Seit fünf Jahren tobt in Syrien ein Bürgerkrieg. Hier das Bild eines zerstörten Viertels in Douma. Foto: dpa Foto: red

Seit fünf Jahren tobt in Syrien ein Bürgerkrieg - ein Ende ist nicht in Sicht. Neue Verhandlungen zwischen Regime und Opposition sollen das Unmögliche möglich machen. Doch die Erwartungen sind gering.

 
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Viel Zeit zum Luftholen wird UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura in dieser Woche nicht gehabt haben. Bis zum Schluss wurde um die neuen Friedensgespräche in Genf gefeilscht, gestritten und gerungen. Diplomaten und Regimegegner schickten auf der Suche nach einer Einigung Emails um die Welt und telefonierten. Außenminister übten Druck aus. Und die in der saudischen Hauptstadt Riad ansässige Opposition diskutierte tagelang, ob sie an den Verhandlungen mit dem Regime teilnehmen soll. Das Gezerre stellte einmal mehr unter Beweis, wie schwer die Suche nach einem Frieden für Syrien sein wird.

An diesem Freitag will De Mistura die lange erwarteten Gespräche endlich beginnen lassen. Dabei war bis kurz vor Beginn nicht einmal klar, wer alles in Genf dabei sein wird und wer für die Opposition am Tisch sitzt. Das von mehreren Gruppen der zersplitterten Regimegegner gebildete Verhandlungskomitee in Riad verlangte das alleinige Recht, die Vertreter der Opposition zu berufen. Doch Russland - als enger Verbündeter des Regimes - stellte eine eigene Liste auf. De Mistura selbst beteuerte, er wolle ein möglichst breites Spektrum von Oppositionellen einladen. Einzelheiten aber nannte er nicht.

Nach den Streitigkeiten im Vorfeld sind die Erwartungen an die Verhandlungen zwischen dem Regime von Präsident Baschar al-Assad und seinen Gegnern weiter gesunken. Eine Eröffnungszeremonie wird es nicht geben. Überhaupt sind die Gräben so tief, dass De Mistura mit beiden Seiten zunächst «Annäherungsgespräche» führen will. Soll heißen: Für Verhandlungen über die Hauptstreitpunkte muss der UN-Vermittler erst einmal den Boden bereiten.

Wie schon bei den gescheiterten Verhandlungen vor zwei Jahren werden die tief verfeindeten Seiten am Anfang nicht einmal Auge in Auge miteinander sprechen. Stattdessen will De Mistura mit einer Art «Pendeldiplomatie» zwischen den Parteien vermitteln, die in unterschiedlichen Räumen platziert werden. Kompliziert sind die Verhandlungen auch deswegen, will so viele syrische und internationale Konfliktparteien im Hintergrund mitmischen. Der UN-Vermittler rechnet damit, dass die Friedensgespräche sechs Monate dauern. Für die erste Runde hat er zwei bis drei Wochen eingeplant.

Dabei hat die internationale Gemeinschaft einen ehrgeizigen Fahrplan ausgearbeitet. Nach fünf Jahren Krieg mit mehr als 250 000 Toten und Millionen von Flüchtlingen sollen die Verhandlungen den Weg für eine politische Lösung bahnen. Innerhalb von sechs Monaten soll eine Übergangsregierung stehen; innerhalb von 18 Monaten sollen die Syrer in freien Wahlen unter UN-Aufsicht über das weitere Schicksal des Landes entscheiden. Sollte dieser Fahrplan tatsächlich eingehalten werden, käme das einem «Wunder von Genf» gleich.

De Mistura wird es am Anfang darum gehen, eine umfassende Waffenruhe und mehr Hilfslieferungen für notleidende Syrer auszuhandeln. Entscheiden wird sich das Schicksal der Gespräche aber an einer anderen Frage: Was wird aus dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad? Die Opposition schließt jeden Kompromiss aus, der ihn an der Macht lässt. Selbst wenn die Regimegegner einer Lösung mit Assad unter internationalem Druck zustimmen sollten, könnten sie diese kaum durchsetzen - keine Rebellengruppe dürfte bereit sein, einer Einigung ohne den Sturz des Machthabers zuzustimmen. Das Regime und seine Unterstützer Russland und Iran wiederum halten treu an Assad fest.

Dementsprechend pessimistisch zeigt sich Andrew Tabler, Syrien-Experte vom Washington Institute for Near East Policy. «Ich kann niemanden erkennen, der den Bürgerkrieg beendet», sagt er. «Jeder erklärt, dass er ein Ende des Krieges möchte. Aber jede Seite bleibt bei ihren Maximalforderungen.»

De Mistura weiß, dass die Verhandlungen einem Aufstieg auf einen Berg gleichen, wie er am Montag sagte. Während der nächsten Wochen würden viele die Gespräche aus Protest verlassen und später zurückkehren. «Wir sollten uns davon nicht beeindrucken lassen und nicht deprimiert sein», riet der UN-Vermittler. «Wichtig ist, dass wir das Momentum behalten.»

dpa

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