Fortbildung zur Haushalts-Fachkraft Modern und zeitgemäß

Was willst du denn damit? Eine Frage, die sich die Teilnehmerinnen an der einsemestrigen Fachschule für Ernährung und Haushaltsführung durchaus schon mal anhören müssen. Dabei sei die anderthalbjährige Fortbildung ausgesprochen modern und zeitgemäß, betonen Absolventinnen.

 
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Bayreuth - Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Ernährung, Ausbildungskompetenzen, Grundlagen der Unternehmensführung, Karrierechancen – Christa Reinert-Heinz, die an der Landwirtschaftsschule in Bayreuth die Abteilung Hauswirtschaft leitet, listet eine ganze Reihe von Punkten auf, die in der Fachschule vermittelt werden. Inhalte, die seit der Einführung Anfang der 90er-Jahre immer wieder an den gesellschaftlichen Wandel angepasst worden seien.

Zwei Vormittage, 660 Unterrichtsstunden

Nicole Friedel-Kießling und Miriam Neumüller sind zwei von zwölf Absolventinnen des gerade abgeschlossenen Jahrgangs und damit frischgebackene Fachkräfte für Ernährung und Haushaltsführung– mit besonders guten Noten. Seit September 2019 lief der Kurs, zweimal pro Woche vormittags, einmal Theorie, einmal Praxis, insgesamt 660 Unterrichtsstunden. Und während der Lockdowns natürlich auch digital, sagt Friedel-Kießling. Was trotz aller Schwierigkeiten die Medienkompetenz enorm gestärkt habe.

Die 30-Jährige ist Semestersprecherin, stammt selbst von einem Bauernhof und bewirtschaftet jetzt mit ihrem Mann einen Schweinezuchtbetrieb in Gefrees. Sie hat – wie es so schön altmodisch heißt – ebenso eingeheiratet wie Miriam Neumüller (27) das beim Milchviehhof ihres Lebensgefährten in Plankenfels demnächst tun wird. Doch bis zur Geburt ihres jeweils ersten Kindes waren beide ganz anders unterwegs; Friedel-Kießling als Groß- und Außenhandelskauffrau, Neumüller als Industriekauffrau.

Berufsausbildung als Zugangsvoraussetzung

Damit erfüllen sie die entscheidende Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme an der Fachschule, nämlich einen Berufsabschluss außerhalb der Hauswirtschaft. Neumüller hatte, bevor sie ihren Lebensgefährten kennenlernte, nichts mit Landwirtschaft zu tun. Wie überhaupt im Schnitt zwei Drittel der Kursteilnehmerinnen, betont Reinert-Heinz und zählt auf, dass sich unter den aktuellen Absolventinnen auch eine Sozialpädagogin, eine Friseurin, eine Ergotherapeutin und eine Justizvollzugsangestellte befinden. Für Reinert-Heinz ein unschätzbarer Vorteil, denn: „Die Frauen profitieren von den völlig unterschiedlichen Hintergründen der anderen, weil jede von ihnen andere Kompetenzen einbringen kann.“

Top-Trends

Die weit verbreitete Ansicht, dass Haushalt doch jeder kann, werde in der Fachschule schnell widerlegt, sagen Neumüller und Friedel-Kießling – zumal die Lehrinhalte weit darüber hinausgingen. Immer wieder habe es Überraschungen gegeben. Ganz banal etwa: Was man bei der Dosierung von Waschmittel falsch machen kann und wie man bei richtiger Handhabung die Umwelt schont. Sie hätten gelernt, modernste Haushaltsgeräte zu bedienen. Eine verschlissene Jeans sei zu einer Handtasche umgearbeitet worden – Upcycling heißt das heute. Oder wie man sich regional, saisonal und gesund ernährt und was man dazu im eigenen Garten anbauen kann. Alles Top-Trends.

Vermittelt werden aber auch Fähigkeiten der Unternehmensführung und -organisation, in Finanzfragen oder durch den Erwerb der Ausbilderberechtigung in Menschenführung, sagt Reinert-Heinz. Und die Persönlichkeit werde geformt, zum Beispiel durch freies Reden die bei der einen oder anderen zunächst durchaus vorhandene Schüchternheit abgebaut.

Karrierechancen

Gute Grundlagen, die auch für die vielen möglichen Weiterbildungsmöglichkeiten genutzt werden könnten: wie etwa Meister der Hauswirtschaft, Techniker sowie Betriebswirt für Ernährung und Versorgungsmanagement oder auch zur Dorfhelferin. Mit zum Teil beachtlichen Karrierechancen so Reinert-Heinz – neben der Führung großer Privathaushalte etwa auch im mittleren Management von Senioreneinrichtungen, Großkantinen, Hotels und Gastronomiebetrieben oder als selbstständiger Dienstleister und Berater.

Bleibt die Frage, warum Hauswirtschaft nach wie vor so ein Frauending ist. „Die klassischen Rollenmuster sind in vielen Köpfen schon noch drin“, räumt Reinert-Heinz ein, auch wenn es mittlerweile auch den einen oder anderen männlichen Teilnehmer gebe. Doch Nicole Friedel-Kießling und Miriam Neumüller betonen vehement, dass sich die Zeiten ändern – auch auf den Bauernhöfen. „Es geht heute gar nicht anders, als dass jeder jedem hilft. Mein Mann weiß längst, wie die Waschmaschine funktioniert“, sagt Friedel-Kießling und ergänzt lachend: „Und ich muss ja auch raus in den Stall und aufs Feld. Deshalb habe ich noch den Führerschein für die ganz großen Traktoren gemacht. Von wegen Rollenklischees.“

INFO

Im September beginnt an der zum Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gehörenden Landwirtschaftsschule die nächste Ausbildung zur Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung. Informationen auch unter www.aelf-by.bayern.de.

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