Fichtelbergs Bürgermeister hatte bei mehreren Eilentscheidungen den Gemeinderat übergangen Landratsamt rügt Castros „rechtswidriges Verhalten“

Von Andreas Gewinner
Hat laut Landratsamt den Gemeinderat missachtet: Bürgermeister José-Ricardo Castro Riemenschneider. Foto: Ronald Wittek Foto: red

„Rechtswidriges Verhalten“ hat das Landratsamt Bayreuth Fichtelbergs Bürgermeister José-Ricardo Castro Riemenschneider attestiert. Es geht um Entscheidungen Castros, bei denen der Gemeinderat übergangen wurde.

 
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Die Zahl der Dienstaufsichtsbeschwerden aus den Reihen der CSU gegen Castro in den vergangenen fünf Jahren lässt sich kaum noch an einer Hand abzählen. Teils bekam Castro Recht, teils befanden die Juristen im Landratsamt, dass die Beschwerde der CSU berechtigt war. Nicht ohne die Fichtelberger Opposition wissen zu lassen, dass permanente Dienstaufsichtsbeschwerden nicht das Mittel der Wahl in der politischen Auseinandersetzung sind, dass die Dienstaufsicht im Landratsamt nicht Arena für lokalpolitische Grabenkämpfe sein kann.

Doch die jüngste Dienstaufsichtsbescherde aus den Reihen der CSU - vielmehr: die Antwort aus dem Landratsamt - hat es in sich. Mit bisher nicht dagewesener Deutlichkeit attestiert das Landratsamt dem Fichtelberger Bürgermeister „rechtswidriges Verhalten“.

Worum geht es?

Worum geht es? Anfang Oktober bat CSU-Gemeinderätin Marianne Specht die Dienstaufsicht im Landratsamt, eine Reihe von Entscheidungen zu überprüfen, die Castro ohne Einbeziehung des Landratsamtes gefällt hatte.

Im Detail geht es um eine Auftragsvergabe für die Statik an der sanierungsbedürftigen Brücke in der Heinrich-Lindner-Straße, ein angeblicher Beschluss über Funkalarmierung, der in einer Gemeinderatssitzung gefallen sein soll an einem Tag, an dem gar keine Gemeinderatssitzung stattgefunden habe, ferner eine Überweisung von 165.000 Euro von der Gemeinde an die Abwasser GmbH AWF. Schließlich bat Specht, die Tatsache zu prüfen, dass ein Antrag der CSU-Fraktion vom 12. August in der damaligen Sitzung nicht verlesen werden durfte. Und von Castro in den folgenden beiden Sitzungen (17. und 24. September) nicht wie in der Gemeindeordnung vorgeschrieben auf die Tagesordnung kam. Die CSU hatte beantragt, die Kündigung des Schulverbundes mit Mehlmeisel zurückzunehmen.

Castro wurde daraufhin vom Landratsamt um Stellungnahme gebeten, was er auch tat. Und insbesondere die Eilbedürftigkeit der erwähnten Entscheidungen ausführlich begründete. Im Wesentlichen ging es um die Wahrung finanzieller Vorteile.

"Zwar nachvollziehbar"

Für das Landratsamt offenbar nicht überzeugend. Die angeführten sachlichen Gründe für die Dringlichkeit seien zwar „nachvollziehbar“, so die Kreisbehörde. Der Bürgermeister sei allerdings „nur berechtigt, ausnahmsweise in Eilfällen anstelle des Gemeinderats zu entscheiden“. Und dies nur, „wenn eine Maßnahme nicht ohne erhebliche Nachteile für die Gemeinde, für die Allgemeinheit oder für die Beteiligten aufgeschoben werden kann“. Entgegen der Geschäftsordnung der Gemeinde (die eine Gemeinderatssitzung generell jeden zweiten Dienstag eines Monats festlegt) hatte zwischen dem 18. Juni und dem 17. September keine Gemeinderatssitzung stattgefunden. Eine solche hätte aber, zur Not auch mit verkürzter Ladungsfrist oder ersatzweise durch den zweiten Bürgermeister, stattfinden können. „Bürgermeister Castro Riemenschneider wurde in einem rechtsaufsichtlichen Gespräch ausdrücklich darüber belehrt, dass die getroffenen Entscheidungen (...) als rechtswidrig zu betrachten sind, da sie in die Kompetenz des wichtigsten Gemeindeorgans, nämlich des Gemeinderats, eingreifen.“

Zu dem verschleppten CSU-Antrag hät das Landratsamt fest, dass „derartige Anträge von Gemeinderatsmitgliedern grundsätzlich in der nächsten Gemeinderatssitzung, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten zu behandeln sind. Dabei darf keine materielle Vorprüfung stattfinden, d. h. der Antrag ist so auf die Tagesordnung zu setzen, wie er gestellt wird.“ Dies sei erst in der Sitzung am 21. November erfolgt, und zwar im nichtöffentlichen Sitzungsteil. „Die nichtöffentliche Behandlung wurde rechtsaufsichtlich ausdrücklich beanstandet“, hält das Landratsamt fest, „ein Rechtsgrund dafür ist nicht erkennbar“.

Und hier schließt sich der Kreis zur ersten Dienstaufsichtsbeschwerde der CSU gegen Castro. In der ging es nämlich um das selbe Thema: Dass Anträge der CSU nicht auf die Tagesordnung des Gemeinderats kommen.

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