Feuerwehr: Kritik an der Führung

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Archivbild: red Foto: red

Die Feuerwehren haben einen erklärten Feind. Das ist der demografische Wandel, der ihnen Sorgen um den Nachwuchs bereitet. Die Feuerwehren haben aber noch einen anderen Feind. Der wuchert in ihrer Mitte. Das sind die Bürokratie und die hierarchische Führung. Beide machen den Aktiven das Leben schwer.

 
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Bürgermeisterin Karin Barwisch verließ das Vereinsheim des SV Krögelstein am Freitagabend erleichtert wie nie. Die Hollfelder Bürgermeisterin wirkte sogar glücklich. Hinter ihr lag ein Jahr des Ringens um die Feuerwehr. Ausgerechnet in ihrem Wohnort. Erst in der fünften Versammlung am Freitag gelang es, das Ende der kleinen Ortswehr abzuwenden. „Überlegt euch das noch mal“, hatte Barwisch die 27 Aktiven beschworen. Die aus Weidenberg angereiste Kreisbrandinspektorin Kerstin Schmidt appellierte genauso geschickt: „Geht noch einmal in euch“. Den beiden Frauen gelang am Ende das, vor dem die männliche Feuerwehrspitze längst kapituliert hatte. Barwisch und Schmidt drehten die Stimmung.

Unmut und Groll

In den zurückliegenden Jahren wuchsen Unmut und sogar Groll unter den Aktiven. Unmut über das immer kompliziertere Löschwesen. Groll über die immer höheren Anforderungen, die die Feuerwehrführung an die Ehrenamtlichen stellt. Da hatte keiner mehr die Kraft, das Amt des Kommandanten zu übernehmen. „Wer soll das noch leisten“, hieß es am Freitagabend unter den Aktiven. „Früher war uns die Verantwortung gar nicht so klar: Wer einen Fehler macht, der muss dafür haften.“ Und über die Führungskräfte: „Wie die auftreten. Die sollen erst Mal runter vom hohen Ross.“

Führungsstil kommt nicht an

So, wie die Aktiven in Krögelstein denken, empfinden auch andere Feuerwehrleute. Sie stören sich am Führungsstil der Feuerwehrspitze. Die Aktiven fühlen sich zudem von Vorschriften, Hierarchie und Erwartungen der Spitzenfunktionäre überfordert. Vor wenigen Tagen platzte in Neuenmarkt dem Kassier Martin Kaiser der Kragen. Während der Jahresversammlung richtete Kaiser kritische Worte an den Feuerwehrverband. Seiner Meinung nach werden vom Verband nicht alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Feuerwehren und der Aktiven ausgeschöpft.

75 Wehren aufgelöst

So habe auch der Verband nicht verhindern können, dass in den vergangenen fünf Jahren wieder 75 Wehren aufgelöst wurden: „Einsatz gegen den immer größer werdenden Bürokratismus sucht man beim Verband vergeblich. Der Idealismus der Aktiven wird eher behindert als unterstützt“, so Kaiser. Der Verband sorge mehr für Funktionäre als für die Mitglieder und Aktiven.“

Nach Angaben des Landesamtes für Statistik soll es 2031 fast 15 Prozent weniger Feuerwehrmitglieder geben als 2011. Grund sei der demografische Wandel. Die Gesamtzahl werde sich um 55000 Menschen verringern. Während der Rückgang in Oberbayern nur bei 3,7 Prozent liege, sollen es in Oberfranken sogar 23,4 Prozent sein. Die geburtenstarken Jahrgänge sind inzwischen über 60 Jahre alt und scheiden aus dem aktiven Dienst aus.

Bei der Feuerwehr fehlt eine Generation

„Uns in Krögelstein fehlt eine ganze Generation“, sagt ein Feuerwehrmann, während des Werbens der Kreisbrandinspektorin fürs Kommandantenamt. „Da steht keiner auf verlorenem Posten“, sagt sie. Die Arbeit des Kommandanten könne man auf mehrere Schultern verteilen. Keine Erleichterungen könne es jedoch bei Übungen und Lehrgängen geben. „Ausbildung muss sein“, sagte sie. Und das unterstrich auch der Kommandant der Hollfelder Stützpunktwehr Mario Scholz. „Wir brauchen eine einheitliche Ausbildung.“

Schließlich schaltet sich noch Michael Schulz von der Feuerwehr Wiesentfels-Loch ein: Die allgemeine Ausbildung lasse sich über einen längeren Zeitraum strecken. „Das ist kein Hexenwerk“, so seine Worte.

Appelle fruchten nicht

Doch all die Appelle fruchten zunächst nicht. Bürgermeisterin Barwisch ruft zur Aussprache auf, doch die Aktiven schweigen weiter. Dann setzt Barwisch zur Seelenmassage an. Krögelstein sei schwer erreichbar, die Ortswehr sei Selbstschutz und da seien die eigenen Häuser. Da dürfe man sich nicht zurücklehnen und erwarten, die Nachbarwehren würden schon einspringen.

An der Ehre gepackt

Diese Worte kratzten den Aktiven offenbar an der Ehre. Jedenfalls brach der 38 Jahre alte Kevin Schulz die Stille. Er sei zwar erst 2010 nach Krögelstein gezogen und kenne noch gar nicht alle Hausnummern. Er habe fast zwei Jahre bei der Jugendfeuerwehr in Hollfeld mitgemacht. Dort sei er nach zwei Jahren wieder ausgetreten, weil von ihm verlangt wurde, er solle sich seinen Pferdeschwanz abschneiden. Das Amt des Kommandanten würde er schon übernehmen. Aber bisher habe ihn noch niemand gefragt, so Schulz ganz offen. „Der passt“, rutschte es einem der Älteren heraus.

Wenig später ist auch ein Stellvertreter gefunden. Den Posten übernimmt Wolfgang Kießling. Und für den Feuerwehrverein finden sich anschließend Thomas Kießling und Thorsten Weiß.

Alle sind erleichtert. „Ans Aufhören denkt hier keiner“, sagt einer der Ehrenamtlichen. Nur den Kommandanten wollte keiner mehr machen. Bürgermeisterin Barwisch verabschiedet sich. „Wir sind für uns verantwortlich“. Und sie räumt ein: „Ich hätte nicht gewusst, wie wir das ohne Kommandanten auf die Reihe bringen sollten.“ Die Auflösung der Ortswehr ist abgewendet. Das es gelingt, glaubte keiner mehr. „Ich bin schon überrascht“, sagt einer der Älteren.

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