Felix – Der Glückliche 650-Gramm-Frühchen verlässt gesund die Klinik

Nach gut fünf Monaten haben es Felix und seine Eltern mit Hilfe des Teams der Kinderklinik des Klinikums Bayreuth mbH geschafft. Sie dürfen nach Hause. Felix war bei der Geburt nur 650 Gramm schwer. Foto: Klinikum Bayreuth

Im Bayreuther Klinikum kommt Felix viel zu früh auf die Welt. In den nächsten fünf Monaten stehen Mutter Miriam und Vater Mathias zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Jetzt konnte Felix entlassen werden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

650 Gramm wiegt Felix als er auf die Welt kommt. So viel wie ein Blumenkohl. Am 14. Dezember 2021 bekommt Mutter Miriam Oehming völlig überraschend Wehen. In der 25. Schwangerschaftswoche. Die Ärzte des Klinikums Bayreuth versuchten, die Geburts hinauszuzögern. Doch Felix will raus in die Welt.

Felix „rutscht“ in nur einer Wehe der Krankenschwester unvorbereitet in die Hände. Die Mutter ist überrumpelt, die Hebamme und Krankenschwestern übernehmen blitzschnell . Sie bringen Felix in die Kinderklinik, dort versorgen ihn die Ärzte auf der Intensivstation.

Felix, lateinisch für „der Glückliche“, überlebt. Mutter Miriam und Vater Mathias Oehming hatten den Namen für schon seit Wochen ausgewählt. Dass er so gut passen würde, war da noch nicht klar.

Sein erstes Weihnachten, sein erstes Neujahr, die kommenden fünf Monate verbringt der Kleine im Krankenhaus. „Anfangs war Felix‘ ganze Hand nur so groß wie der Daumennagel meines Mannes“, erinnert sich Miriam Oehming.

Sein Zustand ist mehr als kritisch und wird es auch über eine lange Zeit bleiben. Miriam Oehming und ihr Mann blenden das größtenteils aus, sie funktionieren nur noch. „Ich habe mich in dieser Zeit vor allem darauf konzentriert, was mein Kind braucht, was ich tun kann und wie ich ihn unterstützen kann.“

Die beiden entscheiden, nicht über Nacht in der Klinik zu bleiben. Sie verbringen jeden Tag mehrere Stunden in der Klinik, nehmen sich aber auch Auszeiten daheim. Den jungen Eltern ist klar: Sie werden ihre Kraft brauchen. „Die Ärzte haben uns nichts vorgemacht. Manche Wahrheiten müssen einfach ausgesprochen werden. Auch wenn sie hart sind“, sagt die Mutter.

Fünf Monate lang nur Angst

Die kleine Familie durchlebt in den nächsten fünf Monaten die Hölle: Nach der Geburt stabilisiert Felix sich zunächst, die Lunge entwickelt sich aber zögerlich. Klar wird auch schnell: Seine Kreislaufsituation ist schwierig. Was für ungeborene Kinder zur Versorgung im Mutterleib unerlässlich ist und sich normalerweise binnen Stunden oder Tagen bei Neugeborenen verwächst, ist für Felix nun ein lebensbedrohliches Problem. Wenn er eine Chance haben soll, muss er schnellstmöglich operiert werden, trotz des Risikos für den so kleinen Körper.

Das Herz übersteht die Operation gut, aber Felix‘ Lunge ist schwach. Sie ist unterentwickelt. Von nun an ist er wieder voll auf die Beatmung angewiesen und hängt monatelang am Beatmungsgerät. In der Folge beginnt die Netzhaut der Augen sich abzulösen. Die nächste OP. Dann wieder aufatmen. Er wird sehen.

Zur besonderen Belastungsprobe für die Familie wird der Januar. Miriam und Mathias erkranken an Corona. Der tägliche Besuch bei Felix wird unmöglich. Kontakt halten die Eltern über das Telefon. Schnell wird deutlich, wie sehr Felix seine Eltern vermisst. Er muss die Nähe seiner Mutter spüren. Obwohl sich die Pflegekräfte rührend um den kleinen Mann kümmern, geht es ihm zusehends schlechter. Felix ist mittlerweile der Liebling auf der Kinderstation. „Die Schwestern und Ärzte haben uns nichts verschwiegen. ‚Wir stehen mit dem Rücken zur Wand‘, haben Sie gesagt.“ Dann die erlösende Nachricht: Die Corona-Erkrankung ist ausgestanden und in der Nähe seiner Eltern erholt sich Felix langsam aber stetig. Das macht auch den Eltern Mut.

Dann steht das erste Mal die Möglichkeit einer Entlassung im Raum. Die Ärzte legen jedoch ein großes Veto ein: Es geht nur mit Hilfe von Monitorüberwachung und Sauerstoff-Zufuhr. Doch sie sollten nicht Recht behalten. Wieder ist Felix der Glückliche. Als er das Klinikum mit seinen Eltern verlässt, liegt er zufrieden in seinem Babysafe, Miriam und Mathias Oehming wirken entspannt. „Sie sind in den vergangenen Wochen richtige Spezialisten geworden, wenn es um ihr Kind geht“, sagt Dr. Winfried Rauch, Leitender Oberarzt in der Kinderklinik und im Perinatalzentrum des Klinikums Bayreuth.

Er betreute die Familie von Anfang an. Spezialisiert ist er auf Neugeborene – auch auf die kleinsten unter ihnen. Ihm ist die Erleichterung anzusehen, wenn er über Felix’ Entlassung spricht: „Noch vor drei Wochen haben wir diesen Tag nicht konkret vor Augen gesehen“, sagt er. Und er bleibt ehrlich: „Wir wissen nicht, wie die Entwicklung weitergehen wird. Aber die Voraussetzungen sind besser, als es zu hoffen und abzusehen war.“ Felix habe beinahe alles an Komplikationen „mitgenommen“, was bei so früh geborenen Kindern auftreten kann. „Aber die wirklich schlimmen Dinge, die hat er glücklicherweise dann doch ausgelassen.“

Das Pflegeteam bleibt an Felix’ Seite

Rückblickend denkt Miriam Oehming an die Schwestern und Pflegern, die ihren Felix umsorgt haben. Sie habe Riesenglück gehabt, „dass in diesem Moment eine Schwester und eine Hebamme nach mir sahen und ich nicht alleine war.“ Alle in der Kinderklinik seien bereits über Felix schwierige Geburt informiert gewesen und hätten sich so schnell wie möglich um ihn gekümmert.

Auch die Ehrlichkeit des Krankenhauspersonals weiß Oehming zu schätzen. „Wir hatten zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, dass unser Kind hier in den besten Händen ist. Viele der Ärzte und Pflegekräfte sind uns in dieser Zeit sehr ans Herz gewachsen. Sie waren eine große Hilfe und Stütze für uns.“

In den kommenden Wochen werden die Krankenschwestern die junge Familie daheim unterstützen. Die Organisation „Bunter Kreis“ organisiert diese Nachsorge, die es speziell für früh geborene und Kinder mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen gibt. Die Pfleger passen auf, dass Felix’ Werte stimmen. Sie wollen ihm den Start ins Familienleben erleichtert. Damit die Oehmings nun genießen können, worauf sie so lange warten mussten: Die erste gemeinsame Zeit daheim – glücklich.

Autor

Bilder