Fairtrade in Bayreuth Ein Siegel für mehr Nachhaltigkeit in Stadt und Schule

Im Franz & Gloria Foto: Andreas Harbach

Nachhaltiger Konsum und gerechte Handelsstrukturen: Dafür will sich in Zukunft die Stadt Bayreuth stark machen. Nach einem Festakt im Cineplex darf sie sich zusammen mit dem Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium (MWG) jetzt Fairtrade-Town nennen.

 
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Weltweit bekennen sich bereits 2000 Kommunen in 28 Ländern zu Nachhaltigkeit und fairem Handel. Damit übernehmen sie soziale Verantwortung und sind Vorbild für ihre Bürger. Sie orientieren sich damit zudem an den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen und der Agenda 2030. Dabei geht es zugleich darum, sich zu vernetzen und auszutauschen sowie Partnerschaftsprojekte im globalen Süden zu entwickeln.

Ein Siegel kann nicht schaden

Wie CSU-Oberbürgermeister Ebersberger in seiner Begrüßung feststellte, habe sich die Stadt anfangs etwas schwer getan mit dem Zertifizierungsprozess. „Wir machen das ja sowieso“, habe man gedacht. Und dann noch einmal so viel Bürokratie? Doch der Stadtrat hatte letztlich dem Antrag von Zweitem Bürgermeister Andreas Zippel (SPD) zugestimmt. „Das Siegel ist ein breiteres Bekenntnis“, sagte Ebersberger. „In Deutschland ist ein Siegel immer besser, als wenn man keines hat.“

Den Wohlstand gerechter verteilen

So wie das Fairplay im Sport gelte, sollte es auch in der Wirtschaft zum Tragen kommen, so der Oberbürgermeister. Waren sollten fair erzeugt werden und Menschen für ihre Arbeit „ein vernünftiges Geld“ erhalten. Damit könnten vor Ort bessere Lebensverhältnisse geschaffen werden. Fairtrade könne dazu beitragen, den Wohlstand global besser zu verteilen. In Bayreuth seien das WWG, die FOS/BOS und die Universität bereits dabei. „Doch da ist noch Luft nach oben“, stellte Ebersberger fest.

Weiterer Ausbau der Fairtrade-Angebote

Moderator und Grünen-Stadtrat Klaus Wührl-Struller stellte die 18 Mitglieder der Steuerungsgruppe vor. Nach einem positiven Ratsbeschluss und dem Angebot von fair gehandeltem Kaffee und Tee im Büro des Oberbürgermeisters und in den Sitzungen des Stadtrates war die Gruppe gebildet worden. Diese koordinierte die weiteren Aktivitäten und gewann Partner aus der Geschäftswelt und Gastronomie und Hotellerie. 15 Partner mit mindestens zwei Produkten im Handel und acht im Hotel- und Gastgewerbe sind nach einer Grafik schon vorhanden. Fairtrade soll aber noch weiter in Schulen, Vereinen, Kirchen und öffentlichen Einrichtungen ausgebaut werden.

Dem Gründer von Fairtrade Deutschland und ehemaligen Geschäftsführer, Dieter Overath, war die Begeisterung für das Projekt noch immer anzumerken. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes setzt sich seit Jahrzehnten auch international für fairen Handel ein. Wie bei einem Triathlon sei es bei diesem Thema wichtig, „auf die lange Strecke zu gehen“, sagte Overath in seinem Vortrag.

Die Auswirkungen des Klimawandels wie Starkregen und Überschwemmungen, Dürren und Wasserknappheit spürten die Länder des globalen Südens längst viel stärker. Zuletzt seien 500.000 Tonnen weniger Kakao geerntet worden. Auch Kaffee sei ein wichtiges Produkt, das fair gehandelt werden müsse. „In den neunziger Jahren gab es definitiv keinen Rückenwind dafür“, erinnerte er sich an die Anfänge der Bewegung. Die deutsche Hausfrau wolle keinen Pfennig mehr für ihren Kaffee ausgeben, habe es lange Zeit geheißen.

Discounter setzen ebenso auf fairen Handel

Einen großen Schub bekam der faire Handel, als Discounter wie Rewe und Lidl mit einstiegen. So habe Lidl weltweit seinen Kakaohandel umgestellt. Die Konkurrenten seien dann ebenfalls mit aufgesprungen. „Große Konzerne werden nur zur Veränderung gebracht, wenn sie wirtschaftliche Verluste machen“, sagte Overath.

„Mr. Fairtrade“, wie ihn Wührl-Struller nannte, freute sich über die vielen heimischen Aussteller mit fairen Produkten im Foyer, zum Beispiel die Bad Boyz Ballfabrik aus Aufseß. Auch der Spielvereinigung würde so ein nachhaltiger Fußball sicherlich durchs Tor gehen, so Overath. Wenn alle 3200 Zuschauer im Stadion erreicht würden mit der Fairtrade Botschaft, wäre schon viel gewonnen.

Auch Sportvereine und Hersteller könnten umdenken

Auch die Triathletin Tina Grieger sprach sich für eine fair hergestellte Ausrüstung aus, wenn es sie geben würde. Teure Laufschuhe, die sie nach zwei Marathons wegwerfen müsse, seien nicht optimal. Sie will in Zukunft mehr auf gerecht gehandelte Produkte achten, zum Beispiel bei Schokolade.

Bei Lebensmitteln und Textilien hätten die deutschen Konsumenten ein „Aldi-Gen“. Alles müsse möglichst billig sein, kritisierte Overath. Doch den Preis zahlten die Bauern und Arbeiter in den ärmeren Ländern. Die Wertschätzung für deren Tätigkeit fehle. „Aber Ausbeutung darf kein Marktvorteil sein.“ Und immer weniger jüngere Menschen hätten in diesen Ländern Lust, für wenig Geld zu arbeiten und wanderten lieber aus.

Die Rollläden hochgezogen

Bei der Übergabe der beiden Urkunden lobte Overath die Stadt Bayreuth mit den Worten: „Sie haben die Rollläden hochgezogen und wagen einen wachen, weltoffenen Blick nach draußen.“ Auch die Schülerinnen sollten mit ihrem Einsatz für Nachhaltigkeit nicht nachlassen. Und sie könnten ruhig einmal nachsehen, was für ein Kaffee im Lehrerzimmer getrunken werde. Als Positiv-Beispiele führte er das Saarland und die Stadt Schweinfurt auf, die jedes Jahr die Verpackung einer fairen Stadt-Schokolade von Künstlern oder Jugendlichen gestalten lasse.

In einer Video-Botschaft lobte eine Vertreterin des Entwicklungsministeriums das Bayreuther Engagement. Denn die Kommunen hätten durch ihr Handelsvolumen in Höhe von 300 Milliarden Euro einen großen Einfluss. Wenn sie auf faire Handelsbeziehungen setzten, könnten Armut, Hunger und soziale Ungerechtigkeit in vielen Ländern des globalen Südens bekämpft werden.

Info: Dazu wird am Mittwoch, 8. Mai, 19 Uhr, der Film „Made in Bangladesch“ im Cineplex gezeigt. Danach schließt sich ein Filmgespräch in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Bildungswerk Oberfranken-Mitte an.

Fairtrade

Das Siegel
Garantie für einen festen Mindestpreis, Prämie für Gemeinschaftsprojekte, Verbot von Zwangsarbeit und illegaler Kinderarbeit, keine Diskriminierung, Umweltstandards, die den Einsatz von Pestiziden und Chemikalien beschränken und auf Gentechnik-Saaten verzichten

Das Konzept
Seit 32 Jahren unterstützt der Verein Transfair, Vorgänger von Fairtrade, benachteiligte Produzenten in Entwicklungsländern. Dazu gehören über 30 Mitgliedsorganisationen. Über 3000 Produkte sind in 42.000 Verkaufsstellen verfügbar – in Bioläden, Supermärkte, Discounter, Drogerien, Biomärkte, Weltläden und über 20.000 gastronomischen Betrieben. Infos: www.fairtrade.deutschland.de

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