Expertentipp: Paprika gegen Nikotinsucht

Nie wieder Zigarette: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verrät, wie es geht. Foto: dpa-Archiv Foto: red

Etwa die Hälfte der Raucher in Deutschland will laut Statistik mit dem Rauchen aufhören. Doch von dieser Sucht los zu kommen, ist für viele nicht leicht und braucht oft mehrere Versuche. Experten für Rauchentwöhnung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) berieten in einer Kurier-Telefonaktion Anrufer dieser Zeitung individuell. Hier ihre wichtigsten Tipps:

 
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Wann lässt das Verlangen nach einer Zigarette nach?

Rechnen Sie damit, dass es in den ersten drei bis fünf Tagen nach dem Rauchstopp äußerst stark sein kann. Meist kommt es ganz plötzlich, wie ein Schub, dauert aber nur wenige Minuten. Auf diese Situationen sollten Sie sich vorbereiten. Bewährt hat sich, den Griff zur Zigarette durch eine neue Art von Beschäftigung zu ersetzen: eine kurze Gymnastik, Musik hören, einen Apfel essen. Wenn Sie die ersten Tage überstanden haben, werden Sie feststellen, dass das Verlangen schwächer wird. Nach einigen Wochen ist es in der Regel ganz weg. Aber auch danach sollten Sie weiterhin achtsam sein und sich nicht aus der Bahn werfen lassen, wenn einmal wieder eine solche „Attacke“ auftritt. In der Regel ist dieses Verlangen schwächer und vor allem seltener.

Wie kann ich mich auf Situationen vorbereiten, in denen ich plötzlich ein großes Verlangen nach einer Zigarette bekomme?

Indem Sie ein Raucherprotokoll schreiben. Halten Sie darin alle Situationen fest, die für Sie mit einer Zigarette verbunden sind. Überlegen Sie, wodurch Sie die Zigarette ersetzen, wie Sie über diese kritische Phase hinweg kommen können. Seien Sie gewiss, dass solche „Attacken“ nur wenige Minuten dauern und dann wieder vorbei sind. Notieren Sie auch heikle Situationen, beispielsweise die Raucherpause mit Kollegen. Diese sollten Sie am Anfang am besten meiden.

Ich habe von Skillen gehört, womit man sich gut ablenken kann. Funktioniert das auch, wenn man mit dem Rauchen aufhören will?

Skillen bedeutet, einen Reiz zu setzen, der einen intensiv beschäftigt und daher von anderem, wie dem Verlangen nach einer Zigarette, ablenkt. Beispielsweise kann man sich ein wenig Paprikapulver auf die Zungenspitze geben. Dann sind Mund und Geschmacksnerven eine Weile beschäftigt und in dieser Zeit geht das Verlangen vorüber. Manche nehmen auch Eiswürfel. Probieren Sie aus, was für Sie passt.

Ich will aufhören zu rauchen, bin aber Rollstuhlfahrer und kann Bewegung nur schlecht als Ablenkung nutzen. Gibt es Alternativen?

Versuchen Sie es trotzdem mit Bewegung. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie beispielsweise einen Behindertensportverein. Sollten Sie keinen in Ihrer Nähe haben, können Sie zu Hause beispielsweise Übungen mit kleinen Hanteln machen, diese gibt es in vielen Gewichtsklassen. Um das Herz-Kreislaufsystem zu trainieren, könnten Sie vielleicht einmal ein „Handbike“ - ein Fahrrad, das mit den Händen angetrieben wird - versuchen. Fragen Sie auch einmal bei Ihrer Krankenkasse nach, inwiefern diese ein bestimmtes Training oder ein Sportgerät bezuschussen kann.

Ich habe wieder angefangen, weil ich mich mit Zigarette besser konzentrieren kann. Ich arbeite zu Hause und im Haus herrscht zur Zeit Baulärm, der mich ablenkt. Eigentlich will ich aber gar nicht mehr rauchen …

Vielleicht können Sie versuchen, der Situation zu entkommen, indem Sie vorübergehend woanders arbeiten. Schauen Sie sich um oder sprechen Sie mit Bekannten - es wird sich bestimmt ein Ort finden, an dem Sie ohne Zigarette konzentriert arbeiten können. Manch einer nutzt auch gern die frühen Morgenstunden oder den Abend. Lassen Sie sich nicht von dieser Situation „unterbuttern“, sondern arbeiten Sie möglichst aktiv an einer Lösung. Das Positive daran ist, dass Sie erfahren haben, wie eng „Konzentriert arbeiten“ und „Gestresst sein“ mit dem Rauchen zusammenhängen. Darauf können Sie sich bei Ihrem nächsten Rauchstopp einstellen und in der ersten Zeit auf gute Arbeitsbedingungen und ein möglichst ausgeglichenes Leben achten.

Wann ist der beste Tag, um aufzuhören?

Gut sind zum Beispiel solche, an denen man wenig Stress hat und keine allzu schwierigen Verlockungssituationen auf einen warten. Aber so mancher hat sich auf der Suche nach dem idealen Rauchstopp-Tag verzettelt und immer wieder Gründe gefunden, warum genau dieser Tag nicht geeignet ist. Wichtig ist, den Rauchstopp gut vorzubereiten, damit der erste Tag ohne Zigarette möglichst optimal verläuft.

Ist es normal, dass man als Nichtmehr-Raucher so viel husten muss?

Ja, Husten ist normal. Die Lunge reinigt sich, die Flimmerhärchen müssen den Schleim abtransportieren. Daraus resultiert der Hustenreiz. Besorgen Sie sich Schleimlöser aus der Apotheke und husten Sie sich am Wochenende zu Hause einmal richtig frei. Im Berufsalltag können Sie Bonbons lutschen, möglichst zuckerfreie. Das mindert den Hustenreiz.

Muss man sich wirklich so viele Gedanken um das Aufhören machen? Meine Bekannte hat einfach aufgehört und für sie ist es so, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.

Das Aufhören ist immer eine individuelle Sache. Es gibt viele Raucher, die nach dem Aufhören keinerlei Probleme haben. Aber ebenso viele bekommen es mit Enzugssymptomen zu tun, wie beispielsweise Verlangensattacken. Wenn man sich vorher damit beschäftigt hat, ist man besser darauf eingestellt und weiß mit einiger Sicherheit, was zu tun ist – ob man einen Apfel isst, einen Knetball knetet, Liegestütze oder Atemübungen macht.

Ich kann mir nur schwer vorstellen, zum Kaffee keine Zigarette mehr zu rauchen. Das ist für mich Entspannung pur.

Diese Situation ist damit zu erklären, dass Sie vermutlich über einen langen Zeitraum zum Kaffee eine Zigarette geraucht haben. Diese Verknüpfung hat sich  tief in ihr Gehirn eingegraben. Der Kaffee kann deshalb in der Zeit der Tabakentwöhnung zum Auslösereiz für das Verlangen nach einer Zigarette werden. Es erfordert etwas Zeit, diese gedankliche Verknüpfung von Kaffee und Zigarette zu lösen. Vielleicht können Sie in den ersten Wochen nach dem Ausstieg ein anderes Ritual entwickeln, zum Beispiel indem Sie in Ruhe einen Tee zubereiten und trinken? Oder Sie benutzen eine neue Tasse als Nichtrauchertasse oder verändern den Platz, an dem Sie sitzen oder suchen sich eine neue Sorte Kaffee, wenn Sie keinen Tee mögen.

Wie kommt es, dass viele nach dem Aufhören so launisch oder gereizt werden?

Um das besser zu verstehen, ist es hilfreich, zwischen der psychischen und der körperlichen Abhängigkeit zu unterscheiden. Zunächst zur Psyche: Viele Menschen rauchen vermehrt bei Stress oder bei Belastung. Nach dem Rauchstopp müssen schwierige Situationen ausgehalten oder anders bewältigt werden. Das reibt viele Menschen auf und macht sie reizbar.

Für die körperliche Komponente ist in erster Linie das Nikotin verantwortlich. Es dockt im Gehirn an spezielle Rezeptoren an und stimuliert so die Freisetzung des Botenstoffs Dopamin. Dadurch entsteht ein Wohlgefühl. Davon will man mehr - also wird weiter geraucht. Bekommen die Rezeptoren nach dem Rauchstopp kein Nikotin mehr, kommt es zu Reizbarkeit, Antriebslosigkeit, Bedrücktheit oder innerer Unruhe, mit denen die Aufhörenden zu kämpfen haben.

Ich hatte schon einmal versucht, aufzuhören, musste aber ständig an Zigaretten denken, was mich völlig fertig gemacht hat. Letztendlich fing ich wieder an. Was kann ich beim nächsten Mal anders machen?

Zunächst einmal sollten Sie wissen, dass Verlangensattacken in der Zeit nach dem Rauchstopp völlig normal sind und nicht als Willensschwäche ausgelegt werden sollten. Entspannungs- und Meditationsübungen können Ihnen helfen, sich auf etwas anderes zu konzentrieren – auf die eigene Atmung zum Beispiel – und dadurch zur Ruhe zu kommen. Oder Sie lenken sich ab - am besten mit Tätigkeiten, bei denen Sie unmöglich rauchen können, wie Wasser trinken, Obst essen, Zähne putzen. Sie können sich einen „Notfallzettel“ mit ein paar „Ablenkungsmanövern“ zulegen. Vielleicht hilft Ihnen auch ein Satz, wie: „Gedanken kommen, Gedanken ziehen aber auch weiter“ die Ruhe zu bewahren.

Ich will nicht zunehmen nach dem Rauchstopp. Was empfehlen Sie da?

Bewegen Sie sich drei bis viermal in der Woche eine Stunde lang. Nutzen Sie dabei jede Chance - nehmen Sie die Treppe und nicht den Fahrstuhl, nutzen Sie das Fahrrad und nicht das Auto, gehen Sie zu Ihrer Nachbarin, statt zu telefonieren. Wenn Sie dann noch auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Ballaststoffen und moderatem Konsum von Fett und Zucker achten, können Sie Fettpölsterchen vermeiden.

Kommt COPD vom Rauchen? Bringt es etwas, mit dieser Diagnose noch aufzuhören?

COPD heißt „Chronic Obstructive Pulmonary Disease“, zu deutsch „Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung“. Etwa 90 Prozent der COPD-Erkrankungen sind auf Tabakkonsum zurückzuführen. Jeder fünfte Raucher erkrankt Schätzungen zufolge an einer COPD. Laut Studien haben Frauen offenbar ein höheres Risiko für eine COPD. Allerdings profitieren Frauen auch in besonderer Weise, wenn sie mit dem Rauchen aufhören. Ihre Lungenfunktion verbessert sich schneller und nachhaltiger als bei Männern. Geheilt werden kann die Erkrankung dadurch zwar nicht, aber ihr Fortschreiten kann verzögert werden.

Wie funktioniert der Einsatz von Nikotin bei starken Rauchern, die aufhören wollen?

Es handelt sich um Nikotinersatzpräparate, die gegen die körperliche Abhängigkeit helfen. Mit Sprays, Kaugummis oder Lutschtabletten wird Nikotin über die Mund- oder Nasenschleimhaut, mit Pflastern über die Haut aufgenommen. So gelangt das Nikotin viel langsamer und ohne die anderen schädlichen Stoffe wie Teer oder Kohlenmonoxid ins Blut. Durch eine schrittweise Verminderung der Nikotin-Dosis „schleicht“ man die körperliche Abhängigkeit aus. Die Überwindung der psychischen Abhängigkeit ist hingegen ein längerer Prozess.  Es muss eingeübt werden, die Situationen, die automatisch mit einer Zigarette verknüpft waren, ohne Zigarette zu bewältigen.

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