EuGH-Urteil bittere Pille für Apotheker

Von Peter Rauscher
Sieht den Wettbewerrb verzerrt: Andreas Paul, Inhaber der Mohrenapotheke in Bayreuth. Foto: red Foto: red

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat am Mittwoch die deutsche Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente gekippt, weil sie Versandapotheken im EU-Ausland benachteilige. Der Bayreuther Mohrenapotheker Andreas Paul sieht darin einen  „heftigen Einschnitt“ für die Apotheken in Deutschland. Vor allem auf dem Land.

 
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Der dritte Bezirksvorsitzende des Bayerischen Apothekerverbandes nennt die Folgen des Richterspruchs „paradox“: Ausländischer Versandhandel dürfe auf rezeptpflichtige Arzneimittel künftig Rabatte geben, für deutsche Apotheken gilt dagegen weiter die Preisbindung, sagte Paul dem Kurier auf Anfrage. Damit werde der Wettbewerb verzerrt, kritisierte er.

Die Rosinen herauspicken

Der finanzielle Aufwand, den Apotheken vor Ort im Gegensatz zur ausländischen Onlinekonkurrenz betreiben müssten, sei beträchtlich. Andreas Paul zählt auf: Die Kosten für Gebäude und Betrieb, das Vorhalten von hoch qualifiziertem Fachpersonal, die Organisation von Dienst rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche – all das fließe bislang in eine Mischkalkulation ein. Wenn sich Internetapotheken aus dem Ausland künftig mit Rabatten die Rosinen herauspicken könnten, werde den Apotheken und dem deutschen Gesundheitssystem viel Geld entzogen.

Paul räumt ein: Er verdiene gut. Aber nicht mehr so gut wie früher. Das EuGH-Urteil werde den Druck auf Apotheken erhöhen und in den Städten den Konkurrenzkampf zwischen den Apotheken verschärfen. Auf dem Land könne die Entwicklung „brandgefährlich“ werden.

Abwärtstrend auf dem Land wird verschärft

Durch die Abwanderung von Ärzten auf dem Land seien Apotheken dort schon bisher unter Druck geraten, weil immer weniger Rezepte eingelöst würden. Wenn ausländische Internetapotheken künftig mit Billigangeboten locken, werde dieser Abwärtstrend noch verschärft, warnte der Apotheker. Von einem Apothekensterben will er nicht sprechen, eher von zunehmender „Selektion“. Unterm Strich werde der „Versorgungsauftrag der Apotheken gefährdet“. Leidtragend sei die ältere Landbevölkerung, die sich mit Internetbestellung oft schwer tue und die auch die Beratung durch Apotheker-Fachpersonal schätze. Und chronisch kranke Kunden, die umfassende Kundenbetreuung auch außerhalb normaler Geschäftszeiten brauchen, warnt Paul. Auch er bestelle manchmal Dinge im Internetversandhandel und betreibe auch selber eine Versandapotheke, sagt Paul. „Aber Arzneimittel sind nun einmal beratungsbedürftig.“

Andreas Paul räumt ein: „Mit der neuen Rechtslage müssen wir uns wohl abfinden“. Das EuGH habe juristisch das letzte Wort gesprochen. Wenn er sich von der Politik etwas wünsche könnte, wäre das Entbürokratisierung und das Verbot von Handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Internet. Aber wie er das sagt, klingt es nicht unbedingt so, als glaube er selber daran.

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