Enttäuschte gründen Opferhilfeverein

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Opfer von Gewalt werden meistens Frauen und Kinder. Der Weiße Ring kümmert sich um schnelle Hilfe für die Opfer von Straftaten. Foto: Andreas Harbach/Archiv Foto: red

Alfons Hrubesch will nicht mehr. Jedenfalls will er sich nicht mehr für den Weißen Ring einsetzen. Der frühere Leiter der Außenstellen Kulmbach, Kronach und Lichtenfels gründete jetzt mit Peter Bürgin die Opferhilfe Oberfranken. Ihr Ziel: Verbrechen vorbeugen.

 
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"Meine Arbeit liegt in der Zukunft", sagt Alfons Hrubesch, als der Kurier sich nach den Gründen erkundigt, warum er die ehrenamtliche Arbeit für den Weißen Ring beendet hat. "Ich habe nicht einfach so hingeschmissen, sondern es gab Gründe dafür." 15 von ehemals 18 ehrenamtlichen Helfern hatten in Kulmbach, Kronach und Lichtenfels zum Jahresende aufgehört. Für diese drei Landkreise war Hrubesch zuständig.

Opferhilfe Oberfranken legt Wert auf Prävention

Im Januar gründete er nun mit seinem früheren Mitstreiter Peter Bürgin zusammen die Opferhilfe Oberfranken. Seit Dienstag ist sie rechtlich als eingetragener Verein anerkannt. Bürgin sagt im Gespräch mit dieser Zeitung, er unterstütze die Idee des Weißen Rings prinzipiell weiter. "Ich will öffentlich keine schmutzige Wäsche waschen." Was ihn und Hrubesch zuletzt massiv gestört habe, sei die fehlende Aufmerksamkeit für Präventionsarbeit gewesen. Denn für die von Hrubesch für die Arbeit mit Schulen produzierten Filme über sexuellen Missbrauch und Cybermobbing habe es keine Unterstützung von der Bundesgeschäftsstelle in Mainz gegeben. Sie hätten ungefähr 70 Medienscouts an den Schulen der drei Kreise ausgebildet. Als sie die Fortbildung in Coburg anboten, so Bürgin, habe Mainz das als "Kompetzenüberschreitung" kritisiert.

Spende hätte Kosten gedeckt

Dabei seien die Kosten mittels der Spende eines Coburger Serviceclubs beglichen worden. "Man hat uns ausgebremst und dann durften wir das Geld, das wir selbst eingetrieben hatten, nicht einmal mehr ausgeben." Dabei zahle der Weiße Ring jährlich vier Millionen Euro an seine hauptamtlichen Mitarbeiter. Auch vom Landesverband Bayern-Nord hätten sie keine Rückendeckung erhalten. Deshalb legten sie die ehrenamtlich Arbeit im Dezember nieder. "Wir nehmen die Opferhilfe sehr ernst und wollen uns jetzt nicht in der Ecke verkriechen", sagt Bürgin. Daher hätten er und Hrubesch mit ehemaligen Helfern den neuen Verein Opferhilfe Oberfranken gegründet. "Der Fokus liegt auf der Vorbeugung von Verbrechen, damit die Menschen erst gar nicht zum Opfer werden."

Bundesgeschäftsstelle: "Unüberbrückbare Differenzen"

Das Landesbüro-Nord des Weißen Rings befindet sich in der Carl-Schüller-Straße 11 in Bayreuth. Eine Mitarbeiterin verweist auf eine Presseerklärung der Bundesgeschäftsstelle zu der Angelegenheit. Referent Tobias Langenbach stellt darin klar, dass es sich entgegen anders lautenden Medienberichten nicht um eine "Abspaltung" der ehemaligen Ehrenamtlichen vom Weißen Ring handele. Vielmehr sei Hrubesch bereits im August "aufgrund unüberbrückbarer Differenzen" von seinen Aufgaben als Außenstellenleiter entbunden worden. Die nötig gewordene Neubesetzung der Außenstellen in Kronach, Lichtenfels und Kulmbach sei mit Inge Schaller, Irene Dicker und Helmut Will erfolgt.

Für die praktische Opferhilfe gebe es verbindliche Standards, an die sich rund 3200 ehrenamtliche Mitarbeiter halten. Die Bundesgeschäftsstelle weist den Vorwurf zurück, sie gebe zu viel Geld für festangestelltes Personal aus. "Die Kosten unserer hauptamtlichen Verwaltungstätigkeit liegen, setzt man sie ins Verhältnis zum finanziellen Gesamtaufwand des Vereins, bei nur rund neun Prozent." Das sei ein "sehr guter Wert" für die 100 Hauptamtlichen.

Weißer Ring sucht neue Helfer in Kulmbach

Helmut Will aus dem Kreis Haßberge vertritt seit Jahresbeginn den Weißen Ring im Kreis Kulmbach. "Ich muss sagen, ich bin schon persönlich enttäuscht, wie das gelaufen ist", sagt Will. Er habe in der Vergangenheit vertrauensvoll mit seinen Vorgängern zusammengearbeitet. Der kommissarische Leiter der Außenstelle versichert: "Die Arbeit in Kulmbach ist gesichert, aber ich suche noch nach Leuten, die uns unterstützen." Wer sozial engagiert sei, Zeit mitbringe und bereit sei, an Schulungen über Opferberatung teilzunehmen, könne sich bei ihm melden. Will war früher Polizist und ist seit 18 Jahren beim Weißen Ring. Ein Großteil der Gespräche dreht sich um sexuelle Gewalt, häusliche Gewalt und Körperverletzung, wie er schildert. "Die Opfer, die Hilfe suchen, sind überwiegend Frauen", sagt Will. "Ich habe in all den Jahren noch nie ein Gespräch mit einem Mann geführt."

Landestagung im April

Auch an benachbarte Außenstellen des Weißen Rings in Bayreuth oder Coburg können sich Kulmbacher wenden. Heinz Petri, beim Weißen Ring zuständig für Stadt und Landkreis Bayreuth, weiß von den Problemen in Kulmbach: "Es gab Unstimmigkeiten mit dem ehemaligen Leiter, die aber nicht in die Öffentlichkeit gehören." Bei der Landestagung im April soll die Besetzung der Außenstelle Kulmbach Thema sein. Seines Wissens nach ist man bemüht eine neue Leitung zu finden, sagt Petri.

Info: Kommissarischer Leiter Helmut Will, Tel. 09531/943516, Mobil: 0170-4470339, Mail: helmwi@t-online.de; Opferhilfe Oberfranken, Tel. 0171/3032827.

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